Veröffentlicht am
Dieser aufschlussreiche Brief an den Referenten des Bundestagsabgeordneten de Vries wurde Frau Lengsfeld von Christoph Marloh zur Verfügung gestellt:
Sehr geehrter Herr N.,
vielen Dank für unser heutiges Telefonat und daß Sie sich als Referent von Herrn de Vries dafür ausführlich Zeit genommen haben.
Wir stimmen, wie besprochen, überein, daß die Regelungen des Paktes bei Zustimmung in Deutschland von Soft-Law zu Hard-Law werden, sobald Verwaltungsgerichte einschlägige Entscheidungen treffen.
Sie nannten als Beispiel die UN-Behindertenrechtskonvention. Nachdem
Deutschland auf eine Protokollnote zu dieser Konvention verzichtet
hatte, haben Verwaltungsgerichte mit Verweis auf die Konvention
umfangreiche Inklusions-Investitionen erzwungen. Zum Migrationspakt ist
eine Protokollnote nach Ihrer Aussage von der Bundesregierung wiederum
nicht vorgesehen.
Wir stimmen ebenfalls überein,
daß der Pakt die – insbesondere seit 2015 – geübte deutsche Praxis im
Bereich Migration wiederspiegelt.
Nicht übereinstimmen wir in der Bewertung dieser Praxis.
Diese ist seit September 2015 durch eine Umgehung des Parlamentes und schlicht rechtswidriges staatliches Handeln geprägt.
Hans-Jürgen
Papier , Präsident des Bundesverfassungsgerichts (2002-2010), stellt
fest: „Wir haben rechtsfreie Räume bei der Sicherung der Außengrenzen,
das darf nicht sein“
Papier kritisiert die
Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin. Der Jurist fordert ein
sofortiges „Umsteuern“ – auch Schengen sollte überdacht werden. „Unbegrenzte Einreise ist ein Fehler“.
Noch nie sei in der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik die
Kluft zwischen Recht und Wirklichkeit so tief wie derzeit. Das sei auf
Dauer inakzeptabel, so der renommierte Verfassungsrechtler. Er spricht
von einem „eklatanten Politikversagen“.
Professor
Dr. Udo Di Fabio, Richter am Bundesverfassungsgericht (1999-2011),
stellt fest, daß das Staatsvolk unverzichtbar ist und selbst über seine
Zusammensetzung entscheiden sollte.
„Demokratie kann nur funktionieren,
wenn ein Staatsvolk mit einem entsprechenden klar definierten
Bürgerrecht identifizierbar und in Wahlen und Abstimmungen praktisch
handlungsfähig ist. Insofern muss das Staatsvolk einerseits über die
Bevölkerungszusammensetzung und über die Regeln zum Erwerb oder Verlust
der Staatsangehörigkeit mit dem Gesetz im formellen Sinne entscheiden,
andererseits darf es dabei nicht die praktische Möglichkeit
parlamentarischen Regierens und demokratischen Entscheidens bei
elementaren Fragen der politischen Gemeinschaft aufgeben“.
Wir
befinden uns damit gegenwärtig in einem rechtsfreien Ausnahmezustand.
Dieser würde durch eine Zustimmung zum Migrationspakt sowie spätere
Entscheidungen von Verwaltungsgerichten nachträglich legalisiert. Damit
würde die bestehende Rechtsordnung durch überstaatliches Recht ohne
ordnungsgemäße Beschlußfassung des Bundestages ausgehebelt. Die
handstreichartige Außerkraftsetzung von Verfassungs- und Rechtsordnung
durch die Bundeskanzlerin würde nachträglich sanktioniert.
Angesichts
der bisherigen Vorgehensweise der Kanzlerin glaube ich Ihnen gern, daß
der Pakt auf deutsche Initiative erarbeitet wurde – schon aus Gründen
der persönlichen Risikoverminderung von Frau Merkel.
Angesichts
der bisher ausgebliebenen Bereitschaft, die Fehlentwicklungen seit 2015
im Parlament zu diskutieren und dem Recht wieder Geltung zu
verschaffen, kann ich der auch beim Pakt völlig intransparenten Politik
der Bundesregierung keinen Vertrauensvorschuß geben. Das Argument, daß
der Migrationsdruck auf Deutschland durch Standardanhebung bei anderen
Unterzeichnern verringert wird, halte ich für vorgeschoben.
Bitte
setzen Sie sich für eine Aufarbeitung der Migrationspolitik seit 2015
und eine Aussetzung der Zustimmung zum Migrationspakt ein.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph Marloh