Selbst treue Anhänger verstehen die CDU-Chefin nicht mehr. Ihr Machtwille um jeden Preis wendet sich plötzlich gegen sie selbst.
Das
Verhalten von Angela Merkel in der Böhmermann-Affäre hat selbst treue,
langjährige Anhänger der CDU-Chefin auf Distanz gehen lassen. Dabei geht
es längst nicht mehr um den vulgären Kabarettisten. In den Augen der
großen Mehrheit der Deutschen hat sich die Kanzlerin zum Handlanger des
türkischen Präsidenten Erdogan gemacht.
Dass sie sich dazu genötigt
sah, illustriert das völlige Scheitern jenes verquasten
EU-Türkei-Abkommens, das auf Merkels Betreiben zustande kam. Was die PAZ
schon im Februar (Folge 8/2016) vorausgesagt hat, ist nun offenkundig
geworden: Merkel befindet sich „in Erdogans Krallen“.
Wie konnte
sich die Kanzlerin nur so verstricken, sie, der selbst die schärfsten
Kritiker einen ausgeprägten Machtinstinkt nie absprechen würden?
Vielleicht liegt gerade hier, in Merkels unbedingtem Willen, um jeden
Preis oben zu bleiben, der Keim ihres Scheiterns.
Die Kanzlerin ist
von einschneidenden Erfahrungen geprägt: Sie ist in der DDR mitgelaufen,
solange das System aufrecht stand. Als sie die SED-Größen hatte stürzen
sehen, schloss sie sich (aber erst im Dezember 1989, als es
ungefährlich war) der Demokratie-Bewegung an. Von dort aus machte sie
Karriere in der CDU. Bei einem anderen Verlauf der Geschichte hätte die
talentierte FDJ-Sekretärin ihren Weg ebenso gut im alten SED-System
gemacht, ohne jemals anzuecken. So hat Merkel gelernt, sich nicht für
ein langfristiges Ziel geradezumachen, sondern von Fall zu Fall, „auf
Sicht“, wie sie es nennt, zu entscheiden, um jeweils geschmeidig die
Richtung wechseln zu können, wenn der Wind dreht.
In der Euro-Krise,
wo Hinausschieben bis heute ihr Rezept ist, oder mit der abrupten
Energie-Wende nach Fukushima ging diese Taktik noch auf. Ihre Wendigkeit
und ihr völliges Desinteresse an den langfristigen Wirkungen ihrer
Politik sicherten Merkel die Macht.
In der Asylfrage funktionierte
das nicht mehr. Wie bei Euro und Energie wollte sie mit „Wir schaffen
das!“ nur beim Wähler punkten. Doch anders als zuvor kamen die Resultate
mit der Massenflucht nun schlagartig.
Auf diese Überraschung
reagierte Merkel mit grotesker Sturheit – und dreister Heuchelei:
Einerseits schwärzte sie die Balkanstaaten für deren Grenzschließung an,
andererseits hat ihr diese Maßnahme vermutlich den Kopf gerettet, weil
sonst der Massenansturm nach Deutschland ungebremst weitergegangen wäre.
Im
Fall Erdogan-Böhmermann hat sich Merkel in ihrem eigenen Gespinst
verfangen. Nun konnte sie die offensichtlichen Widersprüche nicht mehr
mit wohl- wie hohlklingenden Floskeln wegsingen. Stattdessen begegnet
sie hier dem „Fluch der bösen Tat“ ihrer eigenen Politik, und deren
Prinzipienlosigkeit wird für jedermann sichtbar. Hans Heckel am 20. 4. 2016
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