Die Geopolitik ist die Fortsetzung des gesunden Menschenverstands mit Fremdwörtern und komplizierten Theorien. Am Ende läuft es immer aufs Hausgemachte hinaus. Jeder Fünftklässler auf dem Pausenplatz weiß: Wenn ich den Bully in der Schule nicht besiegen kann, muss ich ihn einbinden, muss ich versuchen, mit ihm irgendwie auszukommen.

Die Tragik des Ukrainekriegs aus westlicher Sicht ist offenkundig: Die Nato-Staaten konnten Präsident Putin weder abschrecken noch daran hindern, die Grenzen seines Nachbarlandes mit Truppen zu überrennen. Die Bereitschaft, wegen der Ukraine einen Atomkrieg zu entfesseln, ist auf beiden Seiten nicht vorhanden. Zum Glück. Die Streitkräfte der Westallianz bleiben in den Kasernen.

Mit anderen Worten: Die westliche Strategie ist gescheitert. Und eine gescheiterte Strategie sollte man nicht fortsetzen, sondern ändern. Waffenlieferungen und Sanktionen gegen Russland sind eine Verlängerung des Scheiterns und eine Fortsetzung des Leidens und der Zerstörung. Man wird damit die Russen weder schlagen noch vertreiben. Es braucht jetzt einen neuen Plan.

Greifen wir abermals zurück auf die Weisheit des Hausverstands: Wenn Wirtschaftskrieg und abgewirtschaftete Nato-Armeen die Russen nicht daran hindern, die aus ihrer Sicht legitimen Interessen in der Ukraine zu verfolgen, dann müssen wir zurück an den Verhandlungstisch. Es gilt den Frieden, den man militärisch nicht sichern konnte, politisch herbeizuführen.

Dazu erforderlich ist auch eine Abrüstung der Feindbilder. Das ewige Putin-Bashing bringt nichts. Es ist eher Symptom der Schwäche als Ausdruck von Stärke und Selbstbewusstsein. Indem er sich halbherzig in den Krieg einmischt mit einer falschen, untauglichen Strategie, macht sich der Westen zum Komplizen der Zerstörung, die es nun politisch schleunigst zu beenden gilt.   RK