Erstens: Männer machen Frauen an und werden es in alle Ewigkeit tun,
Frauen wollen von Männern angemacht werden und werden es in alle
Ewigkeit wollen. Der Sexualtrieb ist eine Urgewalt, die sich schwer
kontrollieren und nie zähmen lassen wird; immerhin hängt die nächste
Generation an ihm. Die Paarung ist eine heikle Sache, es wird immer
unerwünschte Annäherungen geben, die sexuelle Belästigung höret nimmer
auf. Und hin und wieder funktioniert’s ja.
Zweitens: Mit der
Anmache verhält es sich wie mit einem Kunsthandwerk: Der Weg zur
Meisterschaft ist mit peinlichen Fehlschlägen gepflastert, es dauert,
bis man es beherrscht, und viele lernen es nie. Im Unterschied zum
Kunsthandwerk kann der Mann aber kein anderes, ihm genehmeres wählen. Er muss anmachen.
Drittens:
Unerwünschte, ungeschickte, unangenehme, übergriffige, deplatzierte,
lästige, groteske, abstoßende, widerwärtige Anmachversuche kommen
wahrscheinlich häufiger vor als passende, erwünschte und zu beider
Zufriedenheit endende. Der um eine Frau werbende Mann gleicht in der
Regel einem Gorilla, der versucht, Cello zu spielen.
Viertens: Es
gibt unter den Männern seit der sogenannten sexuellen Befreiung und der
ihr folgenden "Ausweitung der Kampfzone" (Michel Houellebecq) eine große
Zahl von Verlieren, armen Würstchen, die zunächst sich selbst und dann
die für sie unerreichbaren Frauen verachten und sich heute speziell in
der Anonymität der elektronischen Medien erleichtern. Und es gibt
peinliche, unheilbare Machotypen, denen zum echten Macho die virile
Attraktivität fehlt, was sie aggressiv gegen Frauen macht. Meistens kann
eine Frau solchen Figuren aus dem Wege gehen.
Fünftens: Ich habe
noch nie eine Maid erlebt, die sich nicht gegen unerwünschte Offerten
zur Wehr zu setzen wusste, notfalls mit einer entschiedenen Ansprache
vor Zeugen oder einer effektvoll verabreichten Ohrfeige. Der Blamierte
ist immer der Kerl, zumindest in unserem Weltteil.
Sechstens:
Tatsächlich ernst wird Belästigung erst, wenn die körperliche Grenze
nachdrücklich überschritten wird. Das meint nicht den fehlgeschlagenen
Kussversuch oder den Griff nach der Hand. Hier betreten wir denn auch
die Sphäre des Strafrechts.
Siebtens: Was sexuelle Belästigung ist
und was nicht, lässt sich nicht generalisieren. Mal ist sie erwünscht,
mal nicht; was der einen behagt, pikiert die andere, und selbst bei ein-
und derselben Version ist es ein Riesenunterschied, wer sich an ihr
versucht. Der Empfang eines Schwanzfotos ist unangenehm und verstörend,
allerdings nicht immer. Wenn beispielsweise Brad Pitt der Absender ist,
könnte das für die Empfängerin der Beginn einer wundervollen Woche sein.
Anfang 1945 hätten Millionen deutsche Frauen die Präsentation bloßer
Penisfotos als eine unglaubliche Petitesse und existentielle
Erleichterung empfunden. Umgekehrt hätten gewiss viele Männer nichts
gegen die Zusendung weiblicher Genitalschnappschüsse. Die Geschlechter
sind halt sozial unterschiedlich konstruiert.
Achtens: Das
Filmlein nennt sich "Männerwelten", läuft also auf eine Kollektivanklage
das starken, intelligenten und geilen Geschlechts hinaus, wobei die
richtigen Kerle, die Heißblütigen, Bärtigen, Kohleäugigen mit ihren
Eigentumsfrauen (die sie im Gegenzug immerhin bis aufs Blut beschützen
würden), aus den bekannten Gründen nicht vorkommen. Wäre eine
Ausstellung "Frauenwelten" denkbar, die sich mit sexueller Ausbeutung
von Männern – gugeln Sie mal unter "Make him drool" –, weiblicher
Verleumdung von Männern, weiblicher Erpressung von Männern, mit
vorgetäuschten Vergewaltigungen, falschen Belästigungsklagen oder
Kindesentzug beschäftigt?
Neuntens: Das Äquivalent zur sexuellen
Übergriffigkeit als männliche Dominanzgeste gegenüber Frauen ist unter
Männern die Handgreiflichkeit. Männer haben zu allen Zeiten andere
Männer gequält, erniedrigt, ihnen Schmerzen zugefügt, Rangordnungen mit
Gewalt ausgekämpft. Kann auf der Verliererseite auch sehr unangenehm
sein. Interessiert aber keine Sau.
Zehntens: Wer sich in der
Öffentlichkeit exponiert, zieht nicht nur die Begeisterung von Fans auf
sich, sondern auch Neid, Wut, Hass und Missgunst, Stalking und den
ganzen bunten psychotisch-soziopathischen online-Abschaum sowieso.
Beleidigungen gehören für exponierte Personen zum Alltag (sogar ich
weiß, wovon die Rede ist), und wenn eine Frau von einem Mann verbal
angegangen wird, ist das oft sexuell konnotiert. Daraus ergibt sich aber
keine besondere Qualität der Beleidigung.
Alles, was uns Joko,
Klaas und Fräulein Passmann servieren, ist ordinär, unappetitlich, dumm,
eklig, bisweilen strafbar, aber man muss schon sehr schwache Nerven
haben, ein Erbsenprinzesschen sein und nie in seinem Leben
Wirklichkeitsberührung aufgenommen haben, um es als besonders hart und
bitter zu empfinden. Bei der Kölner Silvesterkirmes anno 2016 ist in
jeder einzelnen Minute mehr passiert als in den 15 Minuten des
"Männerwelten"-Videos. If you can’t stand the heat, get out of the kitchen.
Aber die meisten Frauen sind wohl, mit einer schönen Formulierung von
Hadmut Danisch, nicht außendiensttauglich. (Wenn Sie mich fragen: Sollen
sie auch gar nicht sein.)
Deliberalisierung des Paarungsverhaltens in zwei Briefen
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