Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen, als ich 1973 das erste Mal auf meinem Weg nach Westberlin durch die Zonengrenze musste. Es war ein Albtraum: Erst vorbei an tonnenschweren letzten Stahlsperren, die in Sekunden ausgefahren werden konnten, um Durchbrüche in den Westen noch zu stoppen. Dann die rostigen Fließbänder, auf denen die Ausweispapiere in die Kontrollhäuschen transportiert wurden. Beim Warten auf die sogenannten Reisedokumente – gedruckt auf Papier, welches zu Hause nicht mal als Klopapier durchgegangen wäre – wurde mit Eisenstangen im Tank unseres PKW herumgestochert und die Unterseite der Lastwagen nebenan mit Spiegeln untersucht, während Grenzposten mit Maschinengewehren und Spürhunden zwischen den Reisenden patrouillierten.
Wenn man endlich das alles einigermaßen unbeschadet hinter sich gebracht hatte, ging es vorbei an Hundelaufgräben, Stacheldraht, Maschendrahtzäunen, frisch gepflügten und verminten Todesstreifen, an Wachtürmen mit Schießscharten und mächtigen Suchscheinwerfern. Danach kilometerweites Niemandsland, das berüchtigte Grenzgebiet, mit zerfallenden Bauruinen und einigen Bauern, die, von schwerbewaffneten Grenzsoldaten beaufsichtigt, die wenigen Felder bestellten.
Es mag den Nutznießern der Nazizeit wie auch denen der DDR-Diktatur nicht gefallen, aber eins ist sicher: Die DDR-Diktatur war die direkte Fortsetzung der Nazidiktatur. Und beide kamen nicht ohne ihre willigen Vollstrecker aus: Unter Hitler war es die NSDAP und unter den DDR-Machthabern die SED, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Deutlicher noch: Die SED war in ihrer immerhin vierzig Jahre währenden Brutalität und Menschenverachtung um kein Haar besser als die gottlob schon nach zwölf Jahren verblichene NSDAP. Das wird – vor allem angesichts der drohenden Wahlen im September – nicht gerne gehört. Gegenüber dem Terror der SED-Sozialisten ist das deutsche Auge ganz im Gegensatz zum Terror der Nationalsozialisten blind.
Den bundesrepublikanischen Politiker möchte ich sehen, der sich heute hinstellt und zwischen guten und schlechten Nazis unterscheidet! Das dämliche Gerede von der „guten“ und der „schlechten“ SED aber wird von den ehemaligen Parteigenossen mit erstaunlichem Erfolg bis heute am Laufen gehalten. Vom Augenblick der Wende an, dann bei jeder der vielen Häutungen zuerst zur PDS, dann zur Linken und, wenn es der Karriere auf die Sprünge half, auch zu den jeweils regierenden Altparteien. Da saßen sie dann in den Parlamenten, im Berliner Senat, an der Spitze Brandenburger Landesbehörden, in bundesdeutschen Ministerien und im Vorstand deutscher Polizeigewerkschaften.
Jetzt frage ich Sie: Was würden Sie von einem Politiker halten, der zwei Tage vor der bedingungslosen Kapitulation 1945 noch rasch in die NSDAP eingetreten wäre, um anschließend in der Bundesrepublik Karriere zu machen? Sagen Sie lieber nichts. Sagen Sie mir lieber, was Sie von einer Politikerin halten, die 1989, also noch vor der Wende, als das Elend der zusammengekrachten SED-Diktatur dem dümmsten Sozialisten vor Augen stand, noch rasch in die SED eintrat, dann die Metamorphose zur PDS, dann zu den Linken mitmachte, stets an deren linken Rand agierte, prächtig dabei verdiente und sich jetzt als Jeanne d’Arc und Retterin der Republik in Szene setzt? Oder sagen wir richtiger: aus panischer Angst vor der AfD von den Altparteien in Szene gesetzt wird? Eine Politikerin, die noch 1992, als bereits jedem Bürger der DDR der Zutritt zu einer der tödlichsten Grenzen dieser Erde möglich war, den Leuten weismachte, die Zonengrenze sei – halten Sie sich jetzt gut fest – „ein notwendiges Übel“ gewesen?
Die Rede ist von Sahra Wagenknecht. Das ist aber nicht alles, denn mit von der Partie des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) finden wir wieder dieselben Parteigenossen der Linkspartei (ehemals PDS, ehemals SED), die – was ihre politische Bedeutung betrifft – bis vor wenigen Wochen noch unter jedem Teppich mühelos einen Handstand hätten machen können. Deren einziger Auftrag es ist, eine stattliche Bevölkerungsmehrheit von der Teilhabe an der Macht fernzuhalten; wenn es sein muss, auch mit der bewährten Hilfe der alten Blockpartei Ost-CDU. Da schimmert doch sehr die alte DDR wieder durch, und mit ihr der Gegensatz zwischen trister Wirklichkeit, wirrer Propaganda und leeren Versprechungen. Mit dem Unterschied allerdings, dass diesmal die Leute Letztere freiwillig glauben.
Liebe Sachsen, Brandenburger und Thüringer: Wenn irgendein nordrhein-westfälischer Lehnstuhlsozialist oder Parteibuchchrist mit Drittwohnsitz auf Ibiza auf die Wellnessprosa der Linkspartei-Restposten des Bündnisses Sahra Wagenknechts reinfällt, sollen die meinetwegen damit leben. Von euch sollte man eigentlich was Besseres erwarten! Joseph Thoma
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