Ich stieg im vergangenen Sommer in Oberammergau aus
dem Zug und fand in der ansonsten menschenleeren Bahnhofshalle, die
strenggenommen ein Hüttlein ist, einen Trupp juveniler Schwarzer vor,
vertieft in eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, ins Herumlungern. Gut,
dachte ich, was sollen sie in Deutschland anderes tun? Sie säen nicht,
sie ernten nicht, und das Sozialamt nährt sie doch; die Vöglein wären
töricht, wenn sie davonflögen. Dennoch erregte dieser Anblick meinen
Widerwillen, weniger wegen der ostentativ zelebrierten Tagedieberei,
sondern weil ich diese sonnenbebrillten und mit ihren Händis
hantierenden Mohrenbuben, die ein im Radius von fünf- bis sechstausend
Kilometern allgemein unverständliches Idiom sprachen, als
Empfangskomitee eines pittoresken oberbayrischen Alpenstädtchens denkbar
unpassend fand. Unpassend ist das passende Wort: Es passte nicht
zusammen. Sie passten nicht dorthin. Sie waren groteske Fremdkörper. Der
Adorno-Kalauer, dass kein richtiges Leben im falschen möglich sei,
menetekelte um diese Räbchenschar. Was also, frug ich mich, sollte der
Unsinn, sie hierher umzutopfen?
Später erzählte ich einer
Bekannten (mit Migrationshintergrund) vom Oberammergauer
Begrüßungsausschuss, und sie teilte mein Befremden nicht nur prompt,
sondern schimpfte über eine Kanzlerin, die deutschlandweit die Wegweiser
derart verstellt habe, dass solche Ankünfte daraus resultierten.
Allerdings wollte sie mir nicht folgen, als ich ihr versicherte, dass
ich mich auch an einem kohlpechrabenschwarzen comité d'accueil
mitten in Oberbayern nicht gestoßen haben würde, wenn die Burschen in
Lederhosen dort gesessen und im breitesten Bayrisch miteinander geredet
hätten. Nein, sie sei grundsätzlich dagegen, die Länder mögen doch bitte
bleiben, was, und die Völker, wo sie sind. Aber sie selbst?, fragte
ich. Und mein Großvater? Das gehöre zur normalen innereuropäischen
Arbeitsmigration und sei etwas anderes. Solche Wanderungen hätten immer
zur Anpassung der Ankömmlinge an die Kultur des Aufnahmelandes geführt,
bei leichter Modifikation der Letzeren, es habe sich gewissermaßen die
Würzmischung allmählich verändert. Was derzeit in Westeuropa stattfinde,
sei die dauerhafte Etablierung des Fremden, Fremdkulturellen, religiös
Feindseligen, ohne auch nur das Ziel einer Anpassung an die Sitten der
Einheimischen noch ins Auge zu fassen, perverserweise finanziert von den
Steuern der Autochthonen. Die Geburten gäben eine eindeutige Auskunft
darüber, wohin dieser Prozess führe: Verdrängung und langsame kulturelle
Auslöschung.
Oh, gab ich zurück, kulturell ausgelöscht seien die
meisten Deutschen ohnhin längst, sie möge sich nur die Reden der
Kanzlerette oder die Interviews des Grünen-Chefs anhören, da prange die
Unbildung in aller Unbewusstheit und Schamferne, und überhaupt seien mir
viele Deutsche eben ihrer Unbildung wegen fremd bis zum Ekel. Das
deutsche Bildungs- und Universitätswesen produziere nur noch kulturellen
Tiefstand, öffentliche Debatten hätten sich dem intellektuellen Niveau
polynesischer Totem-Kulte angenähert, was früher Feuilleton war, sei
heute Regierungsbordell, dieser Kampf sei verloren, man müsse sich der
Erhaltung der Zivilisation widmen, mit Verbündeten welcher Herkunft auch
immer.
Ich wollte sodann meine Habitus-Theorie entfalten, welche
auf der Beobachtung fußt, dass es zahlreich Schwarzen- oder
Asiatenkinder gibt, die in Europa geboren und habituell vollkommen
europäisiert sind, die Landessprache im Zungenschlag jener Region
sprechen, aus der sie stammen – als prominente Partes pro Toto
nenne ich gern die Fußballer David Alaba und Manuel Akanji –, aber
Madame mochte nicht mehr zuhören, also wechselten wir das Thema.
Festgehalten
sei gleichwohl: Wenn sie Lederhosen trügen und bayrisch sprächen, wäre
mein Sinn für Harmonie befriedigt. Dasselbe gälte sinngemäß für Paris.
Ich bin kein Rassist, ich bin Kulturchauvinist. Ist aber wahrscheinlich
noch schlimmer. MK
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