Leser der Frankfurter Allgemeinen Zeitung rieben sich in dieser Woche verwundert die Augen. Sie sahen eine ganzseitige Anzeige „100 Jahre Kommunistische Partei Chinas“ mit einem langatmigen Loblied auf die Verdienste der KP, dazu blumengesäumte Bilder von Eisenbahnen, Tierzuchtanlagen, Ärzten und Häfen.
100 Jahre KP Chinas – dazu wäre viel zu sagen. Aber kein einziges Wort im Text über die Millionen Todesopfer, die diese in der Zeit Mao Tse-tung zu verantworten hatte. Kein Wort über die Arbeits-, Straf- und Umerziehungslager, die es bis heute gibt. Stattdessen säuselte die Anzeige in Zwischentiteln: „Wie sind die chinesischen Kommunisten? … Immer im Dienste des Volkes.“ Ein australischer Experte für Schafzucht wird zitiert: „Der Gedanke, daß die KPCh hunderte von Millionen Menschen aus der Armut befreit hat, ist einfach außergewöhnlich.“
Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes (V.i.S.d.P) für die in der FAZ erschienene Anzeige zeichneten vier Chinesen namens Zhu Sheng, Shen Zhonghao, Luo Huanhuan und Gu Ziyi von der Xinhua News Agency in Peking, die der KP untersteht.
Daß diese Anzeige am Donnerstag in der FAZ erschien, hat nicht wenige Leser irritiert. Auf Twitter hagelte es Kritik. „Wie verzweifelt und prinzipienlos muß man sein, um eine Geburtstagsanzeige für einen der größten heutigen Feinde der Pressefreiheit zu bringen?“, fragte etwa Thorsten Benner, Chef des Berliner Thinktanks Global Public Policy Institute. Aber es ist nicht die erste Werbeschaltung der KP Chinas, die man in der Frankfurter Hellerhofstraße akzeptiert hat. Schon mehrfach erschienen ganze Seiten – immer mit hymnischen pseudo-journalistischen Texten über die Aufbauleistungen, die Armutsbekämpfung und die internationalen Kooperationen der Kommunisten in China.
Vor einem Jahr lehnte die FAZ (und außer der JF alle andere überregionale Zeitungen) den Abdruck einer Anzeige der #AfD mit einem Bekenntnis zum Grundgesetz ab. Dafür druckt die FAZ heute eine ganzseitige Werbung der Kommunistischen Partei Chinas. pic.twitter.com/gObqkGp6jS
— Dieter Stein (@Dieter_Stein) July 29, 2021
Nach außen gibt man sich bedeckt. Auf Protestschreiben von Lesern hin waschen die vier Herausgeber der FAZ ihre Hände in Unschuld und verweisen auf den Verlag und die dort angesiedelte Anzeigenabteilung. Redaktion und Anzeigenverwaltung seien strikt getrennt, daher könne die Redaktion sich nicht zu Anzeigen äußern.
Gegenüber dem pro-Medienmagazin sagte eine Verlagssprecherin der FAZ: „Für den Inhalt der Anzeigen ist allein der Anzeigenkunde verantwortlich. Natürlich aber prüfen wir die Anzeigensujets und verweigern solche, die offensichtlich gegen geltendes Recht verstoßen“, teilte sie mit. Hier habe man „der freien Meinungsäußerung den Vorrang gegeben“. Kritische oder provokante Anzeigen „in einer Art vorauseilender Zensur zu verhindern“, sei mit der demokratisch legitimen freien Meinungsäußerung nicht vereinbar.
Offenbar ist man in der FAZ der altrömischen Auffassung „pecunia non olet“: Geld stinkt auch dann nicht, wenn es um das Geld aus Peking geht. Die ganzseitige Werbeschaltung bringt laut aktueller Anzeigenpreisliste 69.920 Euro. Da das Pekinger Regime schon mehrfach ganze Seiten gebucht hat, kamen wohl schon mehrere hunderttausend Euro, wenn nicht im Laufe der Jahre gar ein Millionenbetrag für die Frankfurter Zeitung zusammen.
Chinesische Propaganda im FAZ-Layout. Klar, mit „Anzeige“-Hinweis. Aber muss man sich dafür hergeben, @faznet ? pic.twitter.com/grjO8c8nru
— Jochen Bittner (@JochenBittner) March 4, 2021
Das angeschlagene Frankfurter Blatt (alter Werbespruch „Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“) kann das Geld gut gebrauchen, denn es befindet sich seit vielen Jahren im Sinkflug. Die Printauflage ist dramatisch gefallen, jedes Jahr brechen mehrere tausend der hochzahlenden Print-Abonnenten weg. Die stark bröckelnden Print- und Anzeigenerlöse werden nur zum Teil durch neue zahlende Online-Leser aufgefangen. Da mag es sein, daß verzweifelte Verlagsleute einige Hunderttausend Euro aus Peking durchaus gerne sehen.
Die Werbeanzeige für die Kommunistische Partei Chinas ist aber auch deshalb pikant, weil die Frankfurter Allgemeine Zeitung auch schon mal Anzeigen ablehnt, die ihr nicht genehm sind. Nach Informationen der JF betraf dies im letzten Jahr etwa eine ganzseitige Anzeige der AfD, in der sich diese zum Grundgesetz bekannte. Eine Anzeige der größten Oppositionspartei im deutschen Bundestag wollte die Frankfurter Zeitung also nicht haben, Geld von einer ohne Zweifel diktatorischen KP, an deren Händen bis heute extrem viel Blut klebt, nimmt sie dagegen.
Man darf gespannt sein, ob die FAZ auch
in diesem Bundestagswahlkampf einen Anzeigenboykott gegen die AfD
aufrechterhält und wie sie dies kritischen Lesern erklärt, die auf die
KP-Anzeige verweisen. JF
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