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Sonntag, 17. März 2019

Bischof Dröge ist jetzt Stasi-Blockwart

Lutherisches Christentum beruht auf der Freiheit eines Christenmenschen, auf der Gewissensfreiheit, auf der Zwei-Reiche-Lehre, auf der demokratische Struktur der Kirche, die nicht vom Apparat, sondern von den Gemeinden her aufgebaut ist. Grundlegend für den Glauben ist das Evangelium. Im Johannesevangelium stellt Christus klar. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36). Nicht weniger eindeutig lautet die Regel: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21). Natürlich muss Kirche in dieser Welt wirken, doch vor allem mit der Perspektive auf das „Reich … nicht von dieser Welt“.

All dem erteilt die EKBO und ihr Bischof Markus Dröge eine Absage mit der Handreichung zur Wahl der Gemeindeältesten und erklärt die Kirche Christi de facto zum politischen Verein mit quasi religiöser Rhetorik, wenn in der Handreichung dazu aufgerufen wird, die politische Gesinnung der Kandidaten für die Wahl der Gemeindeältesten zu überprüfen. Die Sprache der Handreichung erinnert an finstere Zeiten, wenn sich die Handreichung bspw. Gedanken um „Probleme mit der Nachweisbarkeit und Dokumentierbarkeit“ macht und dazu auffordert: „Alle Umstände, die für und gegen die Befähigung sprechen könnten, sind gut zu dokumentieren.“ Der Konjunktiv von „können“ öffnet den Raum bis hin zur Bespitzelung, weil er insinuiert, auch den kleinsten und nebensächlichsten Aktivitäten des Kandidaten nachzugehen, denn es „könnte“ ja alles wichtig sein. So wird der Kandidat zur Wahl zum Gemeindeältesten zur Zielperson innerkirchlicher Ausspähung.
Angeregt wird eine „Einzelfallprüfung“. In Zweifelsfällen an der politischen Rechtgläubigkeit der Kandidaten soll der Pfarrer Heinz-Joachim Lehmann von der dubiosen Studienstelle für „Demokratische Kultur und Kirche im ländlichen Raum“ der Evangelischen Akademie zu Berlin, die m.E. kaum noch als evangelisch, noch als Akademie anzusehen ist, eingeschaltet werden: „Der Beauftragte prüft die Angelegenheit.“ Mit welchem Recht prüft ein Pfarrer Lehmann die Befähigung der Kandidaten zur Arbeit als Gemeindeältester? Erfolgt die Prüfung nicht durch jeden Christen der Gemeinde und durch den Akt der Wahl?
Weder besitzt die EKBO das Recht, einen Pfarrer zur Überprüfung der politischen Ansichten eines Christen einzusetzen, noch hat der „Beauftragte“ die Legitimation diesem „Auftrag“ nachzukommen. Schon Martin Luther warnte: „Weder der Papst noch ein Bischof noch sonst irgendwer hat das Recht, über einen Christenmenschen auch nur eine einzige Silbe zu erlassen, außer mit dessen Zustimmung.“
Für ein Amt in der Gemeinde befähigen allein der christlichen Glauben und das Vertrauen der Gemeinde. Die Gemeinde besitzt das Recht, ihre Ältesten frei und ohne Überprüfung und ohne Repressalien zu wählen.

Liest man die Handreichung, so stellt sich die Frage, ob die EKBO die Gemeinden entmachten und die innerkirchliche Demokratie einschränken will? Es stellt sich weiterhin die Frage: Welch hohes Maß an Misstrauen bringt eigentlich Bischof Dröge, bringt die EKBO den Christen in den Gemeinden, denjenigen, die doch eigentlich ihre christlichen Brüder sein sollten, mit dieser Händebindung entgegen? Was berechtigt denn die Funktionäre des Kirchenapparates eine so geringe, eine so herablassende Meinung von ihren christlichen Brüdern, die im täglichen Leben stehen, über Erfahrungen verfügen, ihren Alltag meistern und ihrer teils hohen Verantwortung gerecht werden, zu hegen, als bedürften sie der Anleitung, wen sie als Gemeindeälteste zu wählen haben. Als hätte Martin Luther Markus Dröge und seinen Apparat vorausgesehen, schrieb er: „Das wollen wir so klar machen, dass man’s mit Händen greifen solle, auf dass unsere Junker, die Fürsten und Bischöfe sehen, was sie für Narren sind, wenn sie die Menschen mit ihren Gesetzen und Geboten zwingen wollen, so oder so zu glauben.“
Jeder Christ kennt seine Verantwortung vor Gott. Er wird gemäß dieser Verantwortung, diejenigen zu Gemeindeältesten wählen, die er aus eigener Anschauung, aus Lebenserfahrung, aus seinem Glauben heraus für befähigt hält. Und er kennt diejenigen, die sich zur Wahl stellen besser als ein Bischof Dröge oder ein Inquisitionsbeauftragter, der die politische Gesinnung kontrollieren will.
Es ist schon ein Elend und sagt viel über die Zustände in unserer Kirche aus, dass wieder daran erinnert werden muss, dass es in der Kirche nicht um die Gesinnung, sondern um den Glauben geht. Es wäre vermutlich hilfreich, wenn man im Apparat der Kirche mal wieder die Schriften Martin Luthers zur Hand nehmen würde, denn man könnte sich mit ihm daran erinnern, was die Kirche ausmacht: „So ist die ganze christliche Kirche heilig, nicht in sich selbst, noch durch ihr eigen Werk, sondern in Christus und durch Christus.“
Selbst, wenn man sich auf die Argumentation einlässt, was obsolet ist, weil sie nicht christlich ist, erstaunt es schon, dass man sich auf die Extremismusklausel beruft, gleichzeitig sie einseitig auslegt, indem man den Blick auf den Linksextremismus verweigert.
Liest man diese Handreichung des Misstrauens stellt sich die Frage, ob die Kirchenleitung sich eine lebendige Kirche oder eine ideologische Klippschule wünscht? Letzteres würde der Kirche großen Schaden zufügen, wofür allein die Kirchenleitung verantwortlich wäre: „Denn wie streng sie gebieten und wie sehr sie loben, so können sie die Leute nicht weiter nötigen, als dass sie ihnen mit dem Mund und mit der Hand folgen; das Herz können sie ja nicht zwingen, und wenn sie sich zerreißen sollten.“
Wenn die Leitung der EKBO auf dem verderblichen Weg des Ersetzens des Glaubens durch Gesinnung weiter fortschreitet, weiter in der Art der Schismatiker die Kirche spaltet, so werden die Folgen auf sie zurückfallen. Noch ist es Zeit, umzukehren, aber auch diese Zeit vergeht. Weder Martin Luther, noch Dietrich Bonhoeffer, auf den man sich so gern und so fälschlich beruft, stehen hierin auf Seiten der Kirchenleitung – und das Evangelium auch nicht.    Klaus-Rüdiger Mai


Herr, vergib diesen Widerlingen, sie wissen ja gar nicht, was sie tun. Wir sind kein freimütiges Volk. Jetzt muss man in 100 Jahren zum 4. Mal in Deutschland einen Karriereknick fürchten, wenn man aufrichtig ist. 1. bei den Nazis, 2. in der DDR, 3. während der Berufsverbotshysterie in den 70-ern, als - statt es Kollegen und Elternvorständen zu überlassen, wie in Dänemark - die Gesinnungsüberwachung unbedingt verrechtlicht und verstaatlicht werden musste und 4. jetzt im Fadenkreuz der Antifa. Und 5. während der Weimarer Republik, als die Lager in Straßenkämpfen aufeinander losgingen. Das Lied "Die Gedanken sind frei" entstand Ende des 18. Jahrhunderts.

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