Als Jesus 40 Tage lang in die Wüste ging, um zu fasten, führte ihn
der Teufel in Versuchung und nahm dabei die Rolle eines gewieften
Theologen ein: „Wenn du Gottes Sohn bist, stürze dich (vom Tempel)
hinab, denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf
Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt!"
Jesus konterte mit einem anderen Bibelvers („In der Schrift steht
auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen!")
und machte damit deutlich, dass es nicht um den aus dem Zusammenhang
gerissenen und für die eigenen Zwecke instrumentalisierten Wortlaut,
sondern um den Geist hinter den Worten geht.
Wenn also in diesen Wochen immer wieder führende protestantische
Theologen mit extra ausgewählten Bibelstellen für die desaströse
Zuwanderungspolitik der Bundesregierung werben oder gar – wie jüngst die
„Lutherbotschafterin“ Margot Käßmann – dazu auffordern, islamistischen
Mördern „mit Liebe zu begegnen“, sollten Christen ihnen entgegenhalten,
dass Jesus als guter Hirte immer seine Schafe beschützt, sich klar gegen
die heuchlerischen Pharisäer gestellt, die Geldwechsler aus dem Tempel
gejagt hat und vor allem, dass er – anders als Käßmann – zwischen
Gesinnungsethik und Verantwortungsethik zu unterscheiden vermochte:
„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gottes ist.“
Viele Christen wissen sehr wohl, dass ihr Glaube von ihnen verlangt,
Konfliktlinien nicht zu verkleistern, Missstände und Widersprüche
deutlich zu benennen, der Verfolgung und Ermordung von Menschen nicht
tatenlos zuzuschauen, sondern ihre Stimme dagegen zu erheben.
Dietrich
Bonhoeffer forderte sogar, „dem Rad in die Speichen zu greifen“. Den
gescheiterten Versuch, Hitler zu beseitigen und das Räderwerk des
nationalsozialistischen Terrors anzuhalten, bezahlten er und viele
andere christliche Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 mit dem Leben.
Hätte Margot Käßmann von Bonhoeffer gefordert, die SS-Wachmänner in den
KZ´s „mit Liebe zu provozieren“ oder statt ein Attentat auf den Führer
zu planen, für diesen zu beten? Ganz ausschließen kann man es leider
nicht.
Eher ist allerdings davon auszugehen, dass Käßmann und der mit
schwerer Schlagseite durch die politischen Tagesthemen irrlichternde
EKD-Vorsitzende Bedford-Strohm ihre Liebe und ihr Verständnis sehr
ungleichmäßig verteilen. Denn geht es gegen die „Rechtspopulisten“ von
AfD oder Pegida – von denen im Gegensatz zu den Islamisten nicht bekannt
ist, dass sie Massenmorde und Massenvertreibungen verüben, junge
Mädchen als Sexsklavinnen verkaufen oder geistig Behinderte für
Selbstmordattentate einsetzen – können sie plötzlich klare Kante zeigen,
mit drastischen Worten warnen oder zu Zivilcourage und Widerstand
aufrufen.
Harte Linie gegen „rechts“, aber beim islamistischen Terror
butterweich zeichnen: die „Mitverantwortung“ des Westens wegen
Kreuzzügen und Kolonialismus, die „soziale Ausgrenzung“ zorniger junger
Muslime, der versäumte „Dialog“ mit ihnen“ etc. – warum ist das
eigentlich so? Ich fürchte, aus Überzeugung!
Wer das Umfeld der einschlägigen Friedens- und Palästina-Gruppen,
Eine-Welt-Cafés und Gesprächskreise zum christlich-muslimischen Dialog
in den Landeskirchen erlebt hat, der weiß, wie große Teile der Basis
dort ticken. Weit verbreitet ist etwa die Überzeugung, „die Muslime“
seien aufgrund weltweiter Verfolgung und Diskriminierung „die neuen
Juden“, wohingegen die realen Juden, die jetzt in Israel leben, heute
den Palästinensern das antäten, was ihren Vorfahren von den Nazis
angetan worden sei. Die Opfer von damals seien die Täter von heute, und
die Mauer, die Israel zwischen sich selbst und die Palästinensergebiete
gezogen hat, sei schlimmer als die Berliner Mauer und pure Apartheid.
So verschafft ein simpler Griff in den Mülleimer der
Küchenpsychologie auch einfältigen Menschen das Gefühl von Durchblick
und ein ruhiges Gewissen, indem er vielleicht davon ablenkt, was die
eigenen Großväter im Krieg so getrieben haben. Frei nach Orwell:
Nichtwissen ist Macht!
Diese Dauerbetroffenheit vorgebenden christlichen
Friedenstauben wissen ja meist nicht einmal, dass analog zur
Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung von israelischem Gebiet
Hunderttausende von Juden aus arabischen Ländern vertrieben wurden, mit
dem Unterschied, dass diese längst in die israelische Gesellschaft
integriert wurden, während jene bis zum heutigen Tag in Lagern
vegetieren. Sie wissen nicht, dass die Grenzmauer der israelischen
Bevölkerung jahrelang einen effektiven Schutz vor Attentaten gewährt
hat, jedenfalls bis zur gegenwärtigen „Messer-Intifada“ (die es auch nur
selten als dürre Kurzmeldung in deutsche Nachrichtensendungen schafft).
Sie durchschauen nicht das Kalkül der Islamverbände, sich in ihrer
unverschämt angemaßten Opferrolle zu suhlen, um Kritik an den
erschreckenden Auswüchsen ihrer Religion systematisch als „Islamophobie“
zu denunzieren und mit dem Antisemitismus gleichzusetzen, aus dem
wiederum der weit verbreitete muslimische Judenhass ausgeklammert
bleiben soll.
Von alledem wissen sie nichts, und es interessiert sie auch nicht.
Fakten über die Verfolgung von andersgläubigen Minderheiten und die
miserable Menschenrechtssituation in fast allen islamischen Staaten wie
auch über die weitverbreiteten Ressentiments innerhalb der muslimischen
Bevölkerung in Deutschland gegen „Ungläubige“ dringen zu dem
wahrnehmungsselektiven Milieu, das in vielen landeskirchlichen Gemeinden
an den Schaltstellen der Macht kluckt, ebenso wenig durch wie in die
Redaktionen vieler Medien, die mit ähnlich gestricktem Personal besetzt
sind.
Einzig der Wunsch, die Erwartungen dieses sich politisch links
verortenden und in seiner ignoranten Weltsicht einbetonierten Milieus zu
bedienen, erklärt viele der scheinbar so absurd weltfremden
Stellungnahmen von Käßmann und Co. Mit der Bibel und den Grundprinzipien
des christlichen Glaubens haben sie hingegen nichts zu tun.
Oliver Zimski ist Übersetzer, Sozialarbeiter und Autor. 2015 erschien sein Kriminalroman „Wiosna – tödlicher Frühling“.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.