Liebe Leser,
wir haben Post bekommen, vom Presserat, schon wieder. Das Gremium
entscheidet derzeit über eine Beschwerde wegen eines möglichen Verstoßes
gegen den Pressekodex. Im Dezember hatte die JF über den Fall eines 41
Jahre alten Mannes berichtet, der im schleswig-holsteinischen Kronshagen
seine Frau mit Benzin übergossen und angezündet hatte.
Noch vor der offiziellen Polizeimeldung erfuhr die JF aus gesicherter
Quelle, daß der Täter aus Afrika stammte und schon länger in Deutschland
lebte, was wir auch so schrieben.
Dies rief Dennis R. aus Baden-Württemberg auf den Plan. R., nach
eigenen Angaben „Freier Journalist und PR-Fachkraft“, ist für uns kein
Unbekannter. Rund ein Dutzend Beschwerden über unsere Berichterstattung
reichte er bereits beim Presserat ein.
Mal störte er sich daran,
daß wir erwähnt hatten, daß es sich bei einem mutmaßlichen
Vergewaltiger und Gewalttäter in Wien um einen Asylbewerber handelte,
mal empörte er sich über den Ausdruck „Demokratur“ in der Überschrift
eines Kommentars. Auch daß wir in einem weiteren Kommentar den Begriff
„Schutzsuchende“ in Anführungszeichen gesetzt hatten, hielt der Kollege
R. für beanstandungswürdig.
Nun hatte der Bericht über den Kronshagener Frauenanzünder seinen
Unmut geweckt. Zum Zeitpunkt der Meldung sei noch nicht offiziell
bekannt gewesen, woher der Täter stammte, kritisierte er.
„Lediglich durch Eigenrecherche hat die Redaktion der JUNGEN FREIHEIT
die Herkunft ermitteln können, blieb aber die Antwort schuldig, weshalb
die ethnische Zugehörigkeit des Verdächtigen für das Verständnis der
Kausalzusammenhänge für den Leser von Bedeutung ist.
Die Straftat stellt
nicht zwingend ein Ereignis dar, das für eine bestimmte Tätergruppe
typisch ist. Ähnliche Verbrechen sind auch durch Menschen anderer
Nationalitäten bekannt“, heißt es im Schreiben R.’s an den Presserat.
R. wirft uns in seiner Beschwerde vor, mit der Angabe der ethnischen
Herkunft des Täters ein Sensationsinteresse bedient zu haben. Für die
Motivation der Tat sei die Herkunft des Täters unwesentlich.
Es mag nicht überraschen, daß wir das ein wenig anders sehen. Das
Anzünden von Frauen am hellichten Tag auf offener Straße ist in
Deutschland alles andere als Alltagskriminaliät. Wir werden daher auch
in Zukunft bei ähnlichen Fällen über die Nationalität und Herkunft der
Täter berichten – ganz gleich, ob es sich dabei um Deutsche, Afrikaner,
Inder oder Chinesen handelt.
Wir trauen unseren Lesern zu, ihre eigenen Schlüsse aus solchen
Informationen zu ziehen und lehnen den von Dennis R. angemahnten
Betreuungsjournalismus ab. Wir werden unsere Leser auch weiterhin mit
„Eigenrecherche“ behelligen. Selbst auf die Gefahr hin, daß wir unsere
Leser weiterhin über die Korrespondenz zwischen Dennis R. und dem
Presserat informieren müssen. JF
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