Zwei
Zahlen sagen alles: In Italien sind 33 Prozent der Jugendlichen
arbeitslos, und 1,5 Millionen Italiener haben ihre Heimat verlassen, um
anderswo ihren Lebensunterhalt zu suchen. Die neue Regierung in Italien
ist zwar populistisch und oft degoutant – aber sie irrt sich trotzdem
nicht. „Weiter so“ ist keine Option für Italien. Man muss die Wirtschaft
ankurbeln.
Die italienische
Regierung hat daher einen Haushalt aufgestellt, der ein moderates
Defizit von 2,4 Prozent vorsieht. Doch selbst diese kleine
Kreditaufnahme geht der EU-Kommission schon zu weit: Die italienischen
Pläne seien eine „Provokation“. Sparen heißt das heilige Ziel; die
italienische Not interessiert überhaupt nicht.
Es scheint also auf einen
Machtkampf hinauszulaufen. Noch erweckt die italienische Regierung den
Eindruck, als scheute sie die Konfrontation nicht, und posiert als David
gegen Goliath. Doch wird auch diese Regierung am Ende kuschen, wie
ihre diversen Vorgänger. Denn es gibt eine Knute namens „Spread“. Diese
technische Vokabel kennt inzwischen jeder Italiener – und fürchtet sich
davor. Gemeint ist der Risikoaufschlag, der für italienische
Staatskredite fällig werden könnte.
Eurozone und EZB können jederzeit
entscheiden, ob sie die Finanzmärkte von der Leine lassen – und eine
Spekulation gegen Italien erlauben. Sobald aber die Zinsen für
italienische Kredite steigen, droht die Staatspleite, während die
Wirtschaft in die Krise stürzt. Italien ist also maximal erpressbar, was
auch schon mehrfach genutzt wurde.
Doch sollte sich die Eurozone nicht
zu sicher wähnen. Die meisten Italiener wissen, dass sie im Euro
bisher nur verloren haben. Seit 1999 ist die italienische Wirtschaft in
der Summe kaum gewachsen. Nur zum Vergleich: Deutschland kam im selben
Zeitraum auf ein Plus von 31 Prozent. Es könnte also sein, dass die
Italiener in naher Zukunft die Hoffnung ganz aufgeben und sich gegen den
Euro entscheiden. Wenn die Eurozone auseinanderbricht, dann nicht wegen
Griechenland – sondern wegen Italien. Ulrike Herrmann