Der Schriftsteller Navid Kermani hat die Ausladung der Kabarettistin Lisa Eckhart vom Literaturfestival Harbour Front in Hamburg kritisiert. Ihr war vorgeworfen worden, in ihren Stücken rassistische und antisemitische Klischees zu verbreiten. In seiner Eröffnungsrede
der Veranstaltung am Mittwochabend wandte sich Kermani an teilnehmende
Schriftsteller-Kollegen, die sich für eine Absage an Eckhart eingesetzt
hatten. „Die Bühne ist ein öffentlicher Raum, und indem eine unabhängige
Jury ihren Roman ausgewählt hat, stand ihr das gleiche Recht zu, diesen
öffentlichen Raum zu betreten, wie Ihnen“, sagte er in seiner Rede, die
die Zeit veröffentlichte.
Eckhart sollte auf dem Literaturfestival aus ihrem neuen Buch „Omama“
lesen, das für den „Klaus-Michael-Kühne-Preis“ als bestes
deutschsprachiges Romandebüt des Jahres nominiert ist. Kermani merkte
an, daß sich die Kritik gegen Eckhart gar nicht auf inhaltliche Aspekte
ihres Buches bezogen hätte, denn das habe bisher niemand als „untragbar
oder menschenfeindlich befunden“.
Vielmehr sei die Kabarettistin selbst verächtlich gemacht und zur
„Unperson“ erklärt worden. Zwei Schriftsteller hätten gegenüber der
Festivalleitung angekündigt, sich nicht mit Eckhart auf die Bühne zu
stellen, dazu aber nie öffentlich Stellung bezogen.
„Vom politischen Unverstand abgesehen – denn bewirkt haben Sie
natürlich das Gegenteil der beabsichtigten Tabuisierung – zeugt es auch
von enormer Selbstgerechtigkeit und Unhöflichkeit, eine Kollegin, die
mißfällt, anonym davonjagen zu lassen“, sagte er an die die beiden
Unbekannten gerichtet. Statt Eckhart beim Festival die Meinung zu sagen,
hätten sie sich „dem Diskurs verweigert“.
Zudem habe die Festivalleitung bei der Ausladung der österreichischen
Unterhaltungskünstlerin angegeben, die Entscheidung aus Sorge vor
gewalttätigen Protesten durch den schwarzen Block getroffen zu haben.
Später habe sich jedoch herausgestellt, daß es solche Drohungen gar
nicht gegeben habe, lediglich einige „Warnungen aus der Nachbarschaft“.
Kermani, dessen Familie iranischer Herkunft ist, machte auf die
mangelnde Meinungsfreiheit in dem Staat aufmerksam. „Ich stamme aus
einem Land, in dem Schriftsteller wegen ihrer Bücher verhaftet,
gefoltert, ermordet oder ins Exil gezwungen werden.“
In Deutschland habe man politische Gegner, aber keine Feinde. „Das
ist eine gewaltige aber unsicher gewordene Errungenschaft“, betonte der
Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels. Feindschaft mache es
unmöglich zu verstehen, warum jemand anders denkt. JF
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