Vorbemerkung
„Der Islam gehört zu Deutschland“ – kaum ein Satz eines deutschen
Politikers löste ähnliche Irritationen aus wie das Diktum des damaligen
Bundespräsidenten Christian Wulff aus dem Jahre 2010. Wie vertrug sich
der Satz mit der parallel immer wieder getroffenen Feststellung, dass es
„den“ Islam gar nicht gebe, sondern viele Islame existierten? Unsere
jüdisch-christliche Geschichte des Abendlandes steht außer Zweifel. Aber
seit wann gehörte der Islam zu Deutschland? Gab es einen
Beitrittstermin?
In die Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird das Wort zur
Tat, sie verzichtete zwar ebenfalls auf eine Erhellung der Wulff'schen
These, ließ aber stattdessen die mit Abstand größte muslimische
Masseneinwanderung binnen kurzer Zeit in der gesamten Geschichte des
Kontinents zu. Da es sich bei den Einwanderern überwiegend um junge
muslimische Männer handelt, der Strom der sogenannten Flüchtlinge nicht
abreißt, außerdem die Rede von Familiennachzug ist und Muslime ohnehin
ein viel produktiveres Fortpflanzungsverhalten als Europäer zeigen,
steht seitdem die Frage im Raum: Gehört vielleicht umgekehrt Deutschland
eines Tages zum Islam? Wäre das eine erstrebenswerte Zukunft? Gälte in
diesem Falle nicht erst recht Frau Merkels trotzige Bemerkung: „Dann ist
das nicht mehr mein Land?“ Sind die Veränderungen vereinbar mit unserer
Kultur, unserer Geschichte?
Um diese Frage zu beantworten, muss man sich mit dem Islam
beziehungsweise den Islamen beschäftigen. Dazu soll diese Broschüre
erste Handreichungen liefern.
Was bedeutet „Islam“?
Der Islam ist eine missionarische monotheistische Weltreligion, die im
frühen 7. Jahrhundert n. Chr. in Arabien durch den Propheten Mohammed
gestiftet wurde. Das arabische Substantiv „Islam“ leitet sich von dem
Verb „aslama“ („sich ergeben, sich hingeben“) ab und bedeutet sowohl
Unterwerfung (unter Gott) als auch völlige Hingabe. Es gibt im Islam
mehrere verschiedene, einander sogar bekämpfende Strömungen, so dass es
durchaus möglich wäre, von Islamen zu sprechen. Andererseits zählen
alle Gläubigen zur Weltgemeinschaft der Muslime, der „Umma“. Deshalb
halten wir hier an dem Begriff „der“ Islam fest, so wie man auch zur
Zeit der europäischen Konfessionskriege immer von der Christenheit
sprach. Am Eingang des 21. Jahrhunderts ist der Islam die am meisten
expandierende Weltreligion. Er greift auf sämtliche Kontinente aus und
verbreitet sich auch stark in Europa. In fast allen seinen Varianten ist
der Islam eine Missionsreligion mit politischem Anspruch. Er existiert
als ein System religiöser Pflichten und Gebote, das tief in den Alltag
der Gläubigen eingreift. Nahezu automatisch verschmilzt der Islam
entweder mit dem Staat wie in den orientalischen Theokratien, oder er
gerät mit ihm in Konflikt, wenn es sich um einen säkularen Staat
handelt. Weltweit existiert kein islamischer Staat, der zugleich
demokratisch ist und seinen Bürgern Rechtssicherheit, Meinungs- und
Religionsfreiheit sowie den Geschlechtern gleiche Rechte zugesteht. Je
zahlenmäßig stärker die muslimischen Gemeinschaften in den Ländern des
Westens werden, desto nachdrücklicher reklamieren sie Sonderrechte für
sich. Diese Forderungen werden zwar religiös begründet, tatsächlich aber
handelt es sich um den Versuch politischer Einflussnahme.
Wer ist ein Muslim?
Nach islamischer Vorstellung kommt jeder Mensch als Muslim auf die
Welt. Allerdings kennen viele Menschen ihre Bestimmung nicht und nehmen
später einen anderen Glauben an. Da sie aber das islamische
Glaubensbekenntnis noch nicht gesprochen haben, sind sie keine
Apostaten.
Ein Muslim ist, wer das islamische Glaubensbekenntnis im vollen
Bewusstsein und in Gegenwart zweier volljähriger muslimischer Zeugen
gesprochen hat. Es lautet: „Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt außer
Allah, und Mohammed ist sein Gesandter.“ Einem Muslim sind fünf
religiöse Pflichten vorgeschrieben, durch deren Befolgung er seinen
Gehorsam gegenüber Allah demonstriert.
Wie viele Muslime gibt es?
Die Zahl der Muslime weltweit wird auf 1,57 Milliarden geschätzt.Damit
sind sie nach den Christen (2,26 Milliarden) und vor den Hindus (900
Millionen) die zweitgrößte Religionsgemeinschaft. Die meisten Muslime
leben in Indonesien (etwa 200 Millionen) Pakistan (175 Millionen) und
Indien (172 Millionen). Erst danach folgen Länder wie Ägypten, der Iran
oder die Türkei.
In Europa leben derzeit etwa 45 Millionen Muslime. 1990 waren es knapp
30 Millionen. In Deutschland gab es vor der Masseneinwanderung des
Jahres 2015 bis zu 4,3 Millionen Muslime, derzeit bewegt sich ihre Zahl
folglich auf 6 Millionen oder – sofern der angekündigte Familiennachzug
tatsächlich stattfindet – deutlich mehr zu. In Frankreich leben
geschätzte 6 bis 9 Millionen, in Großbritannien 5 Millionen, in den
Niederlanden etwa eine Million. Muslimische Mehrheiten gibt es im
Kosovo, in Albanien und in Bosnien-Herzegovina.
Nach der bislang umfangreichsten globalen Demografie-Studie des
renommierten Pew-Instituts in Washington wird es 2070 erstmals in der
Geschichte mehr Muslime als Christen geben.
Wer war Mohammed?
Mohammed („der Gepriesene“, eigentlich Muhammad, es gibt im Arabischen
kein O) wurde um 570 in Mekka geboren. Er arbeitete als Schafhirte und
Kameltreiber. Schließlich wurde er Gehilfe bei der reichen
Kaufmannswitwe Chadidscha, einer 15 Jahre älteren Frau, die er
schließlich heiratete.
Mohammed hatte im Laufe seines Lebens rund zehn Frauen. Seine jüngste
Ehefrau war Aischa, mit der er zwischen ihrem sechsten und neunten
Lebensjahr verlobt und verheiratet wurde. Ab seinem 40. Lebensjahr
widerfuhren Mohammed religiöse Offenbarungen. Als er sie öffentlich zu
verkünden begann, stieß er in seiner Heimatstadt auf Widerstand.
Mohammed proklamierte Allah als den wahren und einzigen Gott, während in
Mekka Polytheismus herrschte. Die Einwohner fürchteten um ihren
Wohlstand, der nicht zuletzt auf der Wallfahrt zu den heidnischen
Götterbildern beruhte. Mohammeds Visionen begegneten sie mit Widerstand.
Im Jahr 622 wanderte Mohammed deshalb mit seinen Anhängern nach Yathrib
aus, dem späteren Medina. Mit seinem Auszug aus Mekka („Hidschra“)
beginnt die islamische Zeitrechnung. In Yathrib wurde Mohammed gastlich
aufgenommen. Auch die dort lebenden Christen waren ihm zunächst
freundlich gesonnen.
Hier gründete er seine Gemeinde („Umma“), organisierte Feldzüge gegen
arabische Stämme, erklärte den heidnischen Götzendienern den heiligen
Krieg („Dschihad“) und überfiel mekkanische Karawanen. Schon bald nach
der Ankunft von Mohammed konvertierten fast alle arabischen Einwohner
zur neuen Lehre. Die drei jüdischen Stämme, die in Yathrib lebten,
verweigerten die Konversion. Mohammed begann, die Stadt von Opponenten
zu „säubern“. Alle Männer wurden enthauptet, die Frauen und Kinder
verfielen der Sklaverei.
„Khaibar“ wurde zum Kampfschrei späterer Gotteskrieger, und noch heute
tragen die Raketen, die von der Hisbollah-Miliz auf Israel abgefeuert
werden, den Namen „Khaibar“.
Im Jahr 632 verstarb Mohammed 62-jährig ohne einen männlichen Erben.
Was ist der Koran?
Der Koran ist das heilige Buch der Muslime. Der Koran in 114 Abschnitte
unterteilt. Sie werden Suren genannt. Die Suren sind weder
chronologisch noch thematisch geordnet, sondern nach ihrer Länge. Auf
die kurze Eröffnungssure „al-Fatiha“ folgt die längste Sure „Die Kuh“
(„Al-Baqarah“). Die kürzeste Sure beschließt den Koran. Jede Sure ist in
Verse gegliedert. Für fromme Muslime ist der Text unverhandelbar,
unkritisierbar und unübersteigbar. Auch die Idee, dass der Koran seine
Entstehung einer bestimmten historischen Situation verdankt, also ein
historisches Werk darstellt, ist Strenggläubigen fremd.
Nach islamischer Lehre wurde der Koran in arabischer Sprache
geoffenbart (20. Sure, Vers 112) und ist „unübersetzbar“. Arabisch ist
damit die Sprache Allahs. Deshalb wird keine Übersetzung gegenüber dem
Original als ausreichend zuverlässig anerkannt. Jeder nichtarabische
Muslim ist angehalten, die Grundbegriffe zu erlernen, um zumindest die
fünf täglichen Pflichtgebete auf Arabisch sprechen zu können. Nach
Mohammeds Tod schrieben sein Schwiegervater sowie seine Nachfolger die
Erzählungen und Visionen des Propheten nieder. Auf diese Weise waren
zunächst verschiedene, voneinander abweichende Varianten des Koran
entstanden. Erst der dritte Kalif Uthman (644–656) ließ eine
einheitliche Fassung herstellen und die Vorgängervarianten vernichten.
Der so zustande gekommene, dem heutigen Gläubigen vorliegende Koran
entspricht angeblich genau dem im Himmel liegenden göttlichen Original.
Im Koran tauchen zahlreiche Personen auf, die man aus der Bibel kennt:
etwa Adam, Eva, Abraham, Isaak, Ismael, Jakob, Joseph, Mose, Aaron,
David,Salomo, Hiob, Johannes der Täufer, Maria und Jesus. Allerdings
unterscheiden sich ihre Erlebnisse und Taten oft vom biblischen Vorbild.
Muslime sagen, dass der Koran das wahre Wort Gottes sei und die Bibel
nur eine Verzerrung. Zwar gilt Jesus als bedeutender Prophet, doch
keineswegs als göttlich. Vielmehr betont der Koran (also Allah) an
mehreren Stellen: „Wir haben keinen Sohn gezeugt.“
Was sind die Grundlagen des Islam?
Muslime verehren Allah als einzigen, unsichtbaren, allmächtigen Gott.
Sein Wort ist niedergeschrieben im Koran. Jeder Buchstabe des Textes ist
unantastbar. Was der Koran nicht vorgibt, regelt die Sunna (ungefähr
„Brauch“, „Verhaltensweise“, „Norm“). Da der Koran zu vielen Glaubens-
und Lebensfragen nichts oder nicht Ausreichendes sagt, erhält er eine
verbindliche Auslegung, Kommentierung und Konkretisierung durch die
sogenannten „Hadithe“. Die Einzelerzählungen der Hadithe bilden in ihrer
Gesamtheit die „Sunna“, die Vorschriften für eine „rechte
Handlungsweise“. Koran und Sunna zusammen sind das Gesetz des Islam (die
Scharia) sowohl für die religiöse und auch die profane Lebensweise
eines Muslims.
Von „Sunna“ leitet sich das Wort Sunniten ab. Die Sunna ist dargelegt
in den Hadithen. Der Begriff Hadith („Erzählung“, „Bericht“) bezeichnet
die Überlieferungen der Aussprüche und Handlungen des Propheten Mohammed
sowie der Aussprüche und Handlungen seiner Mitstreiter, die vom ihm
gutgeheißen wurden. Die Handlungen des Propheten besitzen im Islam
normativen Charakter.
Es existieren einige zehntausend Hadithe. Um Geltung zu besitzen,
müssen sie sich in einer Überlieferungskette auf Mohammed und seine Zeit
zurückführen lassen. Etliche Hadithe sind noch nach dem 9. Jahrhundert
aufgeschrieben und wohl auch Mohammed nur in den Mund gelegt worden. In
der islamischen Welt werden bis heute fast alle religiösen und viele
rechtlichen Fragen mit dem Hinweis auf bestimmte Hadithe beantwortet.
Hadithe können sogar Koranaussagen verändern. Der Koran schreibt
beispielsweise für Ehebruch 100 Peitschenhiebe vor, einige Hadithe
dagegen die Todesstrafe der Steinigung.
Woher kam Mohammeds Lehre?
Mohammed interessierte sich schon früh für religiöse Fragen und fühlte
sich von der altarabischen Vielgötterei abgestoßen. Dagegen müssen ihn
die monotheistischen Glaubensvorstellungen der Juden und Christen
beeindruckt haben. Von daher erklärt es sich, dass später eine Fülle von
biblischen Personen und Geschichten im Koran auftauchen.
Auffällig sind die Parallelen zwischen Mohammeds (also Gottes) Geboten
und dem religiös-kultischen Umfeld, denen sie entstammen. Der strikte
Monotheismus erinnert an den jüdischen Eingott JHWH. Das Verbot, sich
ein Bild/ein Idol von Gott zu machen, existiert ebenfalls bereits im
Judentum. Der Erzengel Gabriel, der Mohammed den Koran souffliert, ist
eine Figur aus dem Alten Testament. Neben den „fünf Säulen“ gibt es für
den muslimischen Gläubigen umfassende Regeln, wie er zu leben hat.
Speise- und Kleidungsvorschriften, Alkohol- und Glücksspielverbot, das
Verhältnis der Geschlechter, Strafen von Blasphemie bis Diebstahl,
Begräbnis, alles ist bereits in den heiligen Texten festgelegt; auch
darin ist der Islam dem orthodoxen Judentum vergleichbar. Die Hadithe
entsprechen in dieser Lesart ungefähr dem Talmud.
Die Himmelfahrt Mohammeds von Jerusalem aus besitzt ebenfalls ein
weltbekanntes Vorbild. Desgleichen können die eschatologischen
Vorstellungen des Islam – das jüngste Gericht Gottes, der die Sünder
schrecklichen Höllenstrafen überantwortet und seine Getreuen ins
Paradies führt – keinen Anspruch auf Originalität erheben. Der
traditionell islamische Glaube an den Mahdi, einen Nachkommen Mohammeds,
der in der Endzeit erscheinen und das Unrecht auf der Welt beseitigen
wird, hat sein Vorbild im jüdisch-christlichen Messianismus. Und bereits
der um 1800 vor Christus lebende persische Religionsstifter Zoroaster
(oder Zarathustra) verlangte, dass seine Anhänger sich fünfmal täglich
in eine bestimmte Richtung zum Gebet niederwerfen sollten.
Was bedeutet Abrogation?
Die islamische Lehre der Abrogation („Aufhebung“) stützt sich auf die
Suren 2,106 und 16,101. Dort heißt es: „Was wir (Allah) auch an Zeichen
(Koranversen) aufheben oder der Vergessenheit preisgeben, wir bringen
dafür ein Besseres oder ein Gleiches. Weißt du nicht, dass Allah Macht
hat zu allen Dingen?“ Eine veränderte Tonlage zwischen mekkanischen und
medinischen Suren ist bezeichnend. In Mekka befand sich Mohammed in
einer Minderheitenposition und musste für den neuen Glauben werben, in
Medina hatte er die Macht errungen.
In den (mekkanischen) Suren 18,29 und 109,6 demonstriert Mohammed (bzw.
Allah) religiöse Toleranz: „Wer nun will, möge glauben, und wer will,
möge ungläubig sein.“ Und: „Ihr habt eure Religion, und ich habe meine
Religion.“ Solche freundlichen Suren aus Mekka werden von Muslimen bei
interreligiösen Dialogen gern zitiert, obwohl diese durch die
nachfolgenden Suren aus Medina zumindest relativiert, wenn nicht
aufgehoben sind. Es lassen sich Dutzende Stellen aus dem Koran anführen,
die zur Rechtfertigung des Djihad und zur Bekämpfung der Ungläubigen
herangezogen werden können. In der Sure 9,29 heißt es: „Kämpft gegen
diejenigen, die nicht an Allah und an den Jüngsten Tag glauben und nicht
verbieten, was Allah und sein Gesandter verboten haben, und die nicht
dem wahren Glauben folgen – von denen, die die Schrift erhalten haben
(Juden, Christen), bis sie von dem, was sie besitzen, den Tribut in
voller Unterwerfung entrichten.“ Das heißt, dass die anderen
Buchreligionen, also Christen und Juden, zwar nicht direkt zu bekriegen
seien, für sie allerdings der Status sogenannter „Schutzbefohlener“
(„Dhimmis“) gilt. Dhimmis haben mindere Rechte und sind verpflichtet,
eine regelmäßige Kopfsteuer („Dschizya“) zu zahlen. Für echte Ungläubige
gilt Sure 9,5: „Wenn die heiligen Monate (Ramadan) abgelaufen sind,
dann tötet die Polytheisten, wo immer ihr sie findet...“ – es sei denn,
sie werden Muslime.
Welche Vorschriften und Rituale gelten für Muslime?
Der Islam wirbt damit, dass es leicht sei, Muslim zu werden und als solcher
zu leben. Die sechs Glaubensartikel für einen frommen Muslim sind der
Glaube an: den einzigen Gott (Allah); seine Engel; seine Offenbarung der
heiligen Bücher (Thora, Evangelium, Koran); seine Gesandten (Propheten)
mit dem letzten Propheten Mohammed; den Tag des Jüngsten Gerichts und
das Leben nach dem Tod; die Vorherbestimmung. Dazu kommen „fünf Säulen
(Grundpflichten) des Islam“:
1. Der Gläubige muss in arabischer Sprache das Glaubensbekenntnis, die
„Schahada“, vor mindestens zwei muslimischen Zeugen sprechen.
2. Der Gläubige muss fünfmal täglich die Pflichtgebete („Salat“) in
bestimmten Körperhaltungen gen Mekka gewandt und auf Arabisch
vollziehen. Jedem Gebet geht eine rituelle Waschung voraus, um in
Reinheit vor Allah zu treten.
3. Der Gläubige muss einen bestimmten Prozentsatz seines Einkommens
beziehungsweise seines Besitzes als eine Art Armensteuer („Zakat“) an
Bedürftige und andere festgelegte Personengruppen entrichten. Die Mittel
aus der obligatorischen Zakat dürfen nur zugunsten von Muslimen
verwendet werden, während ein freiwilliges Almosen auch an Nichtmuslime
gegeben werden kann
4. Der Gläubige muss im Mondmonat Ramadan, der jedes Jahr in einen
anderen Monat unseres Sonnenkalenders fällt, zwischen Sonnenaufgang und
Sonnenuntergang fasten, das heißt komplett auf Speisen und Getränke
verzichten. Im Ramadan darf nur in der Dunkelheit gegessen und getrunken
werden.
5. Mindestens einmal im Leben muss der Gläubige am 10. Ramadan eine
Pilgerfahrt nach Mekka zum Opferfest unternehmen und dort das
Schlachtopfer sowie die vorgeschriebenen Riten vollziehen. Dazu gehört
die symbolische Steinigung des Teufels und das siebenmalige Umschreiten
des würfelförmigen Baus der Kaaba. Den in der Kaaba eingemauerten
schwarzen Meteoriten-Stein, den schon die altarabischen Götzendiener
verehrt haben, hat angeblich Abraham aufgerichtet, als er seinen Sohn
Ismael (nicht Isaak, wie es die Bibel bezeugt) opfern sollte.
Ein fester Brauch ist die männliche Beschneidung. Obwohl nicht im Koran
vorgeschrieben, legen muslimische Eltern großen Wert darauf, dass ihre
Jungen beschnitten werden.
Was sind Sunniten und Schiiten?
Die Spaltung der islamischen Welt in Sunniten und Schiiten geht auf
einen politischen Konflikt aus der Frühzeit des Islam zurück. Unter den
Anhängern Mohammeds brach nach dessen Tod ein Streit aus, wer die
Nachfolge des Propheten antreten solle. Zwei Auffassungen standen
einander gegenüber: Der Nachfolger („Kalif“) müsse aus der Familie
Mohammeds stammen, sagten die einen, nur der Beste unter den Gläubigen
sei der richtige Führer, erklärten die anderen.
Da Mohammed keinen Sohn hatte, wäre sein Vetter und Schwiegersohn Ali
(600-661) als würdigster Nachfolger in Frage gekommen. Das meinten
zumindest die Schiiten, deren Name sich von „schi’at Ali“ („Partei
Alis“) ableitet. Die Sunniten dagegen sagten, Mohammeds Schwiegervater
Abu Bakr (573-634) habe den größeren Anspruch darauf. Über dieser Frage
entzweiten sich die Muslime. Zunächst trat Abu Bakr die Nachfolge an. Er
galt später als der erste der sogenannten „vier rechtgeleiteten
Kalifen“. Ihm folgten Umar (592-644), Uthman (574-656) und schließlich
Ali. Alle drei starben eines gewaltsamen Todes. Während Umar von einem
Sklaven ermordet wurde, starb Uthman durch die Hand von Rebellen in
seiner Residenz. Der Mord an ihm entschied erstmals die Führungsfrage
innerhalb des Kalifats mit Gewalt.
Unter der Herrschaft des vierten Kalifen eskalierten die Streitigkeiten
zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Partei Alis und
jener von dessen Gegner Mu’awiya. Sie endeten zunächst mit der
Bestimmung Mu’awiyas zum Kalifen und der Ermordung Alis.
Die Anhänger Alis, die Schia, erkannten Mu’awiya nicht an. Sie lösten
sich von der Umma und bilden seither die schiitische Glaubensrichtung.
In Ali sehen die Schiiten bis heute ihren ersten Imam. Demgegenüber
betonen die Sunniten den Konsens der Urgemeinde in der Tradition des
Propheten und der vier rechtgeleiteten Kalifen.
Die Schiiten verehren ihren dritten Imam, Hussein, als Märtyrer, in
Kerbala befindet sich der Imam-Hussein-Schrein, die bedeutendste
schiitische Wallfahrtsstätte. Die Trauerfeierlichkeiten im Monat
Muharram, bei denen des Märtyrers Hussain gedacht wird, sind das
wichtigste schiitische Fest. Für Sunniten bewegten sich diese Feiern in
der Nähe der Ketzerei.
Innerhalb des Schiismus entstanden bald nach Hussains Ende mehrere
weitere Abspaltungen. Bei den Sunniten bildete sich das Kalifat heraus,
bei den Schiiten das Imamat. Bis heute erkennen die Schiiten die
„rechtgeleiteten Kalifen“ der Sunniten nicht an. Schiiten und Sunniten
beten üblicherweise in verschiedenen Moscheen. Nicht nur die Sunniten
berufen sich auf die Hadithe, sondern auch die Schiiten, jedoch haben
Letztere zusätzlich eigene Hadithe, die sie auf den von ihnen verehrten
Ali zurückführen.
Etwa 90 Prozent der Muslime weltweit sind Sunniten. Sunniten bilden
folglich in den meisten islamischen Ländern die Mehrheit der Muslime.
Ausnahmen sind lediglich der Iran, der Irak, Oman, der Libanon,
Aserbaidschan sowie Bahrain.
Wer sind die Autoritäten des Islam?
Es gibt im Islam keinen Vermittler zwischen Gott und dem Gläubigen. Der
Islam hat keine Kirche und kennt auch keinen Papst und keine Bischöfe.
Religiöse Autorität können nur einzelne Gelehrte und Führer erwerben.
Will ein Muslim nach der gottgewollten Handlungsweise der Sunna leben
und so die Aussicht auf das Paradies erlangen, dann muss er sich von
einem islamischen Religionsgelehrten eingehend unterrichten und beraten
lassen. Islamische Religionsgelehrte nennt man auf Arabisch „Ulama“, auf
Türkisch „Ulema“ („die Wissenden“). Weitere Titel lauten „Mullah“
(„Meister“), „Mufti“ („Rechtsgelehrter“ der Scharia) und „Hodscha“
(„Lehrer“) sowie bei den Schiiten „Ajatollah“ („Zeichen Allahs“).
In ihrem Bestreben, das Leben der Gläubigen zu normieren und zu
diktieren, entwickeln die Ulama einen enormen Machtanspruch. Die
Unübersichtlichkeit und Unsicherheit der Hadithe macht die in den
Verfassungen islamischer Staaten immer wieder gebrauchten pauschalen
Formeln wie „die staatlichen Gesetze müssen im Einklang mit dem
Islam bzw. der Scharia stehen“ inhaltlich schwer fassbar. Die daraus
abgeleitete Autorität, beansprucht nicht nur religiöse, sondern gemäß
der Sunna auch weltliche Macht.
Was ist ein Imam?
Der Begriff „Imam“ bedeutet „Vorbild“, „Anführer“. Der Imam ist das
religiös-politische Oberhaupt der islamischen Gemeinschaft in der
Nachfolge des Propheten Mohammed. Daneben wird auch der Vorbeter beim
Gebet Imam genannt. Nach der klassisch-sunnitischen Lehre ist das Imamat
identisch mit dem Kalifat. Der Imam als Kalif ist für die Einhaltung
der religiösen Vorschriften und die Organisation der weltlichen
Angelegenheiten zuständig. Er ist geistliche und weltliche Autorität in
einem.
Um Imam werden zu können, muss eine Person folgende Eigenschaften
besitzen: persönliche Integrität, umfassendes Wissen, körperliche
Gesundheit, Urteilskraft und Mut. Außerdem sollte er genealogisch seine
Abstammung von den Quraisch herleiten können. Allein in Deutschland
leben über 2000 Imame, die meisten stammen aus der Türkei.
Was ist die Scharia?
Die Scharia ist das aus dem Koran und den Hadithen abgeleitete
religiöse Gesetz des Islam. Das Scharia-Recht stammt also aus dem frühen
Mittelalter.
Der Begriff „Scharia“ ist der Sure 45,18 entnommen und bedeutet
wörtlich „Weg zur Wasserstelle“. Im übertragenen Sinn meint Scharia:
Allah zeigt dir den Weg zum Wasser des Glaubens, die „Rechtleitung“, den
„Weg des Islam“. Da die Scharia auf dem Worten Allahs und der
vorbildhaften Lebensführung Mohammeds beruht, dürfen ihre Vorschriften
nicht verändert werden. Das Scharia-Recht ist göttlicher Natur und lässt
sich vom weltlichen Recht nicht trennen. Die Vorschriften der Scharia
regeln das gesamte Leben des gläubigen Muslims.
Die Scharia kennt zahlreiche Körperstrafen. So sind zum Beispiel für
Diebstahl das Abhacken der rechten Hand, für Ehebruch die Todesstrafe
durch öffentliche Steinigung vorgeschrieben. Blasphemie wird mit
öffentlichem Auspeitschen geahndet. Der Abfall vom Islam ist nach
Scharia-Recht ein todeswürdiges Verbrechen. In Saudi-Arabien, im Sudan,
im Iran, im Sudan und anderen schwarzafrikanischen islamischen Staaten
wird dieses Recht bis heute ohne Einschränkung praktiziert. Die
Androhung der Todesstrafe für den Abfall vom Islam macht für einen
Muslim jede Kritik oder auch nur liberale Auslegung des Koran und der
Sunna zu einem lebensgefährlichen Unterfangen.
Als unfehlbare Pflichtenlehre umfasst die Scharia das gesamte
religiöse, politische, soziale, häusliche und individuelle Leben sowohl
der Muslime als auch das Leben der im islamischen Staat geduldeten
Andersgläubigen („Dhimma“) insofern, als ihre öffentliche Lebensführung
dem Islam und den Muslimen in keiner Weise hinderlich sein darf. Die
Einheit zwischen Religion und Staat bringt in einem theokratischen
Staatswesen auch die Einheit zwischen Religion und Recht mit sich.
Rechte und Ansprüche der Menschen erscheinen grundsätzlich als Reflexe
religiöser Pflichten. Der Islam kennt nicht den unser heutiges Recht
beherrschenden Grundsatz der Vertragsfreiheit; Verträge gelten nur, wenn
sie nicht dem Schariarecht widersprechen.
Setzen sich die Regeln der Scharia in einem Lande durch, haben
Arbeitgeber zu akzeptieren, dass ihre Angestellten während der
Arbeitszeit beten, dass sie zum Freitagsgebet freigestellt werden
müssen, dass sie während des Ramadan-Monats nur eingeschränkt belastbar
sind, dass sie möglicherweise Frauen nicht als Vorgesetzte dulden oder
mit ungläubigen Frauen nicht in einem Raum arbeiten wollen und dass sie
bestimmte Arbeiten, etwa den Transport alkoholischer Getränke, als
„unrein“ ablehnen.
Die meisten islamischen Staaten haben bürgerliche Gesetzbücher nach
westlichem Vorbild übernommen, das Schariarecht existiert parallel dazu
und wird vor allem in ländlichen Regionen gesprochen. Allerdings gewinnt
die Scharia in letzter Zeit im Zuge der Rückbesinnung auf traditionelle
islamische Werte wieder an Zuspruch.
Wie verbindlich ist die Scharia?
Die islamische Welt kam durch die Kolonisierung durch den Westen
zwangsläufig mit den westlichen Rechtsvorstellungen in Berührung. 1990
unterzeichneten 45 Außenminister der insgesamt 57 Mitgliedsstaaten
zählenden Organisation der Islamischen Konferenz die „Kairoer Erklärung
der Menschenrechte“. Diese Erklärung wird allgemein als islamisches
Gegenstück zur UN-Menschenrechtsdeklaration von 1948 betrachtet. Das
Ziel der Erklärung ist es, „eine von konkurrierenden Strömungen und
Ideologien verwirrte Menschheit zu leiten und Lösungen für die
chronischen Probleme dieser materialistischen Zivilisation“ zu bieten.
Oberster Maßstab bleibt dabei das göttliche Gesetz der Scharia.
Beispielsweise lautet der Artikel 2 a: „Das Leben ist ein Geschenk
Gottes, und das Recht auf Leben wird jedem Menschen garantiert. Es ist
die Pflicht des einzelnen, der Gesellschaft und der Staaten, dieses
Recht vor Verletzung zu schützen, und es ist verboten, einem anderen das
Leben zu nehmen, außer wenn die Scharia es verlangt.“ Oder 2 d: „Das
Recht auf körperliche Unversehrtheit wird garantiert. Jeder Staat ist
verpflichtet, dieses Recht zu schützen, und es ist verboten, dieses
Recht zu verletzen, außer wenn ein von der Scharia vorgeschriebener
Grund vorliegt.“
Laut Artikel 7 müssen Eltern die Erziehung ihrer Kinder mit den
„ethischen Werten und Grundsätzen der Scharia“ in Übereinstimmung
bringen.Artikel 19 garantiert Gleichheit vor dem Gesetz für alle
Menschen und Rechtssicherheit, wobei sich die Rechtsprechung an den
Regeln der Scharia zu orientieren habe.
Ein Passus über Glaubens- und Meinungsfreiheit findet sich in der Erklärung dagegen nicht.
Auch in Europa greift dieses Denken um sich. Wissenschaftliche Studien
kommen regelmäßig zu dem Ergebnis, dass religiöser Fundamentalismus
unter Muslimen in Westeuropa weit verbreitet ist. Der Migrationsforscher
Ruud Koopmans vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hat
2014 eine repräsentative Befragung von Einwanderern und Einheimischen in
sechs europäischen Ländern ausgewertet. Zwei Drittel der über 9000
befragten Muslime hielten demnach religiöse Gesetze für wichtiger als
die Gesetze des Landes, in dem sie leben. Eine 2016 veröffentlichte
Studie der Universität Münster über das Weltbild in Deutschland lebender
Türken ergab ebenfalls ein hohes Maß an Zustimmung zu
religiös-fundamentalistischen Aussagen: 47 Prozent der 1200 vom
Meinungsforschungsinstitut Emnid Befragten hielten die Gebote des Islam
für wichtiger als die deutschen Gesetze, 36 Prozent waren überzeugt, nur
der Islam könne die Probleme der Zeit lösen, und ein Drittel meinte,
Muslime sollten zur Gesellschaftsordnung zu Mohammeds Zeiten
zurückkehren.
Was ist eine Fatwa?
Eine Fatwa ist ein islamisches Rechtsgutachten mit dem Charakter eines
Urteils. Eine muslimische Autorität kann eine Fatwa erteilen, die dem
Zweck dient, ein religiöses oder rechtliches Problem zu klären, das
unter den muslimischen Gläubigen aufgetreten ist. Die im Westen
bekannteste Fatwa richtete sich gegen das Buch „Die satanischen Verse“
des indischen Schriftstellers Salman Rushdie. Sie galt auch als
Todesurteil für alle, die an der Veröffentlichung beteiligt waren und
den Inhalt des Buchs kannten. Eine Fatwa kann sich auch gegen
Extremisten wenden. Im Dezember 2015 sprachen um die 70.000 indische
islamische Geistliche eine Fatwa gegen Terrororganisationen wie IS,
Taliban, al-Qaida aus und bezeichneten diese Organisationen als „nicht
islamisch“ und „eine Gefahr für die Menschheit“.
Was bedeutet „Djihad“?
Der Ausdruck „Djihad“ (Anstrengung, Kampf, Einsatz) besitzt eine
Doppelbedeutung. Für gewöhnlich wird er mit „heiliger Krieg“ übersetzt.
Parallel dazu gibt es die Lesart, Djihad bezeichne die individuellen
Glaubensanstrengung des Muslims, also dessen Ringen darum, die Gebote
des Islam zu erfüllen. Der Djihad ist eine allen Muslimen auferlegte
Pflicht. Manche sunnitische Gelehrte rechnen ihn als sechste zu den
„fünf Säulen des Islams“. Als unmittelbares Ziel des Djihad galt die
Stärkung der islamischen Religion, als mittelbares die Beseitigung des
Unglaubens auf der Welt mit dem Ziel einer islamischen Vormachtstellung
auf dem gesamten Globus. Das klassisch-islamische Rechtsverständnis
teilt die Welt in ein „Haus des Islam“ („D?r al-Isl?m“) und ein „Haus
des Krieges“ („D?r al-Harb“). Während ersteres alle Gebiete unter
islamischer Herrschaft umfasst, gehört jedes Land außerhalb des
islamischen Herrschaftsbereichs zum „Haus des Krieges“. Die Expansion
des „Dar al-Islam“ ist eine kollektive Pflicht der islamischen
Gemeinschaft. Wer sich nicht am Djihad beteiligt, begeht eine Sünde.
Es besteht indes ein auffälliger Zusammenhang zwischen muslimischer
Toleranz gegenüber Andersgläubigen und muslimischer Bevölkerungsanzahl;
steigt letztere, sinkt erstere. In den letzten Jahren sind sie die
expansiven Vorstellungen des Djihad ins Bewusstsein vieler Muslime
zurückgekehrt.
Hat der Islamismus mit dem Islam zu tun?
Die Frage gleicht jener, ob der Marxismus mit dem Stalinismus zu tun
hatte. Sicher lässt sich sagen: In den Augen der Islamisten auf jeden
Fall. Sie berufen sich auf den Koran und die Hadithe. Nach dem Attentat
von Nizza im Sommer 2016 trat der Vizepräsident der Imame Frankreichs,
Hocine Drouiche, mit den Worten zurück: „Ich gebe meinen Rücktritt und
meine Ablehnung dieser inkompetenten Institutionen bekannt, die nichts
für den sozialen Frieden tun und ständig wiederholen, daß es keinen
Extremismus gibt. Wir müssen die Wahrheit sagen: Islam und Islamismus
sind nicht mehr zu unterscheiden.“
Kreuzzüge und Djihad: Wer war der größere Aggressor?
Die Kreuzzüge gelten bis heute als ein besonders verwerflicher Angriff
des Abendlandes auf die islamische Welt, und zwar im Bewusstsein beider
Hemisphären. Im Jahr 1095 rief Papst Urban die Christenheit auf,
„unseren Brüdern im Orient“ zu Hilfe zu eilen. Was war geschehen? Die
islamischen Seldschuken hatten Kleinasien erobert und in verschiedenen
Städten Massaker unter der christlichen Bevölkerung angerichtet. Am
schrecklichsten führten sie sich 1064 in der Hauptstadt Ani auf.
Almansor (oder al-Mansur), der Wesir des Kalifats von Córdoba, hatte
Ende des 10./Anfang des 11. Jahrhunderts eine Spur der Vernichtung durch
Nordspanien gezogen, seine Krieger eroberten und verwüsteten mehrere
christliche Städte: Zamora, Coimbra, Santiago de Compostela, Barcelona.
Pilgerreisen nach Jerusalem wurden immer gefährlicher, ein reich
beladener Zug deutscher und niederländischer Pilger unter Führung des
Bischofs von Bamberg wurde 1064 vor den Toren der Heiligen Stadt von
Arabern überfallen; 5000 Pilger kamen ums Leben.
Der Papst rief mit der Begründung zum Kreuzzug: „Die Türken und die
Araber haben sie (die Christen) angegriffen.“ Und so verhielt es sich.
Bekanntlich haben die Kreuzritter in Jerusalem nach der Eroberung der
Stadt 1099 ein furchtbares Gemetzel unter der Zivilbevölkerung
angerichtet. Das wird „dem Westen“ auch ständig vorgeworfen, und zwar
sowohl von Muslimen als auch von westlichen Intellektuellen. Die mit dem
Siegeszug der Mohammed-Krieger einsetzende Massenversklavung der
eroberten Völkerschaften ist dagegen selten ein Thema. Der Historiker
Egon Flaig beschreibt in seinem Standardwerk „Weltgeschichte der
Sklaverei“ die islamische Welt „schon des 8. Jahrhunderts“ als „die
größte Sklavereigesellschaft der Weltgeschichte“.
Es gab sieben Kreuzzüge in der historisch begrenzten Zeit von 1095 bis
ca. 1396. Die Expansion des Islam kennt weit mehr Züge muslimischer
Heere nach Europa, und sie erstreckt sich über einen deutlich größeren
Zeitraum. Nachdem die Araber das gesamte Nordafrika, Vorderasien und
Persien erobert hatten und bis nach Zentralasien vorgedrungen waren,
rollte im 8. Jahrhundert ihre Angriffswelle über Europa. 717/18
belagerten sie Konstantinopel, 719 hatten sie ganz Spanien in ihrer
Gewalt. Ein Vorstoß ins Frankenreich wurde 732 durch Karl Martell bei
Tours und Poitiers gestoppt. Im 15. Jahrhundert vertrieb die christliche
Roconquista die Araber von der iberischen Halbinsel.
Die zweite islamische Angriffswelle war die osmanische. Im 15. und 16.
Jahrhundert eroberten die Türken Griechenland und den gesamten Balkan.
Mit der Eroberung Konstantinopels anno 1453 setzten sie dem oströmischen
Reich ein Ende. Sie besetzten Ungarn und stießen bis an die Tore Wiens
und in den Süden Russlands vor.
Das kriegerische Bewusstsein ist im Islam bis heute lebendig geblieben.
Auf westlicher Seite hat dagegen die Säkularisierung gesiegt.
Die dritte Expansion erfolgt derzeit überwiegend friedlich durch Einwanderung.
Al-Andalus: Ein Beispiel für muslimische Toleranz?
Der Mythos vom guten Verhältnis der verschiedenen Religionen unter
islamischer Herrschaft in Spanien wird nicht nur von radikalen Muslimen
verbreitet, er findet auch Anhänger unter westlichen Historikern und
Journalisten. Tatsächlich hing die viel gepriesene „convivencia“, das
Zusammenleben der Religionen, stets an einem seidenen Faden, nämlich an
der Person des Kalifen. Die meiste Zeit mussten Christen und Juden in
einem System leben, das dem der Apartheid glich.
Ein Herrscher wie al-Hakam II. (915-976), der homosexuell und selbst
ein Gelehrter war, förderte die Wissenschaften, ließ Gelehrte und Bücher
in großer Zahl nach Spanien holen und hielt nach innen religiösen
Frieden. Nach dem Zerfall des Kalifats 1031 in nahezu dreißig
Teilkönigreiche konnte sich dort, je nach Liberalität der jeweiligen
lokalen Herrscher, eine nicht von oben gegängelte Kultur entfalten. Doch
der bereits erwähnte Almansor, von 978 bis 1002 Alleinherrscher im
Kalifat von Córdoba, beendete die Zeit der relativen Toleranz. Almansor
zerstörte Barcelona, León und Santiago de Compostela, von wo er die
Glocken des Jakobsheiligtums nach Córdoba verschleppte, um die Christen
zu demütigen. Er ließ die meisten wissenschaftlichen und philosophischen
Werke der großen Bibliothek von Córdoba und viele wissenschaftliche
Instrumente zerstören, um die Unterstützung der religiösen Eiferer zu
gewinnen
In Granada wurde um 1060 der jüdische Wesir Samuel ibn Naghrela und
sein Sohn umgebracht. Ihre Ermordung provozierte den Aufstand der
jüdischen Gemeinde. Daraufhin wurden mindestens 3000 Juden getötet. Im
zwölften Jahrhundert flohen unter dem Verfolgungsdruck durch die
berberischen Almoraviden zahlreiche Juden in die christlichen
Königreiche.
Erst Abu Yacub Yusuf (er regierte von 1163-1184) setzte wieder für
wenige Jahrzehnte eine wissenschaftsfreundliche und liberale Atmosphäre
durch, in der große Denker etwa Ibn Tufayl, Averroes oder auch Moses
Maimonides ihre Studien treiben und publizieren konnten. Doch schon
unter seinem Nachfolger musste Averroes ins Exil nach Nordafrika
fliehen, wohin schließlich auch Moses Maimonides floh, um dem Tod zu
entgehen.
Erleben wir eine Re-Islamisierung der muslimischen Welt?
Die Türkei avancierte 1923 unter Kemal Atatürk zum ersten laizistischen
Staat in der muslimischen Welt. Als sich die osmanischen Kalifen des
19. und 20. Jahrhunderts mehr dem weltlichen Regieren widmeten und dabei
an westlichen Reformüberlegungen orientierten, waren immer wieder
Machtkämpfe mit dem religiösen Milieu die Folge. Aufgrund solcher
Erfahrungen unterwarf Atatürk die Ulema einer staatlichen
Religionsbehörde. Er ließ die Koranschulen schließen, verbot Schleier,
Kopftücher, Fes und erklärte Turbane sowie Bärte für unerwünscht. Er
beendete die Polygamie und verschaffte den Frauen das Recht, zu wählen
und politische Ämter zu bekleiden. Heute haben sich die Verhältnisse
umgekehrt. Der Roll-back begann in Pakistan mit der Hinrichtung des
laizistischen Premierministers Zulfikar Ali Bhutto durch islamistische
Putschisten anno 1979. In Afghanistan spülte der Einmarsch der
Sowjetunion die Radikalen an die Macht. Den Iran verwandelte Ajatollah
Chomeini im selben Jahr in eine Islamische Republik.
In Algerien bildete sich die Islamische Heilsfront, in Palästina löste
die Hamas die PLO ab. Der „Arabische Frühling“ provozierte überall eine
Re-Islamisierung.
Auch die Türkei hat unter Recep Tayyip Erdoganwieder einen islamischen
Weg eingeschlagen. Erdogan hatte 1998 in einer Rede zustimmend aus einem
religiösen Gedicht zitiert: „Die Demokratie ist nur der Zug, auf den
wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen,
die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die
Gläubigen unsere Soldaten.“ Bei seinem Deutschland-Besuch 2008
bezeichnete Erdogan die Assimilation türkischer Einwanderer als
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Der Unternehmer Vural Öger, der
bis 2009 für die SPD im EU-Parlament saß, kündigte mit Hinweis auf die
unterschiedlichen Geburtenraten bei Einheimischen und muslimischen
Zuwanderern an: „Was Sultan Suleiman 1529 mit der Belagerung Wiens
begonnen hat, werden wir über die Einwohner, mit unseren kräftigen
Männern und gesunden Frauen verwirklichen.“
Die renommierte französische Demoskopin Michèle Tribalat hält das
französische Modell der kulturellen Annäherung für gescheitert. Die
wachsende Religiosität („Desäkularisierung“) der Zuwanderer und ihre
Konzentration in urbanen Ballungsgebieten habe dazu geführt, dass sich
auch die Einheimischen in „eigene Gebiete“ zurückzögen, um ihre
Lebensweise zu schützen. Das Resultat sei Trennung statt Vermischung –
wobei im letzten Erhebungszeitraum auf ein autochthones Kind fast zwölf
muslimische Geburten kamen.
Sind Frauen im Islam gleichberechtigt?
Die Kontrolle der Sexualität – insbesondere der weiblichen – ist ein
zentrales Merkmal islamischer Gesellschaften. Welche Bedeutung dieser
Kontrolle zugemessen wird, ist schnell an den Verhüllungsvorschriften in
muslimischen Ländern zu erkennen. Typischerweise gelten sie vorwiegend
oder ausschließlich für Frauen. Wie wenig gleichberechtigt die
Geschlechter im Islam behandelt werden, erhellt allein daraus, dass laut
Koran ein Mann mehrere Frauen heiraten darf, eine Frau indes
keinesfalls mehrere Männer. In der Türkei werden bis heute vor allem in
ländlichen Gebieten Ehen nach Scharia-Recht geschlossen. Diese
sogenannten Imam-Ehen, die unter anderem Ehen mit mehreren Ehefrauen
sein können, aber auch Ehen von Minderjährigen oder Zwangsehen, werden
in regelmäßigen Abständen vom türkischen Staat amnestiert. Etwa jede
zehnte türkische Frau lebt in einer polygamen Ehe.
Vor Gott sind Mann und Frau im Islam ebenbürtig und gleichwertig. Im
Koran wird an vielen Stellen betont, dass die Belohnung bzw. Bestrafung
im Jenseits nicht vom Geschlecht abhängig sei. Sure 4, 34 erklärt
allerdings, dass Gott die Männer über die Frauen gestellt hat. Weiter
heißt es dort: „Frauen aber, deren Widerspenstigkeit ihr befürchtet, die
ermahnt, haltet euch fern von ihnen auf dem Lager, und schlagt sie.
Wenn sie euch gehorchen, dann unternehmt nichts gegen sie.“
Der Islam lehnt jede außereheliche intime Beziehung zwischen den
Geschlechtern bei schärfster Strafandrohung ab. Neben den
Bekleidungsvorschriften soll eine möglichst rigide Geschlechtertrennung
verhindern, dass die Versuchung überhaupt erst entsteht. So ist im Islam
sportliche Betätigung zwar erlaubt und erwünscht, allerdings ist ein
gemeinsamer Sportunterricht von Jungen und Mädchen ab der Pubertät
verboten. Auch in der Moschee beten Männer und Frauen getrennt
voneinander. Die Pflicht zur Bildung gilt im Islam für beide
Geschlechter. Mohammed befiehlt: "Das Streben nach Wissen ist eine
Pflicht für jeden Muslim, Mann oder Frau."
In traditionell muslimischen Milieus haben Frauen männliche Vormünder.
Der Vormund ist häufig gleichzeitig das Familienoberhaupt. Sogenannte
„Ehrenmorde“ werden immer gegen Frauen verübt, die angeblich „Schande
über ihre Familie gebracht“ haben, indem sie ein selbstbestimmtes Leben
zu führen gedachten. In den meisten muslimischen Familien gilt es als
jedoch höchstes Ziel, dass eine Frau gut verheiratet wird und als
Jungfrau in die Ehe geht.
Muss sich eine Muslima verhüllen?
Der Koran gebietet den Frauen keinerlei Gesichtsbedeckung. Die einzige
Passage dazu, Sure 24, Vers 31 (sinngemäß nochmals in 33,59), schreibt
vor, dass muslimische Frauen "ihren Schmuck nicht zeigen sollen bis auf
das, was ohnehin zu sehen ist, und dass sie sich ihre Tücher um den
Ausschnitt schlagen". Das Wort khimar bezeichnet die
Kopfbedeckung der arabischen Frauen zur Zeit der Entstehung des Islam.
Sie wurde in der vorislamischen Zeit mehr oder weniger als Schmuck lose
über dem Nacken getragen, und da nach der damals herrschenden Mode das
Oberteil des Frauengewandes vorn eine weite Öffnung hatte, waren die
Brüste unbedeckt. Daher die koranische Weisung, sich zu bedecken – aber
kein Wort von der Verhüllung des Gesichts.
Burka, Nikab und Tschador sind deshalb nach Ansicht vieler
Islamgelehrter unislamisch. Der Nikab wurde von Beduinen erfunden, als
Schutz gegen die Sandstürme der Wüste. In Frankreich, Belgien, den
Niederlanden, Italien, Spanien und der Schweiz ist die
Vollverschleierung in der Öffentlichkeit verboten. Sogar Tunesien
verbietet den Nikab.
Was ist die Ahmadiyya-Gemeinde?
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat ist eine islamische Sondergemeinschaft, die
Ende des 19. Jahrhunderts von Mirza Ghulam Ahmad in Indien gegründet
wurde. Mirza Ghulam Ahmad verstand sich als Prophet, Messias und Mahdi.
Die Lehre der Ahmadiyya basiert zwar auf dem Koran und den Hadithen,
jedoch haben die Schriften und Offenbarungen von Mirza Ghulam Ahmad eine
erhebliche Bedeutung. Ein Spezifikum der Ahmadiyya besteht darin, dass
sie zwar missionarisch ist, aber jede Gewaltanwendung ablehnt. Die
Ahmadiyya-Lehre wird von den orthodoxen Gelehrten als Irrweg angesehen,
ihre Anhänger gelten als Ketzer. In Pakistan und Afghanistan wurden
Ahmadis verfolgt und ermordet, Saudi-Arabien verweigert ihnen den
Zutritt zur Kaaba.
Weltweit zählt die Ahmadiyya etwa zehn Millionen Gläubige, die
übergroße Mehrheit lebt in Südasien. In Deutschland gibt es etwa 35.000
Ahmadis.
Was bedeutet Wahhabismus?
Als Wahhabiten werden die Anhänger einer fundamentalistischen Richtung
des sunnitischen Islams bezeichnet. Sie selbst nennen sich meist Salafis
oder einfach "Sunniten". Die Bewegung gründet sich auf die Lehren
Muhammad ibn Abd al-Wahhabs (1703-1792). Seine Anhänger betrachten
sämtliche Glaubensauffassungen, die mit dem Wahhabismus nicht vereinbar
sind – dazu gehört auch der schiitische Islam –, als unislamisch.Die
meisten Wahhabiten leben heute in Saudi-Arabien, wo ihre Lehre
staatliche gefördert wird und etwa durch die Islamische Weltliga auf der
ganzen Welt verbreitet werden soll.Extremistische Gruppen wie
Al-Quaida, die Taliban und auch der Islamische Staat (IS) stehen den
Wahhabiten nahe. Konkret zeigt sich der Einfluss des Wahhabismus in
Saudi-Arabien an einer Fülle von Verboten: Frauen dürfen weder Auto
fahren noch sich in der Öffentlichkeit mit fremden Männern zeigen; nicht
nur alkoholische Getränke, sondern auch Musik, Fernsehen und neuerdings
sogar das Schachspiel sind verboten; eine freie Religionsausübung ist
unmöglich.
Was sind Salafisten?
Der Salafismus (auch Salafiyya) ist als eine extrem konservative
Strömung innerhalb des sunnitischen Islams. Der Begriff „Salaf“ bedeutet
„Vorfahre“. Der der Salafismus lehrt die geistige Rückbesinnung auf die
„Altvorderen“. Im Alltagsgebrauch bezeichnet der Begriff die
„Rückwärtsgewandheit“ von Muslimen, die versuchen, Sitten und Gebräuche
der Zeit Mohammeds, also des 7. Jahrhunderts, in der modernen Welt
wiederzubeleben. Zu den Salafisten zählen auch die Wahhabiten.
Die Salafiyya entstand im späten 19./frühen 20. Jahrhundert als
Reaktion auf die Ausbreitung westlicher Ideen und Lebensweisen in der
orientalischen Welt.
In Deutschland leben heute geschätzte 4000 bis 5000 Salafisten.
Nachbemerkung
Die Auseinandersetzung mit dem Islam und seinem politischen Anspruch
ist für jede demokratische und freiheitliche Partei ein zentrales Thema.
Die Alternative für Deutschland hat sich seit ihrer Gründung auf
vielfältige Weise der islamischen Herausforderung gestellt.
Als Partei des Rechtsstaates und des Grundgesetzes sehen wir uns in der
Pflicht, dafür zu sorgen, dass die verfassungsgemäße Trennung von Staat
und Kirche sowie die Staatlichkeit der Rechtsprechung nicht in
muslimischen Parallelgesellschaften aufgelöst wird, dass in Deutschland
deutsches Recht gilt und nichts außerdem. Die Muster und Erfahrungen in
ganz unterschiedlichen Ländern des Westens gleichen sich. Je zahlenmäßig
stärker die muslimischen Gemeinschaften werden, desto nachdrücklicher
reklamieren sie Sonderrechte für sich. Diese Forderungen – etwa
Geschlechtertrennung beim Sport, Freistellung von der Arbeit zum Gebet,
eigene Gebetsräume in öffentlichen Einrichtungen, das Tragen von
Kopftüchern in öffentlichen Ämtern – werden zwar religiös begründet,
tatsächlich aber handelt es sich um den Versuch politischer
Einflussnahme. Der politische Islam will auch den westlichen
Gesellschaften seine theokratischen Normen aufzwingen. Ein dauerhaft
friedliches Miteinander kann und wird es mit ihm nicht geben. MK