Stationen

Sonntag, 21. Mai 2017

Gnade der frühen Geburt


Die Sonntage immer den Künsten!

Die Gattin gibt ein karitatives Konzert in einem Münchner Altenheim. Das Publikum besteht überwiegend aus Seniorinnen, viele werden im Rollstuhl in den Saal geschoben. Am Ende kommen die Pflegerinnen und bringen ihre Schützlinge zurück in die Zimmer.
"Na, Frau ***, wie hat Ihnen das Konzert gefallen?", erkundigt sich eine Betreuerin.
"Welches Konzert?", fragt die Greisin zurück.


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Leser *** schickt mir als Vorschlag entweder für die "Monatsendfigur" oder zur Bebilderung eines Sonntags dies reizende Foto. Er hat recht, ich sollte mein oft in prognostischer Düsternis schwelgendes Diarium wenigstens optisch öfter aufhellen. Die sogenannten Klassik-Spielstätten werden heutzutage vornehmlich von Senioren bevölkert (wenngleich nur wenige das Privileg genießen, etwa die "Matthäus-Passion" jeden Tag von neuem als Premiere hören zu können), doch auch Anblicke wie dieser kommen vor, wie ich aus eigener Anschauung bestätigen kann. Mit einer solchen Maid vor Augen wächst zudem die Inszenierungskompensationskompetenz des maskulinen Opernhausbesuchers.





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"Es gibt 68 Haydn-Quartette, eines schöner als das andere. Wie kann ein Mensch sich langweilen?"
Jörg Friedrich


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Youtube wird immer mehr zur Schatzhöhle. Freundliche Menschen mit Sammlerinstinkten – der Goethen zugeschriebene Ausspruch, Sammler gehörten zu den glücklichsten Menschen, ist zwar nirgendwo bezeugt, aber er hat es gesagt! – stellen eine Trouvaille nach der anderen online. Man findet inzwischen an klassischen Einspielungen fast alles. Eine der ersten Klassik-Aufnahmen – wenn nicht überhaupt die erste –, die ich zu Ohren bekam, war dieser Grammophonmitschnitt des Tenore assoluto, eine seiner späten Darbietungen und für meine Begriffe die großartigste überhaupt; vor allem die zweite Silbe des "Ombra" nach dem Orchesterzwischenspiel ist ein Ton von so weltumspannender Wärme, wie ihn nie wieder ein Sterblicher gesungen hat.

Eine Anekdote berichtet, dass ein junger Tenor im Hause von Giacomo Puccini in Torre del Lago vorstellig wurde und um die Gelegenheit bat, dem Maestro vorsingen zu dürfen, "Che gelida manina" aus La Bohème. Puccini stimmte zu, setzte sich ans Klavier, der Sänger hub an, der Komponist unterbrach sein Spiel, drehte sich um und fragte: "Wer hat Sie zu mir geschickt? Gott?" (Die Rodolfo-Arie des Gottgesandten gibt es hier; eine Alternativ-Version von Händels Xerxes-Arie hier).

Am Rande sei gefragt, wer die Schelme sein mögen, die dergleichen Wunder mit dem gesenkten Daumen bewerten. Mag sich mal einer bei mir melden?  MK am 21. 5. 2017

Apropos Fremdenfeindlichkeit in Sachsen: Das "dunkelste Bundesland" (stern) wehrt sich vergebens gegen die Buntwerdung, wie die folgenden, höchst unvollständigen, aber die Studie des "Göttinger Instituts für Demokratieforschung" an Repräsentativität wohl noch übertreffenden Meldungen illustrieren.

Eins. "Aggression unter Asylbewerbern steigt dramatisch", meldet Bild unter Berufung auf Zahlen des Innenminsteriums. "Beispiel Syrer: Im Jahr 2013 gab es sachsenweit 23 syrische Täter, die Körperverletzungen begingen. Im vergangenen Jahr waren es 678 Syrer!" In Chemnitz stieg die Zahl der Körperverletzungen in der vergangenen Dekade um fast 50 Prozent. Allerdings belegten die Zahlen, klagt das Blatt, dass Asylbewerber Täter und Opfer würden, also, typisch, die Ausländer gewissermaßen den Skinheads die Arbeit wegnehmen. Aber dass zwischen Tätern und Opfern eine hohe Reziprozität, ja Austauschbarkeit besteht, dass "wir alle" nicht nur Opfer, sondern auch Täter werden können bzw. es sind, steht ja seit Jahren in der wöchentlichen Hamburger Faktensammlung Die Zeit, die speziell im Osten mehr Leser verdiente. "Als Ursachen für die hohe Gewalt unter Flüchtlingen sehen Experten das hohe Frustpotenzial und die Perspektivlosigkeit unter den vielen jungen Männern, die oft räumliche Enge – und Alkoholmissbrauch", meldet wiederum Bild. Deswegen beginnen sie in Hamburg jetzt mit der Beschlagnahmung von privaten Wohnraum (hier), um die vielen jungen Männer (Synonym für Flüchtlinge?) voneinander zu trennen. Dort wird es mit der Perspektive für den durchschnittlichen z.B. syrischen Sekundäranalphabeten zwar auch nicht besser, aber die Palette der Aggressionsmülleimer für die Frustriertesten unter ihnen erweitert sich ins nahezu Abwechslungsreiche.

Zwei. Auf dem Sonnenstein in Pirna ist ein Afghane mit dem Messer auf einen Pirnaer losgegangen. Der Eingeborene hatte den Neumitbürger kulturunsensibel zur Rede gestellt, weil dieser den vierjährigen Stiefsohn des schon länger hier Lebenden berührt haben soll. In seiner Ehre gekränkt, griff der Afghane dorthin, wohin man als echter Kerl eben greift, wenn es um die Ehre geht (mehr hier). Der Sachse konnte die Messerattacke abwehren, der Einwanderer wurde verhaftet, aber rasch wieder auf freien Fuß gesetzt, denn Sachsens Gefängnisse sind mit dem Gold aus den Schiffen ohnehin zunehmend überfordert (hier). Die Polizei ermittelt wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung, bestätigte ein Polizeisprecher. Den Pirnaer wird's erleichtern.

Drei. "Die beiden Männer, die einen 40-Jährigen in Dresden vor einen herannahenden Zug auf die Gleise gestoßen hatten, sind nun doch wegen eines versuchten Tötungsdelikts verhaftet worden. Zunächst hatte die Staatsanwaltschaft ein Tötungsdelikt verneint. Das hatte eine Welle der Empörung ausgelöst. Nun teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit, den 23 und 27 Jahre alten Männern werde laut Haftbefehl versuchter Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Nötigung und gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr vorgeworfen. Sie sollten noch im Laufe des Tages dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Männer hatten den 40-Jährigen auf einem S-Bahnhof im Streit samt Fahrrad auf die Gleise gestoßen und daran gehindert, zurück auf den Bahnsteig zu gelangen. Der Fahrer der herannahenden S-Bahn hatte den Vorfall bemerkt und mit einer Schnellbremsung Schlimmeres verhindert" (hier).
Mal sehen, wie schnell auch diese armen Menschen wieder auf freiem Fuß sind.

Vier. Wo Chemnitz, Dresden und Pirna sich hervortun, will der neue Bundesliga-Vizeprimus Leipzig nicht abseits stehen. (Goethe nannte die Stadt bekanntlich sein "Klein-Paris"; er ahnte gar nicht, wie recht er eines – heute aber noch entzückend fernen – Tages damit haben könnte.) "Eskalation vor Döner-Laden – Menschenmenge geht auf Polizei los" (hier). Immer bilden sich diese mysteriösen "Menschenmengen", wenn ein gruppenbezogener Einzelfall stattfindet! Und endlich auch in Sachsen!

Noch freilich stehen sie im Ei-verbibbsch-Land am Anfang; wie es ausschaut, wenn die Buntheit auf die Zielgerade einbiegt (um mal eine kanzlerinnenamtstaugliche Metapher zu machen) und die Jüngsten erreicht, können sich die Düsterdeutschen hier anschauen.


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Zur Erinnerung an große Zeiten:


 Die Kopie bzw. das Sartyrspiel fand bekanntlich vergangenes Jahr statt: "Künstler und Intellektuelle unterstützen Merkels Flüchtlingspolitik" (hier), wird aber täglich munter fortgesetzt. Überall reckt der subventionierte Opportunismus der Kulturschaffenden, ergriffen von der eigenen Kühnheit, sein meutenfeiges Haupt gegen Staatsfeinde, Boykotthetzer und anderes feindlich-negative Gesindel: "Vorwärts immer, rückwärts nimmer! Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf!"   MK am 20. 5. 2017

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