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Samstag, 2. März 2019

Fern von Freiheit und Demokratie

Fabelhafte Formulierung von Norbert Bolz: "Darwinismus des Konformismus". Der Medienphilosoph beschreibt die konformitätsförderlichen Mechanismen hinter den Talkshow-Einladungen, um begreiflich zu machen, warum fast nie einer der Teilnehmer (mit Ausnahme der AfD-Tschandalas) den Korridor des Genehmen und Gewünschten verlässt.
Es finden nämlich vorher regelrechte Castings statt, jeder potentielle Gast wird penibel befragt, was er zu dieser oder jener Frage antworten würde (das Thema steht ja vorher fest), was ich bestätigen kann, denn ich wurde einmal selber gecastet (wobei ich einen guten Aufschlag hatte, denn das Fräulein, das mich anrief, stellte sich als "Sowieso sowieso, Hart aber fair" vor, und ich versetzte: "Klonovsky, hart", was ihr ein spontanes Kichern entlockte); es ging damals um "den Islam", und sie befragte mich ausführlichst, aber am Ende machte eine Islamkennerin namens Lisa Fitz statt meiner das Rennen. – Bisweilen bietet der Sendervertreter auch "Deals" an.
Da nahezu jeder, also auch ehrenwerte Professoren wie Bolz aus Eitelkeits- und Popularitätsgründen ins TV wollen, lassen sich viele auf solche "Deals" ein (bzw. äußern schon von Hause aus das Gewünschte). Und diesen Kampf um die limitierten Plätze nennt Bolz trefflich: "Darwinismus des Konformismus" (hier, ab 9,00). Erinnert ein bisserl an die Spiegel online-Kolumnisten, die auch allesamt immer dieselbe Meinung vertreten und sich dann gegenseitig mit immer schrilleren Formulierungen, Invektiven und Forderungen überbieten müssen.


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Der deutsche Außenminister Heiko Maas sitzt wegen eines Defekts an seiner Regierungsmaschine in Mali fest. "In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu Pannen bei der Flugbereitschaft gekommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kam deswegen Ende November zu spät zum G20-Gipfel in Buenos Aires. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) blieb im Januar für längere Zeit in Sambia hängen, musste sogar einen Besuch in Namibia absagen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steckte im November wegen eines Triebwerksdefekts stundenlang in Südafrika fest und wenig später dann noch einmal in Äthiopien."

Ich halte diese Meldungen für symptomatisch. Ich werte sie als Meilensteine bei der Transformation eines Landes der Techniker und Ingenieure in eine von Genderbeauftragten und Politologen geprägte Bananenrepublik. Wenn die Deutschen technisch erst einmal auf einem vergleichbaren Niveau angekommen sind wie es, sagen wir, die grüne Bundestagsfraktion intellektuell vorlebt, wird zusammenwachsen, was zusammengehört (sofern es nicht vorher abgestürzt ist). 

Dazu drei weiterführende Links. "'Ich gebe nur noch gute Noten'. Ist es gerecht, Schülern die Zukunft zu verbauen, weil Lehrer ihnen schlechte Noten geben? Das hat sich eine Lehrerin gefragt – und entschieden: Bei ihr besteht jeder das Abitur" (hier); "Den Begriff 'dividieren' versteht kaum noch ein Schüler" (hier); "Grüne setzen sich mit Forderung durch: Hessische Schulen dürfen künftig auf Noten verzichten" (hier).


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Jordan Petersons Buch "12 Rules For Life" beginnt mit einem inzwischen beinahe klassischen Hummer-Gleichnis, also der Beschreibung des Revierverhaltens der Großkrebse als eine Art Präludium zur Betrachtung des zwar unendlich komplexeren, aber immer noch verwandten menschlichen Territorialverhaltens. Hummer haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach einem eigenen Stück Meeresboden, sie vertreiben alle Artgenossen aus ihrer Nähe, was, wenn zwei das Gleiche tun, zu Auseinandersetzungen verschiedenen Härtegrades führt, an deren Ende es immer einen Sieger und einen Vertriebenen gibt. Die Aggressionslevel stuft Peterson von I bis IV, wobei die Entscheidung über Sieg und Rückzug auf dem ersten Level noch ohne Körperkontakt fällt, während auf dem vierten eine richtige Schlacht stattfindet, bei welcher Gliedmaßen, Augen oder Fühler abgezwickt werden und bleibende Schäden zurückbleiben können. Und dann geschieht das Frappierende:
"In the aftermath of a losing battle, regardless of how aggressively a lobster has behaved, it becomes unwilling to fight further, even against another, previously defeated opponent. ... If a dominant lobster ist badly defeated, its brain basically dissolves. Then it grows a new, subordinate’s brain." Und zwar nicht bei denen, die schon auf dem Level 1 den Rückzug antraten, sondern bei den wirklich schwer Geschlagenen.
Warum musste ich bloß spontan an Deutschland denken...?     MK

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