Das Onlinemagazin Tichys Einblick hat im Streit über eine sogenannte Faktenprüfung auf Facebook vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe einen Prozeß gegen die Recherchegruppe „Correctiv“
gewonnen. Die „Darstellung einer Faktenprüfung auf Facebook darf nicht
mißverständlich sein“, urteilten die Richter des 6. Zivilsenats am
Mittwoch.
Damit widerrief das Oberlandesgericht Karlsruhe eine Entscheidung des
Landgerichts Mannheim, das „Correctiv“ zuvor rechtgegeben hatte. Tichys Einblick hatte
im September vergangenen Jahres über einen offenen Brief an
UN-Generalsekretär António Guterres geschrieben. In dem Schreiben
betonten die Unterzeichner, es gebe keinen Klimanotstand. Das Magazin
veröffentlichte den Beitrag mit der Überschrift „500 Wissenschaftler
erklären: ‘Es gibt keinen Klimanotfall’“.
„Correctiv“, das im Auftrag von Facebook Inhalte auf seine Fakten
überprüft, stufte den Eintrag als „teils falsch“ ein, wodurch Nutzern
des sozialen Netzwerks ein entsprechender Hinweis angezeigt und die
Sichtbarkeit eingeschränkt wurde. Laut „Correctiv“ handle es sich nicht
bei allen Unterzeichnern um Wissenschaftler und einige der in dem Brief
geäußerten Behauptungen seien unzutreffend. Zudem seien relevante
Informationen nicht berücksichtigt worden.
Tichys Einblick klagte dagegen mit der Begründung, daß es
sich dabei nicht um einen Faktencheck, sondern um eine Wertung handle
und die Arbeit des Recherchenetzwerks als Akteur mit Sonderstatus auf
Facebook unlauteren Wettbewerb darstelle. Das Oberlandesgericht gab nun
dem Eilantrag auf Unterlassung recht.
„Entscheidend war dabei, daß die
konkrete Ausgestaltung des Prüfeintrags für den durchschnittlichen
Facebook-Nutzer nach Auffassung des Senats mißverständlich war“, hieß es
in einer Mitteilung des Gerichts.
So habe sich die Kritik von „Correctiv“ weit überwiegend auf den
offenen Brief bezogen, nicht jedoch auf die Berichterstattung des
Magazins. Dies sei aber durch den „teils falsch“-Hinweis auf Facebook
für die Nutzer nicht klar ersichtlich gewesen. Das Gericht betonte
jedoch, daß über die Rechtmäßigkeit von solchen Faktenprüfungen im
Allgemeinen damit nicht entschieden worden sei.
Das Urteil stärke die Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken, zitierte die FAZ den Anwalt Joachim Steinhöfel, der Tichys Einblick
in dem Prozeß vertrat. „Die Frage, was wahr, falsch, richtig oder
unrichtig ist, sollte nach diesem Urteil auch auf Facebook dem
politischen Diskurs überlassen bleiben.“
Steinhöfel kritisierte: „Was ‘Correctiv’ auf Facebook betreibt, ist
ein als Faktencheck getarnter Eingriff in die Meinungs- und
Informationsfreiheit. Das ganze System dieser Grundrechtseingriffe, die
institutionalisierte Rechthaberei, die unkontrollierte Anmaßung über
Wahr oder Unwahr zu befinden, stehen zur Disposition, da diese jetzt
auch wettbewerbsrechtlich angegriffen werden können.“ JF
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.