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Montag, 28. März 2022

Rechtsunsicherheit breitet sich weiter aus

Die Welt ist am Überschnappen. Besonders das immer noch und ständig mehr mit der Hitlerkompensation beschäftigte Deutschland läuft wieder mal aus der Spur. Man hat den Eindruck, die Deutschen sind glücklich über diesen Krieg, als einer Gelegenheit, sich endlich einmal für ein erniedrigtes Volk aufopfern zu können, in der irrigen Meinung, dadurch die Auschwitzsünde loswerden zu können; und wenn dabei die Welt zugrunde geht. Und wenn dabei die Welt zugrunde geht. Man kann nur noch hoffen, dass Putin nicht so irrational ist. Aber im Moment sieht es eher aus, als erreiche er das genaue Gegenteil dessen, was er beabsichtigt hatte.

Mein Großvater väterlicherseits sagte immer wieder: "Wie man's macht, macht man's verkehrt". Die Deutschen können einem wirklich leid tun. Man kann ihr Seelenleben auch daran erkennen, wie unterschiedlich die spontanen Reaktionen auf die Flüchtlinge sind, je nach dem, ob sie aus dem Orient kommen (und gar keine richtigen Flüchtlinge sind, sondern zu Glücksrittern mutierte Deserteure, die man in Saudiarabien oder anderen arabischsprachigen Ländern nicht will bzw. die dort nicht hinwollen) oder ob sie nur aus dem Osten kommen (und echte Flüchtlinge, also Frauen und Kinder sind). Den indoeuropäischen, christlichen Familien aus dem Osten, deren Männer nicht desertieren, wird spontan von deutschen Familien (gern auch von kinderlosen Paaren!!) Aufnahme angeboten: Hier ist die spontane Bereitwilligkeit und solidarische Identifikation auch eine Geste der Zärtlichkeit gegenüber der geächteten Erinnerung an die vergessenen Opfer des Zweiten Weltkriegs, nämlich an die durch Flucht und Vertreibung gepeinigten Deutschen, die selbst heute noch verleumdet werden, wenn jemand an die an ihnen begangenen Verbrechen erinnert. Berechtigtes Selbstmitleid, berechtigter Hass gegenüber Stalin und berechtigter Hass auf Putin finden zueinander, und es entsteht endlich wieder einmal ein Hauch von Schicksalsgemeinschaft in Deutschland. Es schweißt zwar nicht zusammen, aber es fühlt sich wenigstens so ähnlich an. Ganz anders war die Reaktion 2015 gegenüber den Orientalen: Es wurden im Überschwang der Gefühle zwar Bürgschaften übernommen, aber als die Bundesbürger merkten (sehr bald), dass ihre Schutzbefohlenen diese Bürgschaften schändlichst und schamlos ausnützten, wollten sie diese Bürgschaften schleunigst wieder loswerden (was die Behörden, das Recht beugend, auch gewährten), während nun, wo es sich um echte Flüchtlinge handelt (die - das ist die Kirsche auf der Torte - Wert darauf legen, nicht als Flüchtlinge gelten zu wollen, sondern sich als "Reisende" bezeichnen; gewissermaßen ein unerfreulicher Eiertanz auf einem Nebenschauplatz) sogar so etwas wie ein entschlossener Wille zu beobachten ist, die impulsive Aufnahmebereitschaft durchzuhalten und persönliche Integrationshilfe gegenüber den "Reisenden" sich zur Lebensaufgabe zu machen, wohin die Reise auch gehen wird. Wohin die Reise auch gehen wird. Wie frau's macht, macht frau's verkehrt.

Dem Himmel sei Dank, dass es Köppel gibt. Ich könnte ihm gar nicht mehr zustimmen, so sehr hat er meine Zustimmung. Sean Penn heizt die moralische Empörungshysterie leider zusätzlich noch an, indem er der Oskarverleihung einen Live-Beitrag Selenskyjs aufzwingen möchte. Man stelle sich vor, es wäre wirklich dazu gekommen, dass Selenskyj Hollywood so geohrfeigt hätte, wie er es zuvor mit Scholz im Bundestag tat. Ob Will Smith dann wohl auch mitgeohrfeigt hätte? Oder hätte es Chris Rock dann so die Sprache verschlagen, dass sein verunglückter Kalauer unterblieben wäre? Ob Sean Penn seine Oskars jetzt wohl tatsächlich einschmelzt? Seine Absicht war die Traumwelt Hollywoods auf den Boden der Realität zu zerren. Aber das Ergebnis wäre nur eine noch abstoßendere Vermischung von Traum und Realität gewesen.

Was soll man hoffen, wenn das Wählerverhalten - in den USA wie in Deutschland - immer irrationaler wird und die Demagogie immer entscheidender? Man kann dann eigentlich nur hoffen, dass die Vernünftigeren auch die besseren Demagogen sein werden. Und dennoch darf nicht vergessen werden: Es gilt, irrsinnige Propaganda zu widerlegen, nicht sie zu verbieten. Und es gilt - wie Dahrendorf schon vor 20 Jahren mahnte - die Demokratie auf ein neues Fundament zu stellen, denn wir befinden uns in einer "postdemokratischen" (Dahrendorf) Situation.

Ich habe Verständnis dafür, dass die Konservativen der Auseinandersetzung mit den 68ern aus dem Weg gingen - in der Überzeugung, dass Gegenargumentation ohnehin vergebliche Mühe gewesen wäre und dass schweigender Einsatz für Sachfragen und wirtschaftliche Belange ausreichen würden, um das ideologische Geschnatter verstummen zu lassen -, aber es war ein schwerwiegender Fehler. Das Versäumnis, das eigene handeln weltanschaulich zu unterfüttern (nur Biedenkopf engagierte sich in dieser Hinsicht), rächt sich jetzt.

Ein zweites Versäumnis betrifft die Frage, welche Gesetze gewährleisten können, dass Informationsflüsse nicht zur Unterminierung oder gar Beseitigung der Demokratie führen. Und die Frage, wie ein Missbrauch des Verfassungsschutzes verhindert werden kann. Mit diesen beiden Bereichen haben sich Konservative nie befasst, weil sie sich schlicht nicht vorstellen konnten, dass nicht sie, sondern ihre Gegner einst die Verfügungsgewalt über Medien, Informationsflüsse  und die Aktivität des Verfassungsschutzes erlangen könnten.  

Der Datenschutz wurde von den Konservativen nie besonders ernst genommen, weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass irgendwann die Ultralinken die Macht übernehmen ("Was ist gegen Kontrolle einzuwenden? Wer sich nichts vorzuwerfen hat, hat auch nichts zu befürchten", argumentierten sie in unermesslicher Einfalt, jedesmal, wenn das Thema Datenschutz auf die Tagesordnung kam, und warnende Skeptiker wurden sofort mit staunender Herablassung brüskiert). Die Linken konnten sich das eigentlich auch nicht vorstellen, und genau deshalb haben sie den Datenschutz (also die Verfügungsgewalt über Daten, Meinungsäußerungen und Informationsflüsse) immer sehr ernst genommen. Seit sie tatsächlich an der Macht sind, werden Verfassungs- und Datenschutz nun zum Regierungsschutz umfunktioniert. Gerade Konservative, die sich nichts vorzuwerfen haben, müssen jetzt mit Vorwürfen rechnen. Spätestens dann, wenn sie sich dagegen positionieren, dass Solschenizyn der Cancel Culture zum Opfer fällt.

 

Maximytschew erklärt Russland. Und auf welcher Rechtsgrundlage plötzlich Enteignungen vorgenommen werden, ist unklar. Russophobe Willkür zertrümmert die Rechtssicherheit.

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