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Montag, 3. Juni 2024

Herz ist Trump

 

Kein Verbrechen, keine gerichtliche Zuständigkeit, kein rechtsstaatliches Verfahren, ein umstrittener Richter, ein Soros-Staatsanwalt und eine Jury aus Manhattan – so fasste der amerikanische politische Analyst Mark Levin nach Bekanntgabe des Juryurteils den Schweigegeldprozess gegen Donald Trump zusammen. Wie ausnahmslos alle konservativen Kommentatoren bezeichnete auch Levin das Verfahren als Schauprozess. Und in der Tat wartete die Staatsanwaltschaft in ihrer Gemeinschaftsproduktion mit Richter Juan Merchan mit allen nur denkbaren Showelementen auf, um von dem riesigen Elefanten im Raum abzulenken: dem fehlenden Verbrechen. Schließlich lag die Crux der Anklage darin, dass diese auf dem Vorwurf basierte, Trump habe seine Geschäftsunterlagen gefälscht, indem er das Schweigegeld für Pornosternchen Stormy Daniels falsch verbucht habe. Dieses Vergehen wäre jedoch längst verjährt gewesen, selbst wenn Trump es denn tatsächlich und nachweislich eigenhändig begangen oder zumindest angeordnet hätte. Um ein von der Verjährungsfrist nicht betroffenes Kapitalverbrechen aus dem Hut zu zaubern, bediente sich die Staatsanwaltschaft daher eines Kunstgriffs. Neben den rosa Elefanten wurde die fantasierte Theorie in den Raum gestellt, Trump habe mit dem Fälschen der Bücher ein juristisch schwerwiegenderes Verbrechen vertuschen wollen. Worum es sich dabei handelte? Das ist ein Rätsel, welches auch von den renommiertesten Juristen bislang nicht gelöst werden konnte.

Allerdings wurden den Geschworenen während der Verhandlung immer wieder die vorgeblich längst bewiesenen „Fakten“ eingeflüstert, Trump habe die Präsidentschaftswahlen 2016 manipuliert und dabei das Bundeswahlfinanzierungsgesetz gebrochen. Dass die Staatsanwaltschaft die Belastbarkeit ihrer Behauptungen durchaus korrekt einzuschätzen wusste, ist schon daran abzulesen, dass diese in die Klageschrift keinen Eingang gefunden haben. Was ein durchaus vernünftiger Schachzug gewesen ist von Bezirksstaatsanwalt Alwyn Bragg, der mit Geldern von George Soros ins Amt gehievt wurde. Immerhin hatte die Bundeswahlkommission entsprechende Vorwürfe bereits 2022 zurückgewiesen. Und noch schwerer wäre Bragg wohl der Nachweis gefallen, dass eine im Jahr 2018 geflossene Summe die Wahl von 2016 beeinflusst hat. Um nun jeden möglichen Zweifel an dem staatsanwaltschaftlichen Schattenspiel im Keim zu ersticken, wurde der Jury allerlei billige Unterhaltung geboten. So ließ der Richter etwa Stormy Daniels ihre Erzählung über das angeblich vor zwanzig Jahren erlebte Sexabenteuer mit Donald Trump detailreich vortragen. Zu offenbaren, dass Daniels in der Vergangenheit offiziell erklärt hat, es habe eine solche Affäre nie gegeben, hätte den voyeuristischen Spaß wohl nur getrübt. Ebenso wie die Erwähnung der 670.000 US-Dollar, die sie Trump aus einem diesbezüglich verlorenen Verfahren noch immer schuldet.

Die Glaubwürdigkeit des zweiten Hauptbelastungszeugen der Anklage konnte indes auch der Bragg stets bereitwillig assistierende Richter nicht retten. Während der Befragungen wurde der ehemalige Anwalt und wegen Meineids und Betruges vorbestrafte frühere Gefängnisinsasse Michael Cohen nicht nur erneuter Falschaussagen überführt. Er musste zudem einräumen, der Trump-Organisation mehrere Zehntausend US-Dollar gestohlen zu haben. Und dennoch – Donald Trump wurde in allen 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen. Gelungen ist dies durch das Suggerieren eines Verbrechens, das nie zur Anklage gebracht wurde, sowie durch einen zusätzlichen Kniff des Richters: In einem beispiellosen Schritt verkündete Merchan der Jury, sie müsse sich lediglich in dem suggerierten Verbrechen einig sein. Bei den rechtswidrigen Mitteln, die zur Verschleierung dieses kapitalen Phantoms eingesetzt wurden, sei jedoch keine Einstimmigkeit erforderlich. Hier genüge es, wenn sich jeder Geschworene für ein von ihm favorisiertes Verbrechen aus dem Pool der Anklagepunkte entscheide. 

Die Verkündung des Strafmaßes ist für den 11. Juli geplant, nur vier Tage vor dem Nominierungsparteitag der Republikaner. Angesichts des bisherigen Vorgehens von Richter Merchan ist keineswegs auszuschließen, dass Donald Trump diesen Tag bereits in einer Zelle verbringt. Derweil haben demokratische Kongressabgeordnete im April eine Gesetzesvorlage eingebracht, nach der Schwerbrechern bei einer Gefängnisstrafe der Schutz des Secret Service entzogen werden soll. Selbstverständlich nur ein weiterer erstaunlicher Zufall. Donald Trump geht jedenfalls als erster wegen einer schweren Straftat verurteilter US-Präsident in die Geschichte ein. Doch womöglich werden künftige Geschichtsbücher auch von einem republikanischen Tsunami am 5. November 2024 berichten. Denn alles deutet darauf hin, dass der inszenierte Prozess wie ein Bumerang in die legendär schlecht laufende Wahlkampagne der US-Demokraten einschlagen wird. Die Online-Spendenplattform der Republikaner brach unmittelbar nach der Urteilsverkündung aufgrund eines Massenansturmes zusammen. Das Netz wird von Aufrufen insbesondere aus der Black Community förmlich überschwemmt. „The more you indict, the more we unite“ heißt es in den Videos der Trump-Unterstützer. Je mehr Anklagen ihr bringt, desto mehr vereinen wir uns. Versprechen und Kampfansage zugleich.  Ines Taraschonnek

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