Auch Kanada hat mit der
ökonomisch anfänglich willkommenen Einwanderung gut situierter Chinesen
mittlerweile ähnliche Erfahrungen gemacht*. Zunächst waren es –
besonders an der Westküste – nur Kapitalzuflüsse in Zweitimmobilien, die
Gewinner des chinesischen Wirtschaftsaufschwunges trauten ihrem Staat
dann doch fast alles zu. Ein Wohnsitz im nahen und liberalen Kanada
war ein vergleichsweise gewinnbringender Rettungsanker, eine Möglichkeit
für den Fall, dass es einmal anders kommt als man denkt. Mittlerweile ist die zweite und dritte Generation in Kanada ansässig, mit Pass und allen Rechten. Und es
ist anders herumgekommen, sogar ganz anders: Der chinesische Staat
nimmt über seine Immer-Noch-Bürger zunehmend Einfluss auf die Politik
Kanadas. Unzählige Chinesen (mit kanadischem Pass) sitzen bereits in
den dortigen Parlamenten, Verwaltungen und Gremien. Sie biegen das
liberale Kanada in eine völlig andere Richtung. Irreversibel!
Von
Brecht gibt es das berühmte Gleichnis: „Das große Karthago führte drei
Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es
noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“ Ich
habe zu den beiden vergangenen linken Gesellschaftsexperimenten des 20.
Jahrhunderts schon oft geschrieben. Wir bewegen uns augenfällig gerade
im dritten und es darf bezweifelt werden, dass es dieses Mal der
Stärkung unseres nationalen deutschen Staates dienen wird.
Wer
im Garten des als Deutscher Bundestag genutzten Reichstages nach unten
blickt, entdeckt einen in diesem Sinne geradezu prophetischen
Schriftzug. Er setzt sich nicht nur von dem am klassizistischen Fries
des großen Säulenportals ab, er widersetzt sich geradezu: „Der deutschen Bevölkerung“ steht da und illustriert ungewollt die Warnung von Donald Trump: „We are a nation, not a settlement area!“
Hier wollen ganz gezielt Akteure Hand an die Grundfesten unseres
Staates und damit unseres Landes legen. Subtil aber umso nachhaltiger.
In den USA durfte ich einmal einer besonderen Zeremonie beiwohnen, die mich sehr bewegt hat. Nach Sprachtest und Geschichtsabfrage zur Kulturgeschichte des zukünftigen Heimatlandes wurde den Neubürgern nach Ableistung des Eides
auf die amerikanische Verfassung der begehrte Pass der Vereinigten
Staaten von Amerika übergeben. Eine symbolische Identitätsstiftung von
Staatswegen an die Adresse all derer die meinen, das Bekenntnis zum Grundgesetz allein reiche aus.
Nicht mal die Ableistung des Eides ist hierzulande gewollt – denn es
ist die deutsche Verfassung, es wäre der Schwur auf ein von seinen
Repräsentanten zutiefst ungeliebtes, weil schuldbeladenes Land. Das ist
das Problem!
Zurück
zur Erklärung der AfD: Sie sanktioniert jenseits der eigenen
Programmatik das Faktische. Jetzt und auch zukünftig. Sollte es also
einem zukünftigen Kanzler Robert Habeck (wovon der allmächtige Gott
dieses Land und uns bewahren möge!) einfallen, alle Migranten auf den
griechischen Inseln mit deutschen Pässen auszustatten, müsste auch
unsere Partei in diesen Neubürgern Deutsche sehen, ohne Wenn und Aber.
Eine völlig irre Vorstellung.
Japan
und China entledigen sich der aufgeworfenen Frage übrigens auf ihre
eigene Weise. Es ist fast unmöglich, durch Einwanderung Japaner oder
Chinese zu werden. Während in China immerhin ca. 100 (!!) Einbürgerungen
meist ehrenhalber pro Jahr vergeben werden, ist Japan da noch
restriktiver. Aussage eines hohen japanischen Verfassungsrichters mir gegenüber: „Wir haben schon genug Probleme mit gebürtigen Japanern, warum sollen wir uns weitere durch Einbürgerung dazuholen?“
Es
bleibt also die Aufgabe einer selbstbestimmten Definition zum Thema
Staatsvolk: Zukünftig tragfähig und verfassungskonform, fern jeder
Nationalromantik und nicht als bloße Illustration von
Verfassungspatriotismus. Matthias Moosdorf (gekürzt)
*Wie Frankreich mit der großzügigen Vergabe von Pässen an Zuwanderer und Israel mit Zugeständnissen an Palästinenser.
JF über das Gerichtsurteil am Kölner Verwaltungsgericht
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