Freitag, 3. März 2017
San Vincenzo al Volturno
Anno domini 731 wurde in Süditalien von den Longobarden ein Kloster gegründet. Dieses Kloster wurde zur Keimzelle des von Karl dem Großen gegründeten Europa. San Vincenzo ist sozusagen das longobardissch-fränkische „Pompei“, denn in ganz Europa gibt es keine archäologische Fundstelle, die in so umfangreichem Maße die Geschichte des mittelalterlichen Kaiserreichs (bis 1349), also des ersten Europas wiederspiegelt. Als Rom klein war und Florenz unbedeutend und Venedig und Mailand kaum existierten, war San Vincenzo der Mittelpunkt der Welt.
Es ist eine (für Deutschlands lädiertes Geschichtsbewusstsein und seine verstümmelte Befindlichkeit bezeichnende) Schande, dass es nicht einmal einen deutschen Wikipediaartikel über San Vincenzo gibt. Dafür gibt es aber lächerliche Büsten von Alboin und Theudelinde in der noch lächerlicheren Walhalla, dieser baierischen Ausgeburt des deutschen Indoeuropäismus. Das deutsche Geschichtsbewusstsein ist nicht erst nach 1945 erbärmlich geworden, es war unglücklicherweise schon im 19. Jahrhundert der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Abgesehen von der Wahrnehmung einiger Ausnahmen wie z.B. Kleist, Clausewitz, von Ranke und anderer, deren nüchterner, monarchistischer Patriotismus sie immun gegen den Nationalismus des liberalen Bürgertums und die Geschmacksverirrungen im Kielwasser Ludwigs I. machte. Ja, so unerfreulich verdreht waren bereits der Weg zum Zweiten Reich und seine Anfänge. Nur Idioten können nostalgische Rückblicke ins 19. Jahrhundert völlig unbetrübt genießen, bei aller Fülle, die man im Vergleich zu heute dabei auffinden kann.
Arichis II
Santa Sofia
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