Justizminister Heiko Maas hat mal wieder ganze Arbeit geleistet. Das
heißt bei ihm nichts Gutes. Sein Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG),
gedacht zur Bekämpfung von „Hatespeech“ und „Fake News“, ist tatsächlich
ein „Netzwerkzersetzungsgesetz“. Jedem Despoten würde es zur Ehre
gereichen.
Denn worauf man auch schaut bei diesem Gesetz: Jeder Aspekt ist
Ausdruck einer Gesinnung, die das Recht auf Meinungsfreiheit
geringschätzt, die Verfassung mißachtet, dem Bürger mißtraut. Nicht nur
der öffentliche Diskurs wird dramatisch beschnitten, auch der
Rechtsstaat abgeschafft.
Das Gesetz verpflichtet soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter,
alle „offensichtlich rechtswidrigen“ Inhalte ihrer Nutzer innerhalb von
24 Stunden zu löschen; nicht ganz offensichtliche Fälle sind binnen
sieben Tagen zu prüfen. Wird dann nicht gelöscht, drohen Privatpersonen
Bußen von bis zu fünf Millionen Euro, Unternehmen der zehnfache Betrag.
Wohlgemerkt: Die Pflicht zur Löschung soll bereits dann bestehen,
wenn der Inhalt rechtswidrig ist, nicht unbedingt strafbar. Das ist ein
grundlegender Unterschied. Denn deutsche Strafgesetze verlangen häufig
die vorsätzliche, also schuldhafte Verletzung der Norm; ein bloß
rechtswidriges Verhalten, beispielsweise im guten Glauben, genügt nicht.
Aber bei Heiko Maas soll Rechtswidrigkeit ausreichen.
Hinsichtlich der zu löschenden Inhalte verweist der Entwurf auf das
Strafgesetzbuch – doch in einer Weise, die mehr Fragen aufwirft als
beantwortet. Zu löschen sind beispielsweise Beiträge, die den
öffentlichen Frieden stören (§ 126), den Bundespräsidenten oder
religiöse Bekenntnisse verunglimpfen (§ 90, 166), volksverhetzend sind
(§ 130) oder allgemein den Ehrenschutz tangieren, also beleidigen,
verleumden oder übel nachreden (§ 185–187).
Nicht genannt ist die Verunglimpfung von Regierungsvertretern (§
90b), die wohl erst nach einem Wahlsieg Martin Schulzens in den Katalog
aufgenommen wird. Ebenso ausgenommen von der Löschpflicht ist die
Verbreitung kinderpornographischen Materials nach § 184d Strafgesetzbuch
– aus welchen erratischen oder edathyschen Gründen auch immer.
Seltsamerweise muß ausgerechnet die Verletzung von Privatgeheimnissen (§
203) nicht gelöscht werden.
So fragwürdig der Katalog, so fragwürdig die Fristenregelung. Alle
Paragraphen, auf die das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verweist, enthalten
unbestimmte Rechtsbegriffe. Während Richter oft tagelang über der Frage
brüten, ob Äußerungen als Verleumdung, Volksverhetzung oder Bedrohung
zu werten sind, sollen Privatunternehmen dies innerhalb von 24 Stunden
beantworten. So werden sie schon aus Zeitdruck eher extensiv löschen.
Anderenfalls drohen exzessive Bußen. Während vorsätzliche (!) Verstöße
gegen Gerichtsbeschlüsse üblicherweise mit bis zu 250.000 Euro belegt
sind, soll die fahrlässige Nichtlöschung mit bis zu 50 Millionen Euro
geahndet werden.
Die Höhe der Buße enthüllt den Zweck des Gesetzes. Es geht nicht um
Bestrafung verbotenen Handelns, sondern um Einschüchterung. Wie in China
und anderen staatsterroristischen Ländern wird das Recht mißbraucht, um
Meinung zu lenken, um jeder Opposition mit der Vernichtung ihrer
bürgerlichen Existenz zu drohen. Während gewaltkriminelle Straftäter oft
mit lachhaften Sanktionen davonkommen, will man diejenigen, die sich
beispielsweise über solche Urteile empören, jenseits aller
Verhältnismäßigkeit bestrafen.
Dazu paßt, daß nur gelöscht werden muß. Damit hat es sich. Daß die
Strafverfolgungsbehörden die Fälle übernehmen, ist nicht vorgesehen –
wohl weil sich oft herausstellen würde, daß gar keine Strafbarkeit
vorliegt. Selbst in den Augen von Heiko Maas besteht also aus
strafrechtlicher Sicht kein Handlungsbedarf. Es geht nur darum, die
sozialen Netzwerke und ihre Nutzer gefügig zu machen – und beiden den
kurzen Prozeß, wortwörtlich.
Denn über die Bußgelder sollen die Amtsgerichte entscheiden, ohne
öffentliche Verhandlung, ohne Möglichkeit der Berufung. Angesichts der
Besetzung der unteren Gerichte mit Angehörigen der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen ist so die „Herrschaft
durch Recht“ gesichert – und die Herrschaft des Rechts endgültig
demontiert.
Fast selbstverständlich für ein SPD-Gesetz: Nur deutsche „Haßsprache“
wird sanktioniert, nicht aber gleiche Äußerungen in türkischer oder
arabischer Sprache. Und die Grünen-Politikerin Renate Künast fordert
schon weitere Verschärfungen: Sie will auch den „Graubereich zwischen
grob unhöflichen und strafbaren Äußerungen“ erfassen, um den „sozialen
Frieden“ zu schützen. Unter diesem Vorwand läßt sich dann endgültig jede
Meinung verbieten. Selbst der linksliberale Berliner Tagesspiegel assoziierte den Gesetzentwurf mit der Meinungsdiktatur in George Orwells Roman „1984“.
Daß Heiko Maas die sozialdemokratische Reichsschrifttumskammer in
private Hände legt, hat seine Gründe. Zunächst wird jede Gegenwehr
faktisch unmöglich gemacht. Denn wer streitet schon mit fernen
Unternehmen über irgendwelche Löschungen? Außerdem gilt der unschöne
Vorwurf der Zensur nicht Maas und Merkel, sondern amerikanischen Firmen.
So folgt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz dem Schema anderer
Zensurmaßnahmen: Statt selbst die Meinungsfreiheit einzuschränken,
spannt der Staat private Unternehmungen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung
oder Correctiv.org ein. Grundrechtsschutz und politische Verantwortung
werden dadurch umgangen. Und medial behält er die volle Kontrolle. Denn ARD wie ZDF sind ohnehin in der Hand der Altparteien, und die freie Presse hat sich längst selbst gleichgeschaltet.
Der Fall des FAZ-Mitarbeiters Daniel Deckers, der in der
regierungsnahen Einwanderungskommission von SPD-Staatssekretärin Özoğuz
mitarbeitet, macht das überdeutlich. Nicolaus Fest
Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Jurist(inn)en ist in Deutschland offenbar das, was in Italien Magistratura Democratica ist. Mit dem Unterschied, dass bei Magistratura Democratica die politische Militanz innerhalb der Justiz im Statut festgeschrieben ist und die Mitglieder keine Sozialdemokraten, sondern "Kommunisten mit menschlichem Antlitz" sind, wie sie bereits anlässlich des Russell-Tribunals zur Situation der Menschenrechte in der BRD in Erscheinung traten.
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