Stationen

Sonntag, 10. Mai 2020

Wann kommt diese Geschichte endlich in die Lehrbücher europäischer Gymnasien?



Smrt vsem Nemcum! Smrt vsem okupantum! Tod allen Deutschen! Tod allen Okkupanten! Erschlagt die Deutschen, wo ihr sie trefft! Nehmt keine Rücksicht auf Kinder, Frauen und Greise! Ein jeder Deutsche ist unser Todfeind! Jetzt ist die Zeit, diese Feinde endgültig zu vernichten! Rottet sie mit Stumpf und Stiel aus! – Sprüche mit denen tschechische Aufständische über den von ihnen am 5. Mai 1945 eroberten Radiosender Prag II ununterbrochen zum Massenmord an der deutschen Zivilbevölkerung in Böhmen und Mähren hetzen. Und die Tschechen, von denen bis dahin „nur eine kleine Minderheit“ aktiven Widerstand geleistet hat, so der Historiker Radomir Luža, verwandeln sich in Bestien ohne jegliches Erbarmen.

Während ein deutscher Flieger den Sender am 8. Mai mit einer gut platzierten Bombe zum Schweigen bringt und Einheiten der Waffen-SS nach Prag vorrücken, tobt dort ein Straßenkampf zwischen der deutschen Garnison auf der einen und Roten Garden, Polizeieinheiten und Russen in Wehrmachtsuniformen, die den 30.000 Aufständischen helfen wollen: 25.000 Mann der 1. Division der Wlassow-Armee, die bis heute vielen Pragern als Befreier der Stadt gelten: „Hoch Wlassow, hoch Stalin“, rufen sie, als am 9. Mai tatsächlich die Rote Armee und nicht die ROA-Verräter einrücken.
Am Vortag haben Wehrmacht und Waffen-SS mit dem Tschechischen Nationalkomitee ein Abkommen geschlossen, das den Abzug bei freiem Geleit vorsieht. Auch heißt es in der Kapitulationsurkunde: „Deutsche Frauen und Kinder, soweit sie mit den Einheiten nicht aus Prag abziehen werden, stehen unter dem Schutze des Internationalen Roten Kreuzes, das sie betreuen und ihren Abtransport besorgen wird.“
Derweil findet bereits das Morden statt. In den Straßen brennen „menschliche Fackeln“ – Soldaten und Zivilisten, aufgehängt, mit Benzin überschüttet und angezündet. Andere, auch Frauen, selbst Säuglinge, werden öffentlich zu Tode geprügelt, gehängt, ertränkt, erschossen, vergewaltigt, brutal und sadistisch mißhandelt. Erschüttert berichtet Oberstleutnant Harold Perkins, ein tschechischsprachiger Verbindungsoffizier des britischen Geheimdienstes SOE, vom Anblick zweier Frauen, die von der Menge geschlagen wurden, bis sie „von Kopf bis Fuß eine blutige Masse waren“.
Meldungen über die „lebenden Fackeln von Prag“ erreichen den Prager Arzt Hans Wagner schon am 5. Mai: „In erster Linie wurden SS-Leute dem Flammentod überantwortet, da aber von den Kommunisten großzügig jeder Uniformträger als SS-Angehöriger hingestellt wurde, waren unter diesen Feueropfern auch zahlreiche Soldaten anderer Wehrmachtsteile und Angehörige verschiedener Formationen.“ Ab 7. Mai habe über der Stadt der „Geruch von verbranntem Menschenfleisch“ gelegen.
Später sieht Wagner gegenüber dem Stadttheater an der schmiedeeisernen Firmentafel des Restaurants „U svatého Havla“ die halbverkohlten Überreste eines deutschen Soldaten mit den Füßen nach oben gebunden hängen. Der rechte Arm fehlte bis zum Schultergelenk, offensichtlich war er amputiert. Von drei nackten, mit Benzin verbrannten Menschen, die an den Füßen aufgehängt an der Reklametafel an der Einmündung zur Wassergasse hingen, berichtet ein deutscher Physiker: „Die Gesichter bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, die Zähne restlos herausgeschlagen, der Mund nur ein blutiges Loch. Die gekochte Haut klebte uns an den Händen, so mußten wir sie in die Stefangasse tragen und schleifen.“
„To jsoi prece vasi bratri ted‘ je polibejte“ – „Das sind eure Brüder, so küßt sie!“, hätten die bewaffneten Tschechen gerufen und ihre Gefangenen gezwungen, die entstellten Leichen auf den Mund zu küssen. Die Tat ereignete sich am 10. Mai. Noch heute spüre er die eiskalten Köpfe in seinen Händen, schreibt der Wissenschaftler am 27. Dezember 1946. Auch die Pragerin Hildegard Hutinger schreibt, wie auf dem Wenzelsplatz „vor unseren Augen deutsche Jungen und Mädel an den Füßen an Kandelabern und Bäumen lebendig aufgehängt, mit Petroleum übergossen und angezündet“ wurden.
Eine Bestialität, an der die Prager offenbar Geschmack finden, denn am 13. Mai empfangen sie den Urheber dieser Verbrechen, ihren aus dem Exil zurückgekehrten Präsidenten Edvard Beneš  indem sie „deutsche Menschen reihenweise als lebende Fackeln“ anzünden, so Wagner am 27. September 1950 in seinen Erinnerungen.
Andere Überlebende berichten, wie auf dem Sparta-Platz etwa 50 deutsche Soldaten von zwei Frauen mit Maschinengewehren niedergeschossen werden. 300 Kriegsgefangene sehen das Verbrechen mit an. Zeuge Alfred Gebauer schreibt, daß im Stadion vor 5.000 Häftlingen mit Maschinenpistolen eine Hasenjagd auf SS-Soldaten veranstaltet und dabei 20 getötet werden: „Einige mußten in die Latrine springen, wo sie erschossen wurden.“
Wie viele der rund 40.000 Prager Deutschen, die im Mai 1945 noch in der „Goldenen Stadt“ leben, sowie der Reichsdeutschen, Flüchtlinge aus Schlesien, der Slowakei, Ostmähren, der in den zahlreichen Lazaretten der Stadt liegenden Verwundeten sowie der Kriegsgefangenen, dem wütenden Mob während des Aufstandes und in den folgenden Tagen zum Opfer fallen, ist unbekannt. Das Bundesarchiv schätzt die Zahl der Gemeuchelten auf bis zu 15.000.

Die Exzesse von Prag gelten als die schlimmsten, die nach der deutschen Kapitulation in Böhmen und Mähren an der deutschen Zivilbevölkerung begangen werden. Dabei wird überall massakriert. Es sind Kriegsverbrechen mit Ansage: „In unserem Land wird das Ende des Krieges mit Blut geschrieben werden“, betont Beneš bereits am 27. Oktober 1943 in einer Rundfunkrede und General Sergej Ingr, Verteidigungsminister der Londoner Exilregierung, wird ein Jahr später im Rundfunk noch deutlicher: „Wenn unser Tag kommt, wird das ganze Volk wieder den alten Hussitenruf anstimmen: Schlagt sie, tötet sie, laßt niemanden am Leben.
Die Vertreibung der Deutschen aus ihren traditionellen Siedlungsgebieten in Böhmen, Mähren und der Slowakei, so die Völkerrechtler Felix Ermacora und Dieter Blumenwitz 1992, erfülle alle Kriterien eines Völkermordes. Aus tschechischer Sicht sind die Morde noch heute eine „gerechte Vergeltung“ und die Taten damit nach dem tschechoslowakischen Straffreiheitsgesetz vom 8. Mai 1946 („Indemnitätsgesetz“) „nicht rechtswidrig“.  Paul Leonhard

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