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Sonntag, 30. Juni 2024

Die Welt zu Gast bei Freudenbübchen

 

Manchmal muss man als Patriot gegenüber dem eigenen Land erbarmungslos sein, um dessen guten Ruf zu wahren. Ich wünsche mir, dass die Schweiz diese EM gewinnt. Die Schweiz ist zur Zeit die Rettung des freiheitlichen Journalismus. Auch in der Schweiz ist er in Gefahr, so, wie auch Rechtssicherheit und Neutralität in der Schweiz schwer angeschlagen sind. Aber wenn die Demokratie in Europa noch gerettet wird, dann werden wir es vor allem der Schweiz verdanken. Schon Dürrenmatt erkannte: "Die Welt wird untergehen oder verschweizern".

Übrigens, was die albernen Eiertänze Deutschlands, das Trikot unserer Nationalmannschaft wie auch den Terminus "Mannschaft", respektive Haarspaltereien zum Thema Frauenschaft betrifft, möchte ich betonen, dass die italienischen Sportler seit 1911 azurblau tragen, weil diese Farbe das italienische Königshaus symbolisiert. Daran hat auch das Plebiszit, mit dem die Monarchie nach dem 2. Weltkrieg abgeschafft wurde (während dessen der Vater meines einstigen Arbeitgebers, der Marchese G. und mein Vorgänger Carlo Appollonio im Quirinal zu Gast waren), nichts geändert. Denn in Italien wird die Gleichzeitigkeit gegensätzlicher Kontinuitäten nicht als Widerspruch empfunden bzw. sind solche Widersprüche erwünscht, weil man ihre raison d'etre kennt und gutheißt. "Beschaue nur in mildem Licht das Menschenwesen, wiege zwischen Kälte und Überspannung dich im Gleichgewicht". In Deutschland ist die phobische Reaktion gegenüber allem Einstigen neurotisch, ja geradezu psychotisch. Die Überheblichkeit gegenüber Epochen der Vergangenheit ist so pathologisch wie das blinde Vertrauen in den Fortschritt. Die Unkenntnis unserer eigenen Geschichte und besonders die Reflexhaftigkeit, mit der Schattenseiten der Neuzeit als mittelalterlich abgestempelt werden, ist erbärmlich.

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