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Donnerstag, 15. August 2024

Apropos Kissinger

In den 80er Jahren, vor fast 40 Jahren sah ich im staatlichen italienischen Fernsehen (ich glaube, es war RAI uno mit Alberto La Volpe als Moderator) eine Sendung über BRD und DDR und die Eventualität einer Wiedervereinigung. Die Sendung bestand aus drei oder vier ausführlichen Interviews. Andreotti wurde befragt (seine Ansicht ist in Deutschland halbwegs bekannt: im gefalle Deutschland so sehr, dass er froh sei, dass es zwei davon gebe), Kissinger wurde befragt. Wer die anderen waren, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls sagte Kissinger damals etwas, was mir zu denken gab: Im Falle einer Wiedervereinigung werde Deutschland in Europa ein deutlich spürbares Schwergewicht werden und man müsse damit rechnen, dass der deutsche Nationalstolz zu einem Wiedererwachen oder Wiedererstarken revanchistischer Bestrebungen führen könne oder müsse. Diese Worte - die mich daran erinnern, dass selbstbezichtigender Minderwertigkeitskomplex und kompensierender Größenwahn dicht beieinander liegen (und durch Ressentiment verbunden sind), hatte ich noch im Ohr, als ich die nicht besonders aussagekräftigen (weil so gewählt, dass viel Raum für Deutungen und Missverständnisse blieb) Worte Kissingers im stern las (den ich nach 40 Jahren Abstinenz eigens angeschafft hatte, um aufmerksam nachzulesen, was genau er gesagt hatte). Ich glaube nicht, dass Kissinger seine damalige Ansicht über Deutschland geändert hat, sondern dass er sie diplomatischerweise für sich behielt, weil das, was man im italienischen Fernsehen sagt, während alle diese Wiedervereinigung noch in weiter Ferne wähnen (es war noch nicht einmal Gorbatschow in Sicht!), etwas ganz anderes ist als das, was man einer deutschen Zeitschrift wie dem stern mitteilt, während ein Konflikt zwischen USA und Russland in einem Teil Europas ausgetragen wird, bei dem einem die revanchistischen Gefühle des amerikanischen Kettenhundes gelegen kommen. Angesichts von Hofreiters, Strack-Zimmermanns und Kiesewetters debiler Verve kann ich Kissingers meisterhafter Manipulationskunst meine Bewunderung nicht verweigern. So erfolgreich gelingt es Gestalten wie Habeck, Lindner und Scholz nur, ihr eigenes Volk zu verarschen.


 

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