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Montag, 18. März 2019

FAZ droht mit Ächtung

Nach dem Massaker von Christchurch in Neuseeland beginnt im fernen Deutschland die Maschinerie der Schuldzuweisungen zu arbeiten. Es geht darum, aus dem feigen Anschlag eines uns allen unbekannten, tausende Kilometer fernen, bisher gleichgültigen Menschen eine Affäre zu machen, die „uns alle betrifft“.
„Die Tat von Christchurch“, schreibt etwa Andreas Ross in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, „ist kein Verbrechen in einem fernen Land, das nichts mit uns zu tun hat: In allen westlichen Gesellschaften gedeiht die Islamfeindlichkeit. Das hat auch viel mit Stimmungsmache von Politikern zu tun.“ Kurz gesagt: Schuld ist nicht ein einzelner, offenbar psychisch gestörter Mensch, sondern der Westen an sich, seine überall gedeihende „Islamfeindlichkeit“. So weit der übliche masochistische Reflex, den wir zur Genüge kennen. Gefährlicher wird es in einem Land, in dem – wie heute in Deutschland – die politische Denunziation eine neue Blütezeit erlebt. 
Ross beginnt auch gleich Namen zu nennen, die in Zusammenhang mit dem Massaker genannt werden müssen, allen voran natürlich Donald Trump, nicht unbedingt als dafür Verantwortlicher, doch als jemand, der „einen gefährlichen Diskurs legimitiert“, dann folgen weitere, und in Tagen, in denen wieder Schwarze Listen angelegt werden, in denen sich Menschen dafür entschuldigen müssen, weil sie an einer privaten Geburtstagsfeier teilgenommen haben, auf denen auch ein Rechtsradikaler gesehen wurde, in denen das Wort „rechts“ zunehmend inflationär in Gebrauch ist und das Stigmatisieren von Unbotmäßigen, Unkorrekten erneut zu einem verbissenen Gesellschaftsspiel wird, in solchen Tagen ist das Nennen von Namen nicht mehr so harmlos, wie es tut. Und auch nicht mehr so harmlos gemeint.
Trotz der wohltemperierten Sprache, die sich Andreas Ross in der Frankfurter Allgemeinen auferlegt, lässt sich der Eindruck nicht vermeiden: Solche Artikel dienen der Einschüchterung. Man setzt auf die Angst davor, auf die Schwarze Liste zu geraten, für „rechtsradikal“ erklärt zu werden, für „islamophob“ oder „rassistisch“. Solche Zuschreibungen können Folgen haben, spürbare Nachteile in Beruf und Existenz, in unserer gesellschaftlichen Situation und – wie sich neuerdings zeigt – auch in der privaten.
Der Reflex wird durch ständiges Wiederholen andressiert. Ich habe deshalb beschlossen, mich lieber der endgültigen Anschwärzung meines Namens auszusetzen als der unwürdigen Unterwerfung. Auch nach dem Massaker von Christchurch werde ich den Islam kritisieren, denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Dort ein stupider Gewaltakt, wie er dümmer und abstoßender nicht vorstellbar ist, hier eine intellektuelle Auseinandersetzung mit einer Weltanschauung, ihrem Schrifttum, ihrem nach meinem Gefühl vorsintflutlichen Frauenbild, ihrer gefährlichen Verquickung von religiöser Botschaft und Gewalt. Mich damit kritisch und öffentlich auseinanderzusetzen, meine Gedanken darüber zu äußern, ist mein verbrieftes Recht als denkender Mensch in einem westlichen Land, das ich mir von niemandem nehmen lasse, weder von einem Massenmörder in Neuseeland noch von einer deutschen Zeitung.    Chaim Noll

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