Stationen

Mittwoch, 16. Oktober 2019

Welch ein Segen, dass wir Döpfner haben!

Ein Text schaffte es in der vergangenen Medienwoche vor allen anderen, einen heftigen öffentlichen Streit auszulösen: Der Artikel des Springer-Vorstandschefs und Journalisten Mathias Döpfner zu dem versuchten Attentat auf die Synagoge in Halle (und dem Tod zweier Zufallsopfer). „Nie wieder ‚nie wieder’” hatte Döpfner sein Stück überschrieben, und darin die selektive Wahrnehmung des Antisemitismus in Deutschland in Medien und in der Politik und Bequemformeln wie „Nie wieder“ gegeißelt.
Mit ihrer politischen Korrektheit, das ist die zentrale These des Springer-Chefs, machen sich viele Medien und andere Tonangeber willentlich blind gegenüber einem erheblichen Teil des Judenhasses in Deutschland.
„Ein Zeichen war es vielleicht, dass wenige Tage zuvor, am 4. Oktober in Berlin, ein Syrer die Absperrung einer Synagoge überwindet, ‚Fuck Israel’ und ‚Allahu Akbar’ ruft und daraufhin ein Kampfmesser zieht“, schrieb Döpfner. „Er wird festgenommen und am Tag darauf wieder freigelassen. Neben Hausfriedensbruch bestehe kein weiterer Tatverdacht. Solche Zeichen werden verstanden. Als Einladung. […]
Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness. Möchten sie nicht, dass diese Ruhe gestört wird?“
Döpfner nennt in seinem Text den Auftritt der beiden israelfeindlichen Rapper Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjar am Brandenburger Tor in Berlin, die dazu aufrufen, Tel Aviv und Juden zu „zertreten“ (Beide bekamen übrigens, obwohl ihre Ansichten bekannt sind, problemlos Einreisevisa von der deutschen konsularischen Vertretung in Ramallah). Er hätte auch weitere Fälle nennen können: den eines jüdischen Schülers, der in einer Schule in Berlin-Friedenau so lange von überwiegend muslimischen Mitschülern gemobbt und gedemütigt wurde, bis ihn seine Eltern von der Schule nahmen. Oder den eines amerikanisch-jüdischen Gastprofessors in Bonn, dem ein, wie es dann im Polizeibericht hieß, Deutscher mit palästinensischen Wurzeln tagsüber im Hofgarten die Kippa vom Kopf schlug mit den Worten: „Kein Jude in Deutschland“
Schon damals warf der Herausgeber der Jüdischen Rundschau Rafael Korenzecher der politisch-medialen Elite vor, „mit linksäugiger Erblindung den Feind der Juden gegen jede Evidenz auch heute noch ausschließlich rechts zu suchen“.
Der versuchte Messerangriff auf die Synagoge in der Oranienburger Straße kurz vor dem Attentat in Halle schlug sich übrigens nur als kurze Nachricht in Berliner Zeitungen nieder. Tichys Einblick Online und Publico gehörte zu den wenigen überregionalen Medien, die davon berichteten.
Der Deutsche Journalistenverband überlegte in einem Tweet laut, ob Mathias Döpfner nach seiner „Hasstirade auf Journalisten“ als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) noch „tragbar“ wäre. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Warum sollte ein Journalist mit einem Rest von Selbstwertgefühl noch Mitglied im DJV sein??  In zehn Jahren werden vermutlich nur noch Medien existieren, die es heute schaffen, echte Debatten zu entfachen.

Als Billy Six, Journalist für die Junge Freiheit, im sozialistischen Venezuela wegen seiner Reportertätigkeit vom Geheimdienst verhaftet und inhaftiert wurde, verkündete DJV-Sprecher Hendrik Zörner auf Anfrage fast schon stolz, sein Verband werde „nichts“ für die Freilassung von Six tun. Begründung: Six sei eben „rechts“.
Damit unterschied sich der DJV beispielsweise von Reporter ohne Grenzen – die Organisation forderte unbeschadet aller politischen Differenzen die Freilassung des Journalisten.

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