Stationen

Samstag, 23. April 2016

Banana-Split

Am Ende soll es an den Kosten gescheitert sein. Das Projekt eines Denkmals der Deutschen Einheit vor dem wiedererstehenden Berliner Schloss wurde, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, zu Grabe getragen. Zu teuer, heißt es.
Schade, wo wir mit dem Denkmal doch wirklich etwas Tolles bekommen hätten. Der Siegerentwurf, spöttisch „Einheitswippe“ genannt, sah von der Seite aus wie eine riesige Schale für einen „Banana-Split“, in der wir hätten herumlaufen können. In der Schale sollte in großen Buchstaben der Schriftzug „Wir sind das Volk – Wir sind ein Volk“ montiert werden. Das wär’s schon gewesen. 

Die Zeitkritiker sagen, dass wir in einer „post-heroischen Epoche“ leben, weshalb es keine Helden oder Heldenposen oder gar Heldendenkmäler mehr geben dürfe. Die Statue eines Mannes und einer Frau, die, am schlimmsten noch mit der schwarz-rot-goldenen Fahne in der Faust, energisch die Mauer durchtrennen – so etwas wäre für uns Jetztmenschen ganz und gar unerträglich.
Zu dem phantastischsten Ereignis in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts und dem erfreulichsten Umbruch in der Welthistorie seit Generationen fällt uns daher nicht mehr ein als „Banana-Split“. Und nun soll es nicht einmal zu der faden Schale reichen.
Auch gut. So müssen sie spätere Generationen, die sich aus unserem Kokon der nationalen Verdruckstheit befreit haben, wenigstens nicht wieder abreißen. Und wir, sollten wir dann noch leben, müssen den Jüngeren nicht die peinliche Frage beantworten, was wir uns „dabei“ eigentlich gedacht hätten.

Wir wollen jetzt aber nicht allzu sarkastisch werden und lieber Gerechtigkeit walten lassen. Was heißt denn hier überhaupt „phantastisches Ereignis“? Das kommt doch wohl sehr auf den Standpunkt an!
Die Tonangeber in Politik, Medien und Kultur waren von den Ereignissen 1989/90 alles andere als begeistert – von wenigen, entsprechend angegifteten Ausnahmen einmal abgesehen. Selbst in der DDR-Bürgerrechtsbewegung träumte man mehrheitlich von einer „anderen DDR“, aber auf keinen Fall von der deutschen Einheit. Diese Tonangeber spielen noch immer die Musik im Land und konnten mit dem Projekt „Einheits- und Freiheitsdenkmal“ verständlicherweise herzlich wenig anfangen. So quälten sie sich seit dem Beginn der Planungen 1998 bis heute mit dem Ding her­um, um schließlich und folgerichtig zu scheitern.
Für sie waren die Ereignisse vor einem Vierteljahrhundert eine einzige Tortur. Montagsdemonstranten und Massen von Übersiedlern trieben die Oberen vor sich her und machten Weltgeschichte, ohne von Ethikkommissionen, Kirchentagspräsidenten oder Politikwissenschaftlern dazu befugt worden zu sein. Entsetzlich!

Die „Eliten“ zogen daher ein Register nach dem anderen, um den unverschämten Lauf der Dinge aufzuhalten. Im Spätsommer 1989 sangen sie noch die alte Leier: Die deutsche Einheit stehe nicht auf der Tagesordnung der Weltpolitik, das Streben danach gefährde den Frieden, ängstige unsere Nachbarn und sei „ewiggestriger“ Nationalismus. Man müsse sich „mit den Realitäten abfinden“.
Als die Mauer den „Realitäten“ auf den Kopf gefallen war, versuchten sie es damit, die Leute lächerlich zu machen, die durch dieses zerbröselnde Monstrum gen Westen strömten. Der damalige Grünen-Politiker und spätere SPD-Innenminister Otto Schily zeigte sich mit einer Banane im TV, sollte heißen: Die blöden Zonis wollen bloß Südfrüchte und D-Mark, Einheit und Freiheit ist denen egal, höhöhö.

Klappte auch nicht, die Sache wurde zunehmend ernst. Die Deutschen stürmten einfach weiter in Richtung Einheit und Freiheit. Freie Deutsche? Ein Albtraum für die Verächter dieses Volkes. Also verlagerten sie sich darauf, jenes Volk, das nun nicht mehr durch Mauer und Spaltung gefesselt sein würde, so fest ans Hakenkreuz zu nageln, dass es sich auch ohne Teilung und Besatzung nie mehr geistig frei würde bewegen können. Seitdem schießen NS-Mahnmale wie Pilze aus dem Boden und überwuchern das ganze Land bis in die letzten Dörfer und Wälder hinein. Und seither überwachen die Kommissare und Spitzel der „Politischen Korrektheit“ jedes unserer Worte und horchen uns auf verdächtige Gedanken ab.
Aus einem solchen Gebräu sollte ein „Einheits- und Freiheitsdenkmal“ erwachsen? Genauso gut hätten sie Claudia Roth damit beauftragen können, ein AfD-Parteiprogramm zu schreiben, und zwar eines, das wirklich nach AfD schmeckt. Das konnte nur als öder Witz enden, und das ist es nun ja auch.

Lachen mögen wir trotzdem nicht. Das liegt nicht daran, dass wir uns wundern müssen, wie wenig das Thema Einheitsdenkmal die Deutschen bewegt hat. In früheren Zeiten oder anderen Nationen hätte so ein Nationaldenkmal als heiß umkämpftes Gesprächsthema vom erlauchten Kabinettstisch bis zur verrauchten Kneipentheke alle Bürger vibrieren lassen. Uns dagegen war das nicht einmal ein Gähnen wert.
Aber das ist es nicht, was uns das Lachen vergällt. Vielmehr haben wir uns an Absurditäten schon derart gewöhnt, dass uns das Absurde wie das (neue) Normale vorkommt.

Blicken wir dafür mal auf Claudia Roths grüne Bewegung. Die propagiert „grüne Energie“, mit der wir die Umwelt und das Klima schützen. Neuerdings aber häufen sich Meldungen, dass „Windbauern“ Seeadler abknallen, weil sie neben deren Nestern Windräder aufstellen wollen. Die Masten müssen einen Mindestabstand zu den Adlerhorsten einhalten, weshalb die Nester immer öfter im Wege sind. Mit anderen Worten: Die geschützten Vögel sind dem „Klimaschutz“ im Wege und müssen die grüne Energiewende mit dem Leben bezahlen.
So absurd geht es weiter: Einst ketteten sich linke Aktivisten an Bäume, um mit aller Macht deren Abholzung zu blockieren. In Hamburg riefen eben jene Aktivisten jetzt zum „Kettensägenmassaker“ (nannten die wirklich so) auf, um einen bewaldeten Platz für ein Asyllager zu roden.
Als angeblich vorderste Vorkämpfer der Frauen-Emanzipation stellen sich die Grünlinken wacker vor eine religiöse Weltanschauung, deren Frauenbild mit „mittelalterlich“ nur sanft umschrieben wäre. Schäumend reagierten sie daher, als aus der AfD die Forderung auftauchte, die Vollverschleierung von Frauen zu verbieten, ebenso wie Minarette und den Muezzin-Ruf in Deutschland.

Darüber waren allerdings auch alle anderen Parteien entsetzt. EU-Parlamentspräsident Martin Schultz von der SPD fand die Forderung nach dem Vollschleierverbot „abstoßend“. Der Vizechef der Christlichen Demokraten, Armin Laschet, sieht nach dem Vorstoß gar den Zeitpunkt gekommen, die staatlichen Organe in Marsch zu setzen: „Der Verfassungsschutz wird dies im Blick haben“, grollt er düster.

Für die muslimischen Fanatiker läuft alles wie geschmiert. Die etablierten Parteien und Medien reagieren mal wieder so, als hätten sie es gar nicht abwarten können, sich für den Islam in die Schlacht zu stützen. „Empörung, Wut und Angst“ („Rheinische Post“) über den AfD-Vorstoß ergossen sich so spontan wie aus einem Staubecken, in dem man sie für den rechten Moment angesammelt hatte.

Dabei wird das Hohelied auf die Toleranz und Friedfertigkeit des Islam in dem Maße höher, wie die Verfolgung von Nichtmuslimen in muslimischen Ländern schärfer und brutaler wird. Da wissen die Krieger des Propheten einmal mehr, was sie zu tun haben: Je härter sie zuschlagen, je dreister sie fordern, desto inniger wollen wir mit ihnen kuscheln. Bis sie mit uns fertig sind.
Apropos Muezzin: Wie oft läuten eigentlich die Kirchenglocken in Saudi-Arabien?   Hans Heckel

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