Den Knall der schallenden Ohrfeige für Bundesinnenminister Horst Seehofer und seinen Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang dürfte man bis ins Kanzleramt von Frau Merkel gehört haben. In einer Eilentscheidung verdonnerte das Verwaltungsgericht Köln die Schlapphüte, die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall bis auf weiteres sofort zu stoppen.
Wer das ganze Urteil liest, hört es noch einige weitere Male klatschen. Die Richter sind erkennbar empört darüber, daß sich der Inlandsgeheimdienst nicht an vereinbarte Regeln hält und den Verwaltungsgerichten im Rahmen der schwebenden Verfahren gegebene „Stillhaltezusagen“ gebrochen hat.
Das Gericht wirft Haldenwangs Behörde vor, durch das „Durchstechen“ von vertraulichen Informationen an die Medien „die Entscheidungskompetenz“ der Gerichte in „mißachtender Weise“ beschädigt zu haben, so daß die „Vertrauensgrundlage … nunmehr zerstört“ sei. Vernichtender kann eine Wertung der empörenden Praxis von Seehofers „nachgeordneter Behörde“ (Seehofer über das BfV) kaum ausfallen.
Eine Woche vor Landtagswahlen in zwei großen Flächenstaaten (Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) und ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl die größte Oppositionspartei des Bundestages als angebliche Verfassungsfeinde derartig öffentlich an den Pranger zu stellen ist nichts weniger als ein Anschlag auf die Demokratie.
Die Verwaltungsrichter hauen dem Minister und seinem Behördenleiter nämlich um die Ohren, daß sie durch die Verkündung der Beobachtung als „Verdachtsfall“ und die vorsätzlich provozierte „bundesweite Medienberichterstattung“ in die nach Artikel 21 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich geschützte „Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen“ hätten. Mit anderen Worten: Der Verfassungsschutz hat verfassungswidrig gehandelt.
Haldenwang und Seehofer müßten wegen dieser Verfassungsschutzaffäre sofort ihren Hut nehmen. Sie mißbrauchen ihre zu strenger politischer Neutralität verpflichteten Ämter und Behörden dazu, zum Nachteil eines politischen Konkurrenten in den demokratischen Wettbewerb diskriminierend einzugreifen. Sie beschädigen die Chancen einer demokratischen oppositionellen Kraft massiv, nötigen mit der Verfassungsschutzkeule Beamte zum Rückzug aus der AfD und treiben die Partei systematisch in eine gesellschaftliche Isolation.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln zeigt erfreulich klar: Der Rechtsstaat funktioniert eben doch in Deutschland. Dies ist nicht nur eine Lehrstunde für Innenminister sondern auch für diejenigen innerhalb der AfD, die es in den letzten Monaten bereits als sinnlos erklärt haben, sich überhaupt noch juristisch gegen den Verfassungsschutz zu wehren. Hier zeigt sich, daß sich eine kompetente, konzertierte, ernsthafte juristische Gegenwehr sehr wohl auszahlt.
Und die eigentliche Arbeit steht erst für die AfD noch bevor: Die Innenministerien werden nicht locker lassen, die Ächtung der AfD mit allen Mitteln weiter voranzutreiben. Das 1.100 Seiten umfassende Gutachten, das mutmaßlich bereits druckfrisch von Haldenwangs Behörde an bevorzugte Medien durchgereicht wurde, dürfte den Juristen der AfD im noch anstehenden Hauptsacheverfahren noch eine Menge Arbeit machen. Das ganze Verfahren ist eine ungeheure Materialschlacht, die einen langen Atem erfordert.
Und es ist für die AfD die über ihre Zukunft entscheidende Frage, wer in ihren eigenen Reihen dazu beiträgt, daß sie sich nicht nur juristisch, sondern vor allem politisch als strikte Rechtsstaatspartei überzeugend durchsetzt und diejenigen endlich diszipliniert, die durch wiederkehrende Provokationen und Grenzverletzungen die Partei immer wieder mutwillig beschädigen und erst die Anhaltspunkte liefern, auf die sich der Verfassungsschutz bei seinen Verdächtigungen stützen kann. Dieter Stein
Aber die Niedertracht wächst bei diesem Menschenschlag nach jeder noch so gerechtfertigten Zurechtweisung ins Exponentielle. Die Methode Relotius hat Schule gemacht! Seit Chemnitz auch bei Ämtern und Behörden. Bei den anderen Medien sowieso:
Gestern hat die Tagesschau in ihrer Hauptsendung tatsächlich versucht, dem Publikum zu suggerieren, die AfD könne ihre Einstufung als „Verdachtsfall” durch den Verfassungsschutz selber an die Medien durchgestochen haben (hier ab 7,24), nachdem das Kölner Verwaltungsgericht der Haldenwang-Combo beides, das Einstufen und das Verlautbaren, fürs erste verboten hatte.
„Dass das Gericht nur einer Seite, nämlich dem Verfassungsschutz, die Schuld daran gibt”, wenn „solche brisanten Informationen” an die Öffentlichkeit gelangen, „überrascht” den Kommentator (ab 9,17).
Die AfD kämpft seit Monaten dagegen, dass der Verfassungsschutz sie auftragsgemäß als „Verdachtsfall” behandelt und dies genüsslich öffentlich macht, weil ein Rufmord anders ja nicht seine Wirkung zu entfalten vermag – strenggenommen geht es ausschließlich um diese Wirkung, die Überwachung selber ist völlig überflüssig –, und nun unterstellt die ARD-Hauptnachrichtensendung, die Schwefelpartei könne den Medien die Information gesteckt, sich also selber mit Unflat beschmiert haben. Zu welchem Zweck? Nu, was fragen Sie? Natürlich um die politische Konkurrenz zum erwartbaren Frohlocken anzustacheln und dann, im unerschütterlichen Vertrauen auf die Unbestechlichkeit deutscher Richter, beide Fraktionen, Blockparteien und Schlapphüte, öffentlich zu diskreditieren. Sind schon raffinierte Hunde, diese Rechtspopulisten!
Tags darauf ist man an der Relotiusspitze dank der AfD bestens im Bilde darüber, was der VS zur feindlich-negativen Haltung der Schwefelbrüder gegenüber der Regierung und der sie stützenden Allparteienkoalition ermittelt hat. Etwa dies:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.