"Die Hospitalität Alt-Englands ist tot, und der mag es doppelt bedauern, dem es, gleich mir, in frühern Jahren vergönnt war, diesen liebenswürdigen Zug des englischen Volkscharakters in vollster Blüte kennenzulernen. Im Jahre 44 verbracht' ich einen schönen Mai in diesem Lande. Wie war da alles anders. Mein Fremdenpaß war eine Art passe par tout und jede in schlechtem Englisch geschriebene Zeile ein selbstausgestellter und doch vollgültiger Empfehlungsbrief. Auf der Straße fand ich freundliche Führer, an öffentlichen Orten willfährige Dolmetscher und an der table d'hôte meines Gasthauses Tischgenossen, die mich in ihre Familien einführten und einluden zu Sonntagsbesuchen auf ihre Villen und Landhäuser. Mir war es mitunter als durchlebt ich einen Traum, als sei ich an die Küste einer Zauberinsel geworfen, und wenn ich aus diesem Traum mich selbst erweckte, so beschlich mich ein Mißtrauen gegen solch Übermaß von Freundlichkeit. Es war zuviel, als daß ich nicht hätte nach Motiven voll Selbstsucht suchen sollen.Acht Jahre sind seitdem vergangen und an die Stelle einer Liebenswürdigkeit, die den Argwohn rege machen konnte, ist nun selber der Argwohn getreten. Ein Fremder sein heißt verdächtig sein. Die Flüchtlinge, die das Jahr 49 an diese Küste warf, haben teils mit, teils ohne Schuld den Fremden diskreditiert. Im Gefolge von Patrioten und Ehrenmännern, die dankbar diese Zufluchtsstätte betraten, überflutete allerhand Gesindel die Straßen und Plätze Londons, und an die Stelle herzlichen Willkomms trat alsbald Abneigung und Ekel. Hundertfacher Mißbrauch des Asylrechts rechtfertigte die Kälte und Abgeschlossenheit nur allzu sehr, die englischerseits alsbald zum guten Ton zu gehören begann, und die Dürftigkeit der Erscheinung, die Not, Armut und Abgerissenheit vollendete, was der Undank gegen gebotene Gastfreundschaft zu tun noch übriggelassen hatte."
Wer hat's geschrieben? Dieser für seine Intoleranz berüchtigte Autor.
(Im Jahr 1977 genoss ich im Herbst jedoch immer noch die britische Gastfreundschaft, wie ich sie von Deutschland nicht kannte. Ein Offizier der Royal Airforce nahm mich und meine Freundin für drei Tage bei sich zu Hause auf, während die ander RAF gerade Hans-Martin Schleyer gefangen hielt. Helmut Schmidt schaffte es trotzdem, zwischendurch noch vor dem Londoner Institute for Strategic Studies seine berühmt gewordene Rede zur Notwendigkeit der Pershing II Raketen (als Gegengewicht gegen die SS 20 der Sowjets) zu halten, weshalb wir ihn damals an einem Freitagabend im BBC sahen.)
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