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Freitag, 22. April 2016

Schicksalsjahr 2016



Der ehemalige Kanzler Helmut Kohl (CDU) hat führende Politiker der EU scharf attackiert. Statt Europa mutig voranzubringen, herrsche Kleinmut, Verantwortungslosigkeit und Geschichtsvergessenheit, schreibt Kohl im Sammelband „Europa im Schicksalsjahr“ zur Karlspreisverleihung an Papst Franziskus. „Wir waren bei dem großen Projekt der europäischen Einigung schon einmal sehr viel weiter.“
Während immer neue Krisen und erstarkende Nationalismen Europa vor Zerreißproben stellten, blieben substantielle Fortschritte in grundlegenden Fragen aus, so Kohl. Er kritisiert, dass die transatlantische Partnerschaft Risse bekommen und die EU die Partnerschaft mit Russland vernachlässigt habe.
Mit jeder neuen Herausforderung trete der Mangel an Zusammenhalt und verlässlichem Miteinander in Europa offener zutage, so Kohl. Das gelte für die Euro-Stabilität, für die Griechenland-Rettungspakete oder für den erstarkenden „Rechts- wie Linkspopulismus“ sowie Terrorismus und Flüchtlingskrise. „Das alles steht dafür, dass es in Europa mehr als an allem anderen an europäischem Gemeinsinn und Gemeinschaftsgeist und an einer in diesem Geist entschlossenen Politik fehlt.“
Wenn er und die anderen Verantwortlichen 1989/90 „so zögerlich und verzagt“ reagiert hätten wie manche Politiker heute, hätte es die Wiedervereinigung und den europäischen Einigungsprozess nie gegeben, schreibt Kohl. Unverzichtbar sei eine Rückbesinnung auf gemeinsame Werte und Ziele sowie eine von der „Vision der europäischen Gründerväter“ getragene gemeinsame Kraftanstrengung aller Mitgliedsstaaten. Noch seien die Herausforderungen beherrschbar, das Zeitfenster bleibe aber „womöglich nicht dauerhaft offen“, warnt Kohl. Insofern stehe Europa jetzt an einer Wegscheide. „Nur mit einem geeinten Europa werden wir eine dauerhafte Chance auf Frieden und Freiheit haben.“  FAZ am 22. 4. 2016



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