Der Fuldaer Ernährungspsychologe Christoph Klotter hat eine Verbindung zwischen deutschem Billigfleischkonsum
und germanischen Sitten gezogen. Demnach belege die nationale
Geschichte die stetige Vorliebe für bescheidene Speisen. „In unserer
Tradition hält sich seit 2.000 Jahren die Idee, nur schlichtes Essen sei
gutes Essen“, sagte Klotter am Dienstag der Welt.
Der römische Historiker Tacitus habe der deutschen Eßkultur etwa 50
nach Christus eine besondere Schlichtheit attestiert. Das einzige, das
die Germanen gerne zu sich genommen hätten, sei Bier. Die Traditionen
der Vergangenheit seien identitätsstiftend, merkte Klotter an.
Der deutsche Hang zu schlichten Speisen werde auch in Goethes Werk
„Die Leiden des jungen Werther“ als Seitenhieb gegen das kulinarische
Frankreich thematisiert. „Deutsch ist, wenn man eine Brotzeit zu sich
nimmt und nicht, wie in Italien, Frankreich oder Spanien, mit Freunden
oder Verwandten, Familie über Stunden zusammen ißt“, führte der
Ernährungswissenschaftler aus.
Kulturelle Unterschiede würden auch in weiteren Gepflogenheiten
deutlich, zum Beispiel die Bereitschaft, sich die Mahlzeit etwas mehr
kosten zu lassen. Während Franzosen bis zu 30 Prozent ihres Gehalts in
Nahrung investierten, würden Deutsche nur 13 Prozent für Speisen
ausgeben. Die Vorliebe für günstiges Fleisch sei dabei keine Frage der
finanziellen Möglichkeiten, denn auch Besserverdiener griffen zu
günstigen Produkten. Zudem ernährten sich Deutsche unter Europäern mit
am fleischreichsten.
Jedoch verändere sich langsam auch das Bewusstsein für den Wert von
Lebensmitteln. „Wir befinden uns in einer stillen Revolution“,
erläuterte der Professor für Gesundheitspsychologie an der Hochschule
Fulda. Während 2018 noch ein Drittel aller Männer angab, den täglichen
Fleischkonsum für unverzichtbar zu halten, stimmten dem nun nur noch 25
Prozent zu.
Fleisch sei eine Speise mit viel Symbolgehalt, besonders unter
Männern. Wer das Produkt esse, „überlebt, ist wohlhabend, hat Macht“,
legte er dar. Dementsprechend sei der beharrliche Konsument „überspitzt
formuliert, der männliche Proll“.
Frauen hingegen ernährten sich immer öfter fleischfrei. Vegetarier
und Veganer seien zu 80 Prozent jung, weiblich und gebildet*. Das hätten
die Lebensmittelbranchen längst bemerkt und ihr Angebot zunehmend auf
„Nachhaltigkeit“ ausgerichtet. Auch Skandale um Gammelfleisch oder
Schlachthöfe würden sie in ihrer Agenda weiter bestärken, da Kunden
ihren Konsum stärker hinterfragten. Deshalb sei er sich sicher, daß
Betriebe wie Tönnies bald der Vergangenheit angehörten. JF
Und obwohl sie gebildet sind, finden sie nicht heraus, wie man sich vernünftig ernährt (obwohl es so einfach wäre: Nahrung muss so abwechslungsreich wie möglich sein und fleischarm, wie in Italien und Griechenland in den 50-er Jahren). Und gut zu kochen, lernen sie schon gar nicht. Bildung im Dienst der Verblödung. Fazit: Ignoranz ist meist nicht das Fehlen von Wissen, sondern eine erdrückende Anhäufung von Falschinformationen.
Die deutsche Esskultur, besonders die spezifisch deutsche, für die Alexander Wendt hier Partei ergreift, wird durch das, was Klotter als Bildung empfindet nicht besser, sondern noch schlechter.
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