Stationen

Freitag, 21. Juni 2024

Man kann nicht zu oft daran erinnern

In dem Buch : "Stern der Ungeborenen" von Franz Werfel beschreibt der jüdische Schriftsteller genau, wie sich die Deutschen selbst kasteien und im Moralisieren selbst überhöhen. Es trifft den jetzigen Zeitgeist zu 100 %. F. W. berichtet auch über die Situation Deutschlands nach 1945:

„Zwischen Weltkrieg Zwei und Drei drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Der Gebrauch des Wortes ‚Humanitätsduselei‘ kostete achtundvierzig Stunden Arrest oder eine entsprechend hohe Geldsumme. Die meisten der Deutschen nahmen auch, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Humanität und Güte erschien ihnen jetzt der beste Weg zu diesem Ziel. Sie fanden ihn sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenlehre. […] Sie waren die Erfinder der undankbaren Ethik der ‚selbstlosen Zudringlichkeit‘. Zur Erholung hielten die Gebildeten unter den Heinzelmännchen philosophische Vorträge an Volkshochschulen, in protestantischen Kirchen und sogar in Reformsynagogen, wobei ihr eintöniges Thema stets der brüderlichen Pflicht des Menschen gewidmet war. Ohne Pflicht ging’s nicht, wie ja die deutsche Grundauffassung vom Leben in der ‚Anbetung des Unangenehmen‘ bestand. Sie waren, mit einem Wort, echte Schafe im Schafspelz. Da sie aber selbst dies krampfhaft waren, glaubte es ihnen niemand, und man hielt sie für Wölfe.“

– Stern der Ungeborenen, Neuntes Kapitel

 

Das ist wahre Menschenkenntnis. In diesem Fall Deutschenkenntnis. Fast nur bei Juden vorhanden, und mittlerweile auch bei Juden eher nicht vorhanden; denn sonst wäre Charlotte Knobloch jemand in den Arm gefallen, als sie Merkel (ohne sich selbst zu diesem Anlass den DarwinAward umzuhängen) die Ohel Jakob Medaille verlieh, während gerade 100.000e frische, kräftige Antisemiten ins Land strömten.

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