Stationen

Montag, 29. Oktober 2018

Hoffnung kehrt zurück



Dass er für den Parteivorsitz kandidieren will, ist die beste Nachricht seit langem. Als er sich von Tichys Einblick distanzierte, war ich sehr verärgert, aber vielleicht war gerade dass ein kluger Schachzug, um jetzt CDU-Chef werden zu können. Mein alter Favorit ist wieder im Rennen. Unter dem Strich bleibt jedoch: die Meinungsfreiheit ist übel angeschlagen in Deutschland.

Und noch ist Merkel da. Und wenn ich das hier lese, wird mir speiübel. Um die Ausweisung des einstigen Leibwächters von Bin Laden zu verhindern, werden alle gesetzlichen Register gezogen, aber ein erdogankritischer Journalist wird erst während dessen Pressekonferenz rausgeworfen und jetzt auch noch ausgewiesen? Was ist bloß los mit diesem Land?

Mit Merz kann die CDU wieder zur Vernunft kommen und der AfD ein paar Wähler abspenstig machen. Aber eine Garantie für eine Deutschland und den Deutschen wirklich dienliche Politik wäre das noch lange nicht; dazu hat Merkel zu viel Schaden angerichtet. Außerdem ist viel Zeit vergangen und keiner weiß, wie Merz heute die Lage einschätzt. Speziell das UNO-Migrantenabkommen betreffend, wird sich zeigen, wie abwegig er sich positionieren wird. Dennoch hoffe ich, dass er der nächste Kanzler wird. Klonovsky, mit dem ich sonst oft einer Meinung bin, übersieht leider völlig die Sicherheitsprobleme Europas bzw. er wischt sie vom Tisch, indem er darauf hinweist, die europäischen Staaten seien viel zu überaltert und erschöpft, um übereinander herzufallen und Russland viel zu beschäftigt, müde und ausgedehnt, um sich in Abenteuer in Europa zu stürzen. Auch Klonovskys Gedanke, Europa sei ein Projekt gegen Deutschland, kann ich nicht folgen. In Wirklichkeit könnten Verwerfungen in Europa sehr schnell zu gefährlichen Ungleichgewichten führen, durch die die Ambitionierteren unter den weniger Altersschwachen in Versuchungen geraten. Es mag ja sein, dass heute vor allem die Antibabypille verhindert, dass die Europäer übereinander herfallen, aber bevor sich ihre Einnahme auswirkte, war die EU sehr wohl ein Friedensanker, obwohl die Europäer nach dem Krieg sogar noch müder waren als heute. Auch Klonovskys Vorschlag, man brauche sich nur einen Augenblick eine EU ohne Deutschland vorzustellen, um zum Schluss zu kommen, dass es sie dann gar nicht gäbe, weil sie nur gegen Deutschland einen Sinn ergebe, ist falsch. Auch das Heilige Römische Reich gäbe es ohne Deutschland nicht, und doch existierte es nicht gegen Deutschland, wenn auch nach 1648 quasi ohne Deutschland. Außerdem ist Putin alles andere als schwach, dumm und unentschlossen und im Falle eines Falles würde er nicht tatenlos zusehen, wenn ein Teil Europas in den Strudel der Zwietracht geriete. Europa ist in der Tat ein Segen, obwohl das auch Cohn-Bendit behauptet. Daran ändert nichts, dass es auf amerikanischen Druck gegen einen gemeinsamen Feind entstand. Bedauerlich ist allenfalls, dass es nun durch den Druck eines anderen gemeinsamen Feindes, droht überzuschnappen und Selbstmord zu begehen. Außerdem hatten Altiero Spinelli und Ernst Jünger bereits 1942 unabhängig voneinander den Gedanken eines Vereinten Europas und keiner von beiden entwarf diese Vorstellung gegen Deutschland.

Besonders skeptisch, was eine von Merz geführte CDU angeht, ist auch Menzel.




Curio erwartet auch nichts Gutes von Merz.



Ein ernüchterndes Aha-Erlebnis für alle, die Friedrich Merz irrigerweise für eine konservative Alternative zu Merkel halten.

Merkel geht – wenn auch leider nur auf Raten, die Europa-besoffenen aber bleiben – oder kommen gar zurück. Dieser Tage hat Möchtegern-Merkel-Nachfolger Friedrich Merz einen Aufruf "Für ein solidarisches Europa" als Erstunterzeichner veröffentlicht. Der Aufruf warnt, "im Innern Europas breitet sich wieder Nationalismus und Egoismus" aus, und belehrt uns: "nur die Vereinigung Europas kann diesen Irrsinn beenden".

Leitidee ist der EU-Zentralstaat - u.a. mit dem hehren Ziel: "Kampf gegen Nationalismus und Egoismus". Dafür soll weiter Souveränität der nationalen Parlamente an das Europäische Parlament abgegeben werden; in diesem wird dann abseits der Öffentlichkeit entschieden - über die Köpfe der Europäer hinweg.

Das erinnert an Alt-Marxisten, die immer noch meinen, der Kommunismus habe nur deshalb nicht funktioniert, weil er noch nie in Reinform da war. Hier behaupten die Feinde der Nationalstaaten, die EU funktioniere nicht, weil immer noch nicht genug Kompetenzen abgegeben worden seien.

Erstrebt werden u.a. eine europäische Armee, eine "Haushaltspolitik für die Euro-Zone" und eine "gemeinsame Arbeitsmarktpolitik bis hin zu einer europäischen Arbeitslosenversicherung". Dieses neue, noch enger geschnürte Europa soll natürlich von den Deutschen bezahlt werden; O-Ton: "Dazu müssen wir zu echten Kompromissen bereit sein, auch zu deutschen finanziellen Beiträgen." Das ist es, was die Schuldenstaaten am Moloch Brüssel so lieben: Deutschland kann als Nettozahler wie eine Weihnachtsgans ausgenommen werden; dafür böte dann nach Merkels Abgang der Transatlantiker Friedrich Merz Gewähr. Dass er jetzt als Alternative zu Merkel stilisiert wird, wird viele im Merkel-Lager erfreuen.

Dieser "Weiter so!"-Aufruf sollte einige aufwecken: ein Pamphlet, das das rot-rot-grüne trio infernale aus KGE, Kipping und Schulz nicht Deutschland-feindlicher hätten schreiben können.

Quelle:
https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/aufruf-fuer-ein-solidarisches-europa-machen-wir-ernst-mit-dem-willen-unseres-grundgesetzes-jetzt/23204984.html?fbclid=IwAR1UPZPWl8d6nNv2-szuAppAFIQOlnMG1EJ2bi_wwZgqofE_ivGaZjzjiIg