Staats- und Konzernmedien sind verunsichert: Die platte Empörungs-Rhetorik von einst weicht auffallend bedächtiger Kritik.
„Er
hat es wieder getan“, stöhnt „Focus online“ über das Erscheinen des
nunmehr vierten Buches von Thilo Sarrazin. In „Wunschdenken“ rechnet der
Ex-Politiker und frühere Bundesbanker ebenso gnadenlos wie treffsicher
mit der etablierten Politik ab.
Angela Merkels Asylpolitik verwirft
er als „größte politische Torheit, die ein deutscher Regierungschef
seit dem Zweiten Weltkrieg beging“. Die Kanzlerin habe vielleicht das
Wohl der ganzen Welt im Blick, nicht aber das von Europa und schon gar
nicht das von Deutschland. Diese „utopische Politik“, die ganze Welt
retten zu wollen, gefährde Deutschlands Zukunft stärker, als er es 2010
im Buch „Deutschland schafft sich ab“ für möglich gehalten habe, so
Sarrazin.
In dem neuen Buch hält er der etablierten Politik Versagen
in etlichen Bereichen vor. Neben der Zuwanderung nennt er unter anderem
die Euro-Politik, die Demografie und die Bildung. Dass Politiker so
falsch liegen können, führt er darauf zurück, dass sie eine fatale
„Tendenz zur Fremd- und Selbsttäuschung“ aufwiesen, die in der
„Abschaffung der Wirklichkeit“ gipfele. Zudem seien Unwissenheit,
Überschätzung, kurz-fristiges Denken, Egoismus und Selbstbetrug
„wesentliche Merkmale der Politiker“.
Die meisten neuen Zuwanderer
kämen aus Kulturkreisen mit weit geringerem Bildungsstand, sie würden
Deutschland daher ärmer machen.
Die Reaktionen in den Medien auf das
neue Sarrazin-Buch unterscheiden sich in aufschlussreicher Weise von den
Empörungsstürmen gegen „Deutschland schafft sich ab“. Der Staatssender
„Deutschlandradio“ warnt nun vor der „Dämonisierung“ des Autors
Sarrazin, die „Süddeutsche Zeitung“ attestiert ihm gar „legitime
Positionen“ und eine „Basis, auf der man streiten kann“.
Damit wird
Sarrazin zum Seismografen dafür, wie sich das Meinungsklima in
Deutschland seit 2010 verändert hat. Dieser Wandel rührt aus der
Verunsicherung der mittelinken Tonangeber her.
Just in dem Moment,
als sie vordergründig mehr Macht besitzten als je zuvor, spüren jene
Tonangeber, wie ihre vermeintliche Allmacht zu erodieren beginnt. Der
Aufstieg der AfD oder der Paukenschlag der österreichischen
Präsidentenwahl waren nur jüngste Symptome dafür, dass die
Herausforderung der Etablierten durch neue Kräfte stetig wächst. Auch
auffällige Verschiebungen im Zeitungsmarkt (Kurzformel: „taz“ schrumpft,
PAZ wächst) sprechen eine eindeutige Sprache.
Vor diesem Hintergrund
scheint man zu erkennen, dass das Fuchteln mit Totschlag-Vokabeln aus
der „Antifa“-Kiste nicht mehr fruchtet, und lässt sich notgedrungen auf
die Debatte ein. Das ist ein gutes Zeichen: Es tut sich etwas, in
Deutschland wie in ganz Europa. Sarrazin leistet abermals einen
wichtigen Beitrag. Hans Heckel
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