Ein Solitär ist er zeitlebens gewesen. Die Fähigkeit zu unerschrockenen Alleingängen hat der 75-jährige Kardinal Robert Sarah aus Guinea im Lauf seines Lebens immer wieder unter Beweis gestellt. Als einziges Kind eines zum Christentum bekehrten Ehepaars folgte er dem Ruf zum Priester – eine dem afrikanischen Lebensgefühl schwierig vermittelbare Entscheidung, da seine Eltern die Hoffnung auf Enkel somit begraben mussten. Zur Priesterweihe 1969 trat er als Einziger vor seinen Bischof – alle anderen Kandidaten waren zuvor abgesprungen. 1979 wurde er der weltweit jüngste katholische Erzbischof und bewies im Umgang mit politischen Tyrannen Rückgrat.
Johannes Paul II. und Benedikt XVI. förderten diesen kompromisslosen Hirten. In der Kurie fiel Sarah nicht nur als afrikanische Stimme und traditionsbewusster Liturge auf. Er verkörperte einen selten anzutreffenden Bischofstyp: Neben ausgezeichneter akademischer Bildung brachte der Kardinal auch praktische Erfahrungen als Seelsorger mit. Neben der barocken Fülle manches europäischen Pupurträgers wirkt der asketische und polyglotte Sarah erfrischend anders. Der Präfekt der Gottesdienstkongregation kennt sich in der Welt außerhalb der Universitäten aus und hat jahrelang unter den Armen gewirkt. Diese Erfahrung bewahrt ihn vor der lebensfernen Vorstellung, Liturgien könnten von Lehrstuhlinhabern am grünen Tisch konzipiert werden.
Sarahs klarer Blick auf die nachkonziliare liturgische Krise verband ihn mit dem emeritierten Papst Benedikt und schuf Konfliktpotenzial in der Zusammenarbeit mit Papst Franziskus. Dass der Präfekt die lateinische Tradition ebenso schätzt wie die Volksfrömmigkeit, prädestinierte ihn gewissermaßen zu konkreten Vorschlägen für die von Papst Benedikt empfohlene, aber nur teilweise eingeleitete Reform der Liturgiereform. Im Pontifikat des Jesuitenpapstes zeigte sich allerdings bald überdeutlich, dass dieses Thema auf der Agenda unerwünscht war.
Zudem machte er sich als scharfer Kritiker der säkularisierten
westlichen Gesellschaften einen Namen, manche Spitze wurde als
Papstkritik verstanden. Sarah pflegte Klartext, je länger er in Rom war,
desto deutlicher. Jedes seiner während der Amtszeit als Präfekt
erschienenen Bücher ist eine Philippika gegen die Dekadenz einer
verweltlichten Kirche. Als Leiter der Gottesdienstkongregation konnte er
wenig bewegen. Nun hat der Papst seinen Rücktritt angenommen. Je
stärker die Bruchlinien in der Kirche zutage treten, desto mehr aufmerksame Gläubige dürften Kardinal Sarahs Stimme Gehör schenken. Tagespost
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