Emmanuel Macron will einen Haushalt für die Eurozone. Kein Problem
für Wolfgang Schäuble, auch wenn so ein weiterer vor allem von
Deutschland finanzierter Topf entsteht, aus dem sich Macron bedienen
kann. Haben deutsche Politiker nicht schon immer französischem Druck
nachgegeben?
Helmut Kohl bezahlte die Zustimmung François Mitterrands zur
Wiedervereinigung mit der Aufgabe der D-Mark. Gerhard Schröder beugte
sich dem Druck Jacques Chiracs und akzeptierte Griechenland in der
Eurozone, obwohl selbst die durch die Griechen getürkten Zahlen dafür
nicht reichten.
Weil Nicolas Sarkozy mit dem Ende der deutsch-französischen
Freundschaft drohte, brachte Angela Merkel das finanzielle
Beistandsverbot von Maastricht zu Fall – und rettete vor allem
französische Banken, bei denen die Griechen in der Kreide standen. Und
François Hollande erzwang gegen den Rat der Mehrheit der Eurogruppe die
Zustimmung Merkels zum dritten Griechenland-Rettungspaket.
Heute übertreffen sich deutsche Politiker in ihrer Freude über die
Niederlage Marine Le Pens darin, den europapolitischen Vorschlägen
Macrons möglichst viel Gutes abzugewinnen, auch wenn diese deutschen
Interessen widersprechen. Höhere Schulden in Frankreich? Für Sigmar
Gabriel völlig in Ordnung, auch wenn wir als größter Gläubiger im Euro
dafür mithaften. Gemeinsame Haftung der Banken in der Eurozone? Für
CDU/CSU, FDP, Grüne, Linke im EU-Parlament kein Problem, auch wenn
deutsche Sparer für das Gezocke französischer Banken haften.
Die französische Arbeitslosenversicherung soll mit unserer
zusammengelegt, der deutsche Handelsüberschuß abgebaut und die
Staatsschulden vergemeinschaftet werden. Die Eurozone soll ein eigenes
Parlament bekommen und so weiter. Es stimmt, einige dieser Vorschläge
werden von Berlin noch abgelehnt. Es stimmt aber auch, daß Merkel und
Schäuble noch fast alle roten Linien, die sie gegenüber Frankreich
lauthals gezogen, später leise übertreten haben.
Der Verfasser dieser Zeilen hat lange in Frankreich gelebt und
gearbeitet. Er weiß: Frankreich ist nicht zu reformieren. Schon jetzt
bereiten sich starke Kräfte von ganz links und ganz rechts – die
Gewerkschaften vorneweg – darauf vor, ihre Proteste von der Place de la
Bastille auf ganz Frankreich auszuweiten.
Macron weiß das auch. Deshalb stellt er jetzt weniger Forderungen an
sein Volk als an Brüssel und Berlin. Statt diesen jetzt eilfertig
nachzukommen, sollten Merkel, Schäuble, Juncker, Gabriel & Co. ihn
daran erinnern, daß seine Priorität nicht sein kann, Europa oder
Deutschland zu reformieren, sondern Frankreich. Hans-Olaf Henkel
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