Aus dem Dienstkalender des damaligen Hamburger Finanzsenators und Scholz-Nachfolgers, Peter Tschentscher (SPD), geht hervor, daß er und Olaf Scholz am 8. November 2016 miteinander telefoniert haben. Einen Tag danach erhielt Tschentscher einen Brief des Bankhauses Warburg.
Das Bankhaus hatte Scholz in Form einer Verteidigungsschrift kontaktiert und um einen Verzicht auf die Steuerrückzahlung gebeten. Diese sei sachlich nicht ausreichend geprüft und würde das Geldhaus in seiner Existenz bedrohen.
Scholz meldete sich am 9. November 2016 telefonisch beim Warburg-Banker Christian Olearius und riet ihm, das Schreiben kommentarlos an Finanzsenator Tschentscher zu schicken (so steht es angeblich im Tagebuch, das Olearius jahrelang akribisch führte. Scholz hatte als Zeuge im Untersuchungsausschuß der Hamburger Bürgerschaft wiederholt ausgesagt, daß er sich an die Gespräche mit Olearius nicht erinnern könne. Der Anruf sei für ihn gleichwohl hoch plausibel).
Am gleichen Tag erhielt Tschentscher das Schreiben und bat um Rücksprache mit seinem Referenten. Zwei Tage nach Eingang ist im Kalender von Finanzsenator Tschentscher ein Termin mit der Amtsleiterin verzeichnet (30 Minuten in Tschentschers Dienstzimmer). Weitere Informationen zum konkreten Gesprächsanlaß, zum Inhalt oder zur Gesprächsdauer sind nicht dokumentiert, so der Sprecher des Finanzsenators. Auch für das Telefonat mit Scholz stünden „Informationen zum konkreten Gesprächsanlaß, zum Inhalt oder zur Gesprächsdauer“ nicht in den Unterlagen. Der Sprecher wiederholte frühere Stellungnahmen, wonach Tschentscher „grundsätzlich in bedeutsamen Fällen über das Vorgehen der Steuerverwaltung informiert“ worden sei. Er habe aber stets „Wert darauf gelegt“, daß die Entscheidungen der Steuerverwaltung „ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten getroffen“ worden seien.
Am 14. November ging die Post an seine Beamten weiter
mit der Bitte um Information zum Sachstand.
Die Amtsleiterin hatte als Zeugin im Untersuchungsausschuß gesagt, sie habe Tschentscher über die Absicht des Finanzamts in Kenntnis gesetzt, die Steuern zurückzufordern. Darüber hinaus habe sie ihn nur kurz darüber informiert, daß eine Sitzung am 17. November stattfinden solle. Ein längeres Gespräch am 11. November im Dienstzimmer des Senators blieb von ihr hingegen unerwähnt.
Die Opposition vermutet, daß es eine politische Einflußnahme auf die Entscheidung der Beamten im Fall Warburg gab. Allerdings haben sämtliche Zeugen aus der Finanzbehörde und dem Finanzamt das bestritten. Linken-Obmann Norbert Hackbusch sagte über die Kalendereinträge: „Die Erinnerungslücken des Herrn Scholz werden immer unglaubwürdiger.“ Bürgermeister Tschentscher soll im nächsten Jahr als Zeuge im Ausschuß aussagen. Auch Scholz wird eventuell erneut befragt.
Mit sogenannten „Cum-Ex“- und „Cum-Cum-Geschäften“ haben sich deutsche Banken jahrelang Steuern aus der Staatskasse zurückerstatten lassen, die sie aber zuvor gar nicht entrichtet hatten. Die Hamburger Morgenpost berichtete, daß es in der Hansestadt ein Dutzend solcher Verdachtsfälle gebe. Ein Betrag von einer halben Milliarde Euro steht demnach im Raum. Die Hamburger Finanzämter prüften aktuell sechs Fälle. Seit dem Jahr 2012 habe die Stadt bereits 321 Millionen Euro aus solchen Geschäften zurückgefordert.
Auch die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt in Hunderten solcher Fälle und hält Tschentscher für „tatsächlich eingebunden“ in die Steuerentscheidung Ende 2016. Gegen die zuständige Finanzbeamtin und den früheren Hamburger SPD-Politiker Johannes Kahrs stehe der Anfangsverdachts der Begünstigung im Raum. JF
Die Leiterin des Finanzamts teilte Tschentscher mit, dass das Amt die Steuern zurückfordern wolle (sagt sie später im Untersuchungsausschuss aus)
8. 11. 2016 Tschentscher und Scholz telefonieren miteinander. Vor oder nach diesem Telefonat schickt die Warburg Bank eine Bitte um Verzicht auf die Steuerrückzahlung an Scholz, zusammen mit einer Verteidigungsschrift.
9. 11. Scholz ruft Olearius an, rät ihm die Verteidigungsschrift kommentarlos an Tschentscher zu schicken. Tschentscher erhält die Schrift.
11. 11. Tschentscher hat 30minütiges Gespräch mit Finanzamtsleiterin (das sie vor dem Untersuchungsausschuss nicht erwähnt)
14.11. Tschentscher schreibt an seine Beamten mit Bitte um Information zum Sachstand.
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