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Samstag, 1. Dezember 2018

Die moderaten, intelligenten Muslime sind die schlimmsten (quod erat demostrandum)

Ich bin Deutschtürkin und kann nicht anders, als die Özil-Debatte auf mich zu beziehen. Und ich glaube nicht, dass es hier nur ums Deutschsein geht.
Ich weiß: Keiner hat Lust, einer jammernden, Kopftuch tragenden Muslimin zuzuhören, die alles, aber auch wirklich alles, auf sich bezieht und sich von allem unfassbar angegriffen fühlt. Zum Beispiel, wenn mich eine Redaktion immer als Interviewpartnerin zu Kopftüchern anfragt. Aber wenn ich selber über das Thema schreiben will, höre ich immer: Nein, lieber nicht. 
 
Ich könnte mich ja auch geehrt fühlen, dass sich überhaupt jemand für mich interessiert, anstatt so undankbar zu sein. Genauso wie der undankbarste, illoyalste, türkische Fußballer Deutschlands. Da erlaubt man ihm sogar für die Nationalmannschaft zu spielen und er beschwert sich über Rassismus. 
Es gibt überhaupt nur einen Typ Mensch, der noch nerviger ist als vertrocknete, besserwisserische Feministinnen. Und das sind Deutschtürken, die aus ihrer Opferrolle nicht rauskommen. Ich selbst vereinige sogar beide Rollen und bin damit ähnlich unbeliebt wie Mesut Özil derzeit. 

Tatsächlich ist er nicht überall unbeliebt: In den sozialen Netzwerken jubeln junge Musliminnen und Muslime: "Endlich mal einer von uns, der offen ausspricht, wie rassistisch Deutschland eigentlich ist." Oder: "Irre ich mich, oder ist es das erste Mal, dass ein Kind von Migranten eine bundesweite Debatte über Rassismus auslöst und somit dieses eine Mal die Deutungshoheit besitzt? Allein schon deswegen sollten wir ihm dankbar sein."
Mesut Özil wird zur Stimme seiner Community: den undankbaren Deutschtürken. Den Deutschtürken, die ständig mit Rassismus konfrontiert werden. Die am liebsten zwei Pässe haben, aber nirgendwo hingehören wollen. Die faul sind und sich nie Mühe geben. Das sieht man ja gerade an dem zweitklassigen Fußballer, der deutsche WM-Träume kaputt gemacht hat.  
Ich wundere mich, dass Mesut Özil jetzt zu uns undankbaren Deutschtürken gehört. Alle haben ihn doch geliebt. Es war egal, dass er kein perfektes Deutsch spricht. Er war trotzdem Deutscher. Doch nach dem Foto mit dem türkischen Macho-Präsidenten war er plötzlich doch kein guter Fußballer mehr. Und ein richtiger Deutscher sowieso nicht.
Ich verstehe diese Rechnung nicht. Vielleicht bin ich als deutschtürkisches Mädchen mit Kopftuch nicht clever genug, um solche komplexen Zusammenhänge zu verstehen. Kopftuchtragen bedeutet: nicht neutral sein zu können, eine perfekte Putzfrau zu sein, schlecht hören und schlecht angeflirtet werden können. 

Es geht nicht um Rassismus

Vielleicht kann mir jemand ja erklären, warum wir undankbaren Deutschtürkinnen nicht richtig dazugehören. Wir wollen ja. Aber etwas gewaltsam zu erzwingen, ist nur der verzweifelte Versuch, mit Willenskraft ein gewisses momentanes Unvermögen zu überdecken. Ich kann nämlich nicht einfach hierher gehören, nur weil ich das will. Denn ich entscheide das nicht selber. Mein Gegenüber entscheidet, wann und ob ich deutsch sein darf. Wann ich eine gute Deutsche bin. Wann nicht. Was ich dafür tun muss, um eine Deutsche sein zu können. Wann ich deutsch sein wollen soll. 

Ich muss mich jedes Mal aufs Neue dem Urteil anderer unterwerfen. Je nachdem, wer mein Gegenüber ist, reicht es, mal einen Test zu bestehen, mal die Sprache gut zu können. Dann soll man Erdoğan kritisieren oder am besten gleich die ganze Türkei. Auf der anderen Seite soll man trotzdem gastfreundlich sein und das türkische Gebäck mit den Nachbarn teilen. Denn ein bisschen türkisch darf man schon sein – aber bloß nicht zu viel. Kopftuch darf man nicht tragen. Auf keinen Fall. Aber manchmal ist es dann doch okay. Wenn man ein Interview geben soll, darf man ruhig sagen, dass man Deutsche ist – obwohl man Kopftuch trägt. Das kommt nämlich ganz gut. Und Weihnachten soll man auf jeden Fall mitfeiern. Und am besten auch einen deutschen Partner haben. Das hilft. Aber wenn, dann sollte man sich vorher schon richtig integriert haben und den deutschen Partner nicht mit seiner anderen Kultur verwirren. 

Und wenn man alles geschafft hat, so wie Mesut Özil, ist man dann irgendwann vielleicht doch ganz schnell kein Deutscher mehr. Wenn man einmal zu oft Urlaub in der Türkei gemacht hat, obwohl da gerade fast so viele Menschenrechtsverletzungen begangen werden wie in China. Dann kann man auch kein richtiger Deutscher mehr sein. Ist doch klar. 
Selbst ich bin verwirrt von diesem "wir" und "ihr" und "uns" und weiß selber nie so richtig, wann ich von Türken rede und wann von Deutschen und wann ich dazugehöre und wann nicht. Aber es geht in dieser Debatte nicht um Mesut Özil oder ums Deutschsein. Es geht hier nicht einmal um Rassismus. Es geht einfach nur darum, wie unfassbar heuchlerisch es ist, all diese teuren Werbespots zu drehen, in denen mantraartig heruntergebetet wird, dass Deutschland für Toleranz und Vielfalt einstünde. Und in jedem Unternehmen wird diversity ganz, ganz großgeschrieben: Jeder darf sich frei entfalten. Jeder darf leben, wie er will. Alle werden akzeptiert. Jeder ist wichtig für unsere Gesellschaft.
Aber wenn es darauf ankommt, gibt es nur ein "wir" und "ihr" mit ganz steilen Grenzen. Und wehe, man erfüllt mal nicht die Erwartungen. Dann bekommt man zu spüren, dass man nicht wirklich dazugehört. Sondern nur geduldet wird. Und dann wird man weggekickt. Zu uns. Zu den undankbaren Deutschtürken. Und plötzlich steht so jemand wie Mesut Özil wieder neben so jemandem wie mir in der gleichen Reihe. Wer wird der Nächste? Cem Özdemir vielleicht? 

Ich liebe Deutschland und ich liebe die deutsche Sprache. "Etwas sportlich nehmen" ist eine der tollsten Redewendungen, die sagt: Es geht hier nicht um Leben und Tod. Es ist alles in Ordnung.
Ich werde die Özil-Debatte also jetzt mal sportlich nehmen und versuchen, es nicht auf mich zu beziehen. Und ich hoffe einfach, dass Deutschland irgendwann auch mal müde wird, darüber zu diskutieren, ob jemand mit Migrationshintergrund dazugehört oder nicht. Loyal ist oder nicht. Deutsch ist oder nicht. Wir sind hier und spielen schon lange mit, Sportsfreunde!   Merve Kayikci





Sehr geehrte Frau Merve Kayikci,
danke für diesen interessanten Bericht, der eloquent verfasst ist und mit humorvollen Zwischentönen berechtigte Kritik äussert.
Ich selber bin ein Migrant aus einem nichteuropäischen Kulturkreis und kam erst mit fünf Jahren nach Deutschland. Mit elf Jahren durfte ich die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben und konnte schnell (akzentfrei) die deutsche Sprache erlernen und sprechen. Auch Sie sprechen und schreiben diese Sprache überdurchschnittlich gut. Besser als viele andere Bürger dieses Landes.

Warum empfinden meine deutschen Mitbürger mich jedoch als integrierter, als sie z.B. die Töchter und Söhne der bereits in Deutschland geborenen Deutschtürken empfinden?

Auch ich pflege als Deutsch-Kolumbianer, der ursprünglich einer nicht-christlichen Religion angehörte, bestimmte Eigenarten und Sitten, die ganz anders sind, als die deutschen Sitten. Meinen Geburtsnamen „Quintero“ legte ich zwar ab, als ich meine (deutsche) Frau geheiratet habe, aber sehr, sehr lange Zeit hatte in einen „fremdländischen“ Namen. Was also macht die Entwicklung aus? Die Selbstwahrnehmung?
Ich denke es geht niemals um „deutsch oder nicht deutsch“ sein wollen, sein können, sein dürfen. Das sind fliessende, formbare Konzepte. Am kolumbianischen Nationalfeiertag fühle ich mich „kolumbianischer“, bei bestimmten Anlässen eher als „Deutscher“. Fliessend.

Meine deutschen Mitbürger haben auch nie „Dankbarkeit“ bei mir eingefordert, obwohl ich tatsächlich dankbar bin, wenn us-amerikanische Familienmitglieder mir davon berichten, dass selbst die gehobene Mittelschicht in den USA sich kaum mein Schlafapnoe-Atemgerät (monetär) leisten können, welches ich von der DAK hier selbstverständlich (kostenlos) erhalten habe.

Wenn wir „deutsch sein“ und „Dankbarkeit“ als vermeintlich zu erbringende Leistung von den Migranten also ausklammern, was bleibt als Hürde um hier „anzukommen“?
Ich weiss es nicht genau.

Aber wenn ich mich unter allen meinen Freunden umsehe, die aus allen möglichen Ländern dieser Welt nach Deutschland eingewandert sind, sehe ich keine Probleme. - Selbst dann nicht, wenn sie aus Diktaturen ausgewandert sind. Was haben diese Migranten, die hier problemlos ankommen also gemeinsam? Ich konnte nur eine Gemeinsamkeit feststellen: Sie sind alle keine Moslems und/oder sie sind Ex-Moslems.

Es geht niemals um „deutsch oder nicht deutsch“. Pierre Vogel, Sven Lau, Martin Lejeune u.v.a. deutsche Moslems sind durch und durch (biologisch, genetisch und kulturell) „Deutsche“, man sagt glaube ich „Bio-Deutsche“, aber sie stehen ausserhalb der europäisch-deutschen Gesellschaft.
Weil sie es selber so gewählt haben und stolz darauf sind. Sie haben eine starke, neue Familie gefunden: Die Ummah.

Es ist ihre freie Wahl. Als rechtschaffener, aufrichtiger, gläubiger, gemäßigter, moderater Mainstream-Moslem, der das nach Aussen hin auch selbstbewusst zeigt, als Frau durch Verhüllung, als Mann durch den Bart (z.B.) bekennt man sich klar zum Propheten Mohammed und zur fehlerfreien Perfektion des Korans, dem direkten und unfehlbaren Wort Gottes, dem einzigen Gott, dem allbarmherzigen Allah. Weder das Grundgesetz, noch die allgemeinen Menschenrechte, auch nicht das Zivil- oder Strafrecht haben dann noch verbindliche Gültigkeit, sondern nur noch der Koran, die Hadithe, die Sunna, die Sira, die Scharia und die Fatwas.
Nur diese Hürde existiert und das festzustellen und auszusprechen hat exakt 0% mit Rassismus zu tun und 0% mit „Islamophobie“.

Falls Sie mir, einem Menschen der sich seit weit über 30 Jahren mit dem Islam und seiner Entstehung beschäftigt hat, der die Geschichte der Türkei und des Osmanischen Reiches kennt, der die Geschichte von Palästina, Jordanien, Mohammed Amin al-Husseini und Israel kennt... ggf. nicht glauben wollen oder können, dann fragen Sie gerne Hamed Abdel-Samad, Ahmad Mansour, Seyran Ates, Ali Ertan Toprak, Ali Utlu, Mehrak Sh, Feroz Khan, Bassam Tibi, Zana Ramadani, Dr. Wafa Sultan, Sabatina James, Imad Karim, Ilse El Khaloui oder jeden anderen ex-islamischen oder nicht-islamischen Migranten, der hier in Deutschland lebt, angekommen ist, seine ursprüngliche Kultur pflegt und dennoch ein akzeptierter Teil dieser Gesellschaft ist.
Oder wir nehmen eine Zeitmaschine und fragen meinen kolumbianischen Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater (präkolumbischer Chibcha- Muisca-Indianer), warum er die Spanier und Portugiesen nicht in seine Kultur integrieren konnte...
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian Rothermel
Migrant und ehemaliger Vorsitzende des Integrationsbeirats in Augsburg

Die Islamschickeria  ist auch auf dem Vormarsch


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