Montag, 18. April 2016
Der halbierte Sanktmartin
Der Schrei der „Willkommensaktivisten“ nach Hilfsbereitschaft ist laut.
Es scheint, als hätte sich niemand dieser leidenschaftlichen
Weltverbesserer einmal die Frage gestellt, warum wir eigentlich in der
Lage sind, Flüchtlingen nicht nur Schutz zu gewähren, sondern sie auch
mit Geld, Sach- und Dienstleistungen zu versorgen. Was hätte Sankt
Martin damals getan, wäre er kein Soldat, sondern selbst nur ein armer
Wandersmann gewesen? Er hätte keinen Mantel getragen und hätte diesen
Mantel auch nicht teilen und weitergeben können. Wer wirklich helfen
will, der muss sich zunächst um sich selbst kümmern. Auf sich selbst zu
achten ist keine Form narzisstischer Eigenliebe, sondern eine nötige
Voraussetzung, um Hilfe leisten zu können. Denn Nächstenliebe ist keine
beliebige Opferbringung, sondern eine bewusste Handlung, die als
allererstes Eigenverantwortung voraussetzt. Philosophin Ayn Rand sagte
dazu: „Der wichtigste Beitrag, den jeder Mensch zur Lösung des
Armenproblems leisten muss, besteht darin, selbst kein Armer zu sein.“.
Wer Reichtum teilen will, muss zunächst welchen besitzen. Zurzeit machen
wir allerdings nichts anderes, als den Reichtum, das Erbe, unserer
Vorfahren auszugeben, also wieder „Dritte“ für uns zahlen zu lassen. Da
wären zum einen unsere direkten Vorfahren, unsere Groß- und
Urgroßeltern, die ihre Kraft und Lebenszeit investiert haben, um uns ein
Leben im materiellen und immateriellen Reichtum zu ermöglichen. Zum
anderen Erfinder und Forscher wie Gutenberg, Einstein oder Röntgen,
Aufklärer wie Kant und Voltaire, Schriftsteller wie Goethe, Rilke,
Schiller und Thomas Mann, die uns ein wertvolles Erbe hinterlassen
haben, das es zu schützen, verteidigen und auszubauen gilt! Es scheint,
als ob viele Menschen heutzutage gar kein Gespür mehr für die
Endlichkeit des Lebens und den ursprünglichen oder immer noch
vorhandenen Lebenskampf des Menschen haben. Das Gefühl für den Urschmerz
und die eigene Sinnsuche gehen verloren, stattdessen verstecken sich
immer mehr hinter ihrem Wohlfühlidealismus und anderen Ersatzreligionen,
die erst der Dekadenz unseres westlichen Lebens entsprungen sind. Marei Bestek am 18. 4. 2016
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