Stationen

Montag, 21. September 2020

Ordo ab chao

Wenn ein gedankliches Gewebe entstehen soll, bedarf es zahlreicher fremder Fäden, und dieser Tage schaut es so aus, daß wir so einiges neu denken müssen. Am 27. Juni war im Kommentarbereich zu lesen:

Was wir brauchen, sind keine Verhaltensregeln für das Führen eines Bürgerkriegs, sondern für das Überleben in einer Diktatur. Diese Diktatur wird sich breiter Zustimmung in der Bevölkerung erfreuen, weil sie sich als einzige Chance offerieren wird, einem Bürgerkrieg zuvorzukommen.

Blickt man phänomenologisch auf das politische Weltgeschehen, so lassen sich mit der Zeit bestimmte übergeordnete Prinzipien daraus ableiten, die stets mit der Macht einzelner über beeinflußbare andere zu tun haben. Die konkreten Phänomene sind dann die Erscheinungsformen des betreffenden geistigen Prinzips. Es ist nicht ganz leicht, allgemein zu definieren, was ein „geistiges Prinzip“ ist. Daher sollen drei solche Prinzipien (die durchaus miteinander zusammenhängen) hier einmal beispielshalber aufgezählt sein:

1. Divide et impera („Teile und herrsche“) ist ein solches. Eine zu besiegende oder zu beherrschende Gruppe (wie z.B. ein Volk) wird in Untergruppen mit einander widerstrebenden Interessen aufgespalten. Dadurch soll erreicht werden, daß die Teilgruppen sich gegeneinander wenden, statt sich als Gruppe vereint gegen den gemeinsamen Feind zu stellen. Historisch gibt es massenhaft Beispiele, die diesem Prinzip folgen.

2. Ein anderes geistiges Prinzip ist der dialektische Dreischritt, den Hegel prominent formulierte, aber nicht erfand: These – Antithese – Synthese. Ein Zustand bringt notwendig sein Gegenteil hervor, und dieser polare Gegensatz wird dann in einer Lösung „aufgehoben“. Auch hier gibt es der historischen Beispiele Legion: jede Familiengründung, jede Revolution, jeder Krieg samt Friedensschluß drückt aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet dieses geistige Prinzip aus.

3. Dasjenige Prinzip, das uns hier interessieren soll, heißt ordo ab chao (= Ordnung aus dem Chaos). Das griechische Wort chaos (=„leerer Raum, das erste Vorhandene“ in der Weltenschöpfung) ist im Lateinischen erst spät gebräuchlich, bedeutet aber auch dort die gestaltlose Urmasse, aus der die Welt durch Sonderung der Elemente geschaffen wurde. Es ist dies (mir ist es egal ob "übrigens" oder " kaum zufällig") der Wahlspruch der Obersten Räte des freimaurerischen Systems des Alten und angenommenen Schottischen Ritus. Ordo ab chao bezeichnet in der Freimaurerei den Schöpfungsakt, der durch den Menschen immer wieder von neuem hervorgerufen werden soll.

Geistige Prinzipien stehen zunächst nicht in der Macht einzelner Menschen. Sie suchen sich gewissermaßen ihren historischen Ausdruck und können dann jeweils im Nachhinein aufgespürt werden: hier an dieser Stelle zu dieser Zeit hat sich dieses oder jenes Prinzip verwirklicht, sodaß sich ein Phänomen mithilfe einer bestimmten Denkfigur erklären läßt.

Nun zurück zum oben zitierten Kommentar. Es möge uns, folgt man dieser Einschätzung, in Zukunft nicht um unsere Position in einem Bürgerkrieg gehen, in welchem „wir“ (als Deutsche, als Patrioten, als Weiße) Partei sein sollen. Der Bürgerkrieg ist nur die Drohung. Es geht vielmehr um die Installation einer weltumspannenden Bürgerkriegsverhinderungsvorrichtung. Und die sollte uns zu denken geben.

Am 3. Juni dieses Jahres lancierte der Vorsitzende des World Economic Forum, Klaus Schwab, das Thema der nächsten Konferenz in Davos im Januar 2021: The Great Reset. Das anderthalbstündige Propaganda-Video, das man auf der Netzpräsenz des WEF anschauen kann, liefert in meinen Augen ein Musterbeispiel dafür, zur Überwindung des Chaos die Schöpfung einer neuen Ordnung zu versprechen.

In den ersten Minuten wird die Richtung unmißverständlich klar: „Our world has changed“ heißt es zu Beginn, als wäre dieser „Wandel“ der Lauf der chaosgebärenden Natur. Auffällig ist, daß bestimmte beklemmende Elemente innerhalb des Chaos (Schutzmasken, Videokonferenzen, Dekontamination, zwei durch eine Glasscheibe getrennte Alte etc.) bereits oktroyierte Ordnungsmaßnahmen darstellen, die aber durch schnelle Schnitte mit Naturkatastrophenbildern vermischt werden. Auf diese Weise wird das Beklemmende der notwendigen Ordnung mit der Chaos-Seite assoziierbar: „fragility“ erscheint als anthropologische Konstante, die eine neue Weltordnung rechtfertigt.

Schwab entwirft in seinem Redebeitrag den folgenden frame: unsere Welt sei durch die „Corona“-Krise sowie durch den „Klimawandel“ an einen Punkt gekommen, wo nicht mehr auf die althergebrachte Weise gewirtschaftet werden könne. Daher müsse die Weltökonomie jetzt auf reset gesetzt werden. So lautet der vom Sprachregime perfekt gewählte Begriff aus der Computersprache. Reset (engl.:„zurücksetzen“) ist ein Anglizismus für einen Vorgang, durch den ein elektronisches System in einen definierten Anfangszustand gebracht wird. Dies ist dann erforderlich, wenn das System nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert und auf die üblichen Eingaben nicht reagiert.

Das WEF, Renaud Camus sprach einmal treffend von der „Davokratie“, hält „COVID-19“ für die Gelegenheit („opportunity“) der Stunde, jetzt eine neue Wirtschaftsordnung zu schaffen. Was kam zuerst, die Henne oder das Ei? UN-Generalsekretär António Guterres sagt im selben Film:

We must build more equal, inclusive and sustainable economies and societies that are more resilient in the face of pandemics, climate change and the many other global changes we face. - Wir müssen Ökonomien und Gesellschaften errichten, die gleicher, einschließender und nachhaltiger sind, diese sind belastbarer angesichts von Pandemien, Klimawandel und all den anderen globalen Veränderungen, die uns bevorstehen.

Es geht um nichts geringeres als den “Great Reset of Capitalism”. Explizit sollen nicht die Lücken des alten Systems gestopft werden (“to fill cracks in the old system”), sondern das System soll – die Computermetapher kaschiert das politische Geschehen – neu “aufgesetzt” werden.

Klaus Schwab sieht darin “one silver lining”, einen verheißungsvollen Silberstreif am Horizont, daß “Corona” gezeigt hätte, wie schnell “wir” zu radical changes to our lifestyles bereit wären. Fast aus dem Stand wären Unternehmen und Individuen von bisher für unerläßlich gehaltenen Gewohnheiten abgekommen, etwa von Flugreisen oder Büroarbeitsplätzen. Der Politikwissenschaftler William S. Engdahl, auf den ich mich hier beziehe, hält dies keineswegs für einen Silberstreif. Ich möchte ergänzen: es handelt sich vielmehr um technologische Disruption, die durch den Nimbus der Verheißung von umfassender Gleichheit (equality), Einbeziehung (inclusion) und Nachhaltigkeit (sustainability) im Handumdrehen nicht nur die Wirtschafts- und Arbeitswelt, sondern auch unsere moralischen Wahrnehmungsorgane überwältigt.

Wenn nun Ordo ab chao auch als aktiver menschlicher Schöpfungsakt begriffen werden kann, ist es möglich, daß sich bestimmte Menschen das geistige Prinzip absichtlich und mißbräuchlich zunutze machen. Das Chaos, zu dessen Überwindung sie antreten, stiften sie selber.

Man kann aus der Geschichte grundlegende Mechanismen deduzieren und ist, hat man einmal einen solchen Mechanismus ermittelt, daraufhin in der Lage, selber Geschichte zu schaffen, um seine Interessen durchzusetzen. Da Menschen Naturkatastrophen (zumindest abgesehen von Geoengineering) nicht direkt hervorrufen können, stiften sie eine Meta-Erzählung: Klimakatastrophe, Pandemie, Weltwirtschaftskrise und Rassenkampf  als gleichzeitig „ausbrechende“ chaotische Zustände, gegenüber denen ihre eigene (weit über eine ökonomische Umprogrammierung hinausgehende) Ordnung dann als Rettung erscheint.

In den 60er Jahren galt es in den USA als ein Ziel „kommunistischer Umtriebe”, zuerst weltweites Chaos zu erzeugen, und dann u.a. die (umgestaltete) UNO als einzige Hoffnung für die Menschheit auszurufen. Es könnte sein, daß der gegenwärtige amerikanische “Bürgerkrieg” genauso wie “Corona” und “Klima” ein Teil des Chaos sind, in welchem die Mohren und ihre weißen Gegner nur ihre Schuldigkeit tun und dann – auf Reset-Knopfdruck – gehen können.

Die dann errichtete Ordnung dürfte der Ordnungsliebe aller Konservativen Hohn sprechen.  Caroline Sommerfeld

Ich zitiere mich selbst: Seit dem "Oxi" der Griechen im Sommer 2015 ist Merkels Prinzip: Vom aktuellen Chaos lenkt man am besten ab, indem man ein noch größeres schafft.

Es wird immer mehr Chaos importiert und indirekt geschaffen, um in der Bevölkerung den Wunsch nach einem Polizeistaat zu wecken. Wenn die Diktatur dann da ist, werden sich die Merkelisten zurücklehnen und sagen: "Ihr habt es so gewollt".

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