Stationen

Dienstag, 4. Juni 2024

Auf ein Wort

Ein Wort

Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen,
und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.   Gottfried Benn


Sentimental sind beide, Benn wie Jürgens. Bei Benn versteckt sich die Sentimentalität hinter dem Verstandesexhibitionismus. Sie tritt sozusagen auf im gewundenen Gewandt des "Zu wenig", bei Jürgens hingegen im Hemdchen des "Zu viel"; und hinzu kommt noch, dass er emotional ist. Immerhin war Udo Jürgens manchmal auch auf eine gesunde Weise emotional! Viel zu oft aber war seine Emotionalität eine weinerliche, kränkelnde. Die schwülstige Emotionalität seiner Komposition "Wort" ist in einer Weise lächerlich, die bei ihm selten vorkam. Dass er dieses peinliche Machwerk auch noch von den Berliner Philharmonikern aufführen ließ (um seine Eltern zu beeindrucken)... ich bringe das Ende dieses Satzes nicht über die Lippen vor lauter Verlegenheit; denn ich schätzte Udo Jürgens ja eigentlich als einen der wenigen deutschsprachigen Schlagersänger, die etwas taugten. Aber eben nur etwas.

Benn war ein schlechter Dichter. Das obige Gedicht ist eines von den gelungeneren. Aber es spricht von Gefühlen, die nicht gelungen sind, weshalb der "Verstandesmensch" Benn sie verbarg bzw. nur in dieser verklemmten, gequetschten, verdrucksten Chiffre (hin)ausdrückte. Er vertonte sozusagen das herrliche Gemälde Caspar David Friedrichs. Das hätte er besser bleiben lassen.

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