Die Frage, warum ausgerechnet viele Hollywood-Stars psychische Probleme
haben, beantworten Psychologen gemeinhin mit dem Umkehrschluss, dass
eben oft Menschen mit Verhaltensauffälligkeiten Stars werden. Zu einem
vergleichbaren Resultat gelangt der Militärhistoriker Martin van Creveld
bei der Analyse des Phänomens, dass immer mehr Frauen beim Militär
beschäftigt sind: Nicht deren massenhafte Rekrutierung habe die
westlichen Armeen bis zur Kriegsunfähigkeit geschwächt – "Pussycats"
heißt van Crevelds neues Buch zum Thema –, sondern die Truppen seien,
von ein paar Elteeinheiten abgesehen, bereits kriegsuntauglich gewesen,
als sie begannen, den Frauen die Kasernentore zu öffnen.
Die
Existenz von Soldatinnen in großer Zahl signalisiert: Wir wollen keinen
Krieg, wir wollen strenggenommen nicht einmal kämpfen, außer vielleicht
mit Drohnen und Robotern und Seit' an Seit' mit
Gleichstellungsoffizierinnen gegen den alltäglichen Sexismus. Wie der
Westen insgesamt befinden sich auch seine Armeen weltweit auf dem
Rückzug.
Die Bundeswehr, immerhin die Nachfolgerin der
unbestritten besten Armee, die die Welt je gesehen hat, ist heute eine
besonders exemplarische Kasperltruppe, in Narrenkleider gehüllt,
miserabel bewaffnet, kaputtgespart, geführt von feigen Generälen und
einer Ministerin, der man vielleicht besser die Chefredaktion der Brigitte
anvertrauen sollte. Die Neu- und Restdeutschen wollen bekanntlich alles
zu hundert Prozent anders machen als die Nazis, was speziell beim
Militär auf das Paradox einer pazifizierten, friedfertigen, handzahmen
Truppe hinauslaufen musste, die offiziell keine Feinde mehr kennt, und
so sieht der Laden denn auch aus: Die Soldaten sind gehalten, sogar
unter Feuer brav ihren Müll zu trennen, die Panzer werden
schwangerentauglich, die Kasernen kindergerecht ausgestattet, die
Artillerie wird demnächst nur noch biologisch abbaubare Munition
verschießen, nicht einmal beim Häuserkampf darf die Wehrmacht mehr das
Vorbild sein, sondern vielleicht besser die Berliner Antifa, und wer
eine Soldatin in allen Ehren anmacht, wird in Unehren entlassen.
Deutschlands "schimmernde Wehr" hat keinen Schimmer, wie sie ihr Land im
Ernstfall verteidigen sollte. Dass da und dort noch ein paar
Kampfflieger, Afghanistan-Infanteristen und KSK-Männer einen guten Job
machen, ist unbenommen, aber Arnold Gehlens Vorschlag, die Bundeswehr
möge sich "Leben und leben lassen" aufs Koppelschloss schreiben, darf
praktisch als durchgesetzt gelten.
Und nun attestiert also eine
Emnid-Umfrage im Auftrag von N24 der Bundeswehr ein
Rechtsradikalismus-Problem: 49 Prozent der Deutschen sehen ein solches –
unter den Anhängern der Grünen sind es naturgemäß 90 Prozent, bei den
SPD-Sympathisanten 75 Prozent (hier).
Selbst in dem sagenhaften Atlantis brüllten in der Nacht, als das Meer
es verschlang, die Ersaufenden nach ihren Sklaven, und so werden die
Roten und die Grünen dereinst nach Schutz brüllen, und sie werden es, inschallah
und gottlob, gewiss vergeblich tun. Die Bundeswehr hat in der Tat ein
gewaltiges Problem, aber das hat mit Extremismus nichts zu tun – es
fällt übrigens auf, dass die vor kurzem beim Bund aufgeflogenen
islamischen Extremisten nicht ein Achtel der Medienaufmerksamkeit
bekamen wie jetzt dieser dubiose "Völkische" namens Franco A. –, sondern
damit, dass sie keine Armee mehr ist. Jede normale Armee ist nämlich in
gewisser Weise "rechtsradikal", insofern das Militärische, das
Martialische, der Drill, die Manneszucht, die organisierte Brutalität,
die ganze Kunst des Tötens samt der Bereitschaft, fürs Vaterland zu
sterben, "rechtsradikal" sind – oder von mir aus, Genosse Trotzki,
Genosse Shukow, "linksradikal" –, aber eben nicht "grün" oder
"feministisch" oder "bunt" oder "diskursiv" oder "tolerant" oder
"zivilgesellschaftlich"...
***
Als ein den Geistesdingen Wohlgesonnener und Homme de lettres
pflege ich eine gewisse Distanz gegenüber den fürs Technische und
Bezifferbare Empfänglichen. Ich akzeptiere aber, dass es eine Art
Notwehrrecht der Naturwissenschaften gegen die Anmaßungen der meist nur
noch sogenannten, in Legionenstärke agierenden Geisteswissenschaften
gibt. Davon macht mit Regelmäßigkeit der treffliche Hadmut Danisch
Gebrauch, diesmal indem er die These entwickelt, der politische
Extremismus und all das faktenresistente und rechthaberische
genderistisch-feministisch-diversistische Gedöns beruhten womöglich auf
einer evolutionsbedingten Fehlfunktion des menschlichen Cerebrums.
Wissenschaftler
wollen herausgefunden haben, schreibt Danisch, "dass die Stellen im
Gehirn, die auf physische Bedrohung und Gewalt reagieren, genauso
reagieren, wenn wir mit Informationen konfrontiert werden, die
unserem Weltbild widersprechen, wir uns also in unserer
Umgebungsdarstellung 'angegriffen' fühlen. Jemandem in seiner
festgeglaubten Meinung zu widersprechen, kann also wohl dieselben
Hirnreaktionen auslösen, wie von einem Räuber mit dem Knüppel
angegriffen zu werden. Das Hirn ist evolutionär noch nicht so weit,
Intellektuelles von körperlichen Angriffen und echten Bedrohungen zu
unterscheiden. (...)
Da dreschen die Soziologen und Philosophen
und Genderisten unablässig auf uns und die Biologen ein, weil sie
meinen, der Mensch würde als neutrales, leeres, unbeschriebenes Blatt
geboren und dann kulturell-diskursiv programmiert, und am Ende beruht
das alles darauf, dass deren Gehirn nicht richtig oder noch zu archaisch
funktioniert. Es wäre eine hochinteressante Frage, ob deren Gehirn
irgendeinen Defekt oder eine Störung hat, oder ob es einfach die
Entwicklung zur Intellektualität noch nicht mitgemacht hat und im
Prinzip noch in der Steinzeit mit der Keule herumrennt. Was vor allem
deshalb pikant wäre, weil Genderisten ja immer so gern den Mann als
zurückgebliebenen Höhlenmenschen einstufen und Frauen für modern,
intelligent, progressiv halten – viele von ihnen aber noch mit der Keule
in der Urzeit leben, was deren Amygdala angeht" (weiter hier).
***
Vor kurzem fragte mich die Junge Freiheit,
ob ich einen Artikel über Ralf Stegner schreiben wolle resp. könne.
Angesichts der Tatsache, dass Ludger Lütkehaus ein ganzes Buch über das
Nichts zustandegebracht hat, stellte ich mich kühn der sogenannten
Herausforderung und brachte Folgendes quasi zu Papier:
Im
Grunde kann ein Artikel über Ralf Stegner nur mit dem Satz beginnen: Zu
Ralf Stegner fällt mir nichts ein. Niemandem fällt zu Ralf Stegner etwas
ein. Nicht einmal Ralf Stegner selber.
Bevor die AfD auf der
politischen Szenerie erschien, wusste kaum ein Mensch, wer Ralf Stegner
ist. Inzwischen hat sich der Sozialdemokrat als eine feste Größe im
Talkshow- und Twitter-Zirkus dieser Republik etabliert. Sein hölzernes
Gesicht mit den nach unten gezogenen Mundwinkeln ist zur Marke geworden,
zu einer Art Emoji. Stegner erscheint wie eine Commedia dell’arte-Figur, die sich im Jahrhundert und im Genre geirrt hat.
Den
Aufstieg in die Glamourwelt des Gefragtseins und sogar -werdens
verdankt Stegner den rechtspopulistischen Schwefelbuben, deren
Bekämpfung er mangels anderer Alternativen zu seiner Obsession erklärt
hat. Und auch die "rechtsextreme AfD-Bande" oder "die AfD-Idioten", wie
er sie liebevoll nennt, profitieren von der symbiotischen Anhänglichkeit
ihrer sozialdemokratischen Klette: Von Stegners Genossen Heiko Maas
abgesehen, besitzen sie zur Zeit keinen verlässlicheren Wahlkämpfer als
den stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden und Wiedergänger des Mr
Beaker ("Mimimi") aus der Muppet-Show.
Das wirklich Drollige, ja Hochkomische an der Konstellation Stegner-AfD
besteht ja darin, dass der Sozi habituell genau jene Eigenschaften
verkörpert, die er der politischen Konkurrenz unterstellt: Er wirkt
frustriert, dumpf, hasserfüllt und harthirnig. Stegners Charme gehört in
eine Liga mit der Virilität von Anton Hofreiter und der Selbstironie
von Martin Schulz. Gäbe es eine rechte „heute-Show“, er wäre deren
personifizierter Running Gag.
Wer der SPD
Arges will, muss nichts weiter tun, als Stegner ins Fernsehen
einzuladen. Optimisten kalkulieren um die 10.000 Minusstimmen für die
Sozialdemokraten pro Talkshow-Auftritt von Stegner. Nie wirken
Rechtspopulisten sympathischer, als wenn der Kastenschädel aus
Bordesholm/Kreis Rendsburg-Eckernförde neben ihnen sitzt und ein Gesicht
macht, als habe er ein Stück Gammelfleisch im Mund.
Eine zweite Möglichkeit, der SPD zu schaden, besteht darin, Stegner zu zitieren.
"Die
rechtsgerichtete politische Instrumentalisierung der Terroranschläge
ist widerlich", twitterte er am 14. November 2015 nach den Massakern
islamischer Radikaler in Paris. Einen Monat zuvor hatte er das
Messerattentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit
den Worten kommentiert: "Pegida hat mitgestochen." Dieser ethische und
auch logische Spagat bereitet unserem roten Rabauken nur wenig Mühe. Im
September 2016 erklärte er in einem Interview, die AfD sei ein Fall für
den Verfassungsschutz, weil "die Brandreden der Rechtspopulisten zu
Brandsätzen zum Beispiel gegen Flüchtlingsunterkünfte werden". Die
Partei trage "eine politische Mitverantwortung für das, was
durchgeknallte Rechtsextremisten machen, denn sie bereitet verbal den
Boden". Und er?
"Fakt bleibt, man muss Positionen und Personal
der Rechtspopulisten attackieren, weil sie gestrig, intolerant,
rechtsaußen und gefährlich sind", hatte er schon am 8. Mai 2016
getwittert, um 0:33 Uhr übrigens, da war der grobianische Spross eines
Gastwirts-Ehepaars vielleicht schon etwas beschickert. Wer ihn wegen
solcher Äußerungen angesichts der ständigen körperlichen Attacken auf
AfD-Politiker einen geistigen Brandstifter nennt, geht dennoch fehl;
geistig und Stegner, das ist wie eloquent und Merkel.
Stegners
Wahrnehmung der Wirklichkeit ist oft von exklusiver Art. "Wenn Leute
hinter einer Naziflagge hinterherlaufen, finde ich es falsch, so zu tun,
als wüssten die nicht, was sie täten", erklärte er am 18. November
2016, vergaß aber zu erwähnen, wo er dergleichen beobachtet haben will
(gab es vielleicht ein Länderspiel?). Am 13. Dezember 2016 empfahl der
promovierte Politikwissenschaftler: "Wer vor der Islamisierung
Deutschlands warnt, braucht medizinischen Rat, keinen politischen. Hier
wird man doch eher vom Blitz erschlagen, als dass man einen Islamisten
auf der Straße trifft." (Immerhin machte er keinen Unterschied zwischen
Islam und Islamismus.) Sechs Tage später ermordete ein Dschihadist am
Berliner Breitscheidplatz zwölf Menschen, verletzte 55 weitere zum Teil
schwer und versaute unserem Statistiker die Pointe, denn an Blitzschlag
sterben im Schnitt nur zehn Deutsche pro Jahr. In kecker Unbeirrtheit
schob er am 23. Dezember nach: "99,9 Prozent der Flüchtlinge haben mit
Terrorismus genauso wenig zu tun wie 99,9 Prozent der Deutschen." Mit
anderen Worten: Deutsche und Flüchtlinge sind zu exakt gleichen Teilen
für den Terrorismus verantwortlich.
Was dagegen hilft, weiß
Stegner auch. "Schweinefleisch in Kantinen, Abschiebe-TV: Dieser ganze
konservative Quark zeigt den Unterschied zu uns auf. Wir wollen eine
Politik für sozialen Zusammenhalt für alle Menschen, die hier leben",
gab er am 2. Januar 2017 zum Besten. Notfalls eben ohne Schweinefleisch.
"Ich bin jemand, der sagt, was er denkt", vertraute Stegner im Januar 2014 der Badischen Zeitung an. Wenigstens kennt er sein Problem.
***
"Der Mensch ist nicht gut. Wenn man Nietzsche gelesen hat, ahnt man es, wenn man Rousseau gelesen hat, weiß man es."
(Jürgen Große)
Apropos:
"Am längsten braucht ein abtretendes Volk, um die Verachtung der
Nachrückenden zu begreifen, die sich um seine Stelle prügeln."
(Nochmals Große)
Und: "Stolz ist die Volksausgabe des Ekels."
(Ebenjener)
Zugabe: "Der Menschenliebe ist die Heiterkeit fremder als dem Menschenhaß."
(Derselbe) MK am 5. 5. 2017
Dass jemand, der erst nachdem er Rousseau gelesen hat zu dem Schluss kommt (obwohl er vorher schon Zeit mit Nietzsche verschwendet hatte), dass der Mensch nicht gut ist, offenbar dennoch gute Aphorismen schreibt, ist auch erstaunlich. Der Mensch ist unzulänglich. Er ist trotz allem das liebenswerte, was es gibt. Er ist gar nicht so schlecht, aber gut erst recht nicht. Er ist eben unzulänglich. Und es gibt viel zu viele davon.
Einer meiner jüdischen Freunde macht sich Sorgen, dass irgendwann jemand merkt, dass es Juden vergleichsweise nur so wenige gibt.
Die Welt ist wie eine Tasse Kaffee, die jemand beim Frühstücken umrührt. Nur heißer.
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