2. April 2016 – Beschäftigt mich nebenbei seit Tagen: Auf der
Leipziger Buchmesse bin ich zufällig in eine Lesung mit vollbesetztem
Auditorium gestolpert. Große Bühne, große Sitztribüne, letztere
vollbesetzt, auch sämtliche Stehplätze. Neugierig bin ich
stehengeblieben. Kannte die interviewte Frau bislang nicht.
Sie nennt sich Frau Freitag, schreibt – hab´s nachrecherchiert- sehr
erfolgreiche launige Bücher über ihren Alltag als Lehrerin. Fragte der
Frager: „Sie publizieren ja unter Pseudonym, aber zumindest ihr
Kollegium und die Eltern wissen doch, daß sie die Frau Freitag sind. Wie
sind denn da so die Reaktionen? Wie finden die das?“
Antwortete die Frau: „Hm. Ist irgendwie kein Thema. Sagt eigentlich
keiner was.“ Für mich ein Aha-Moment: das gibt es also öfter! Ich hielt
dies bislang für ein a) ländliches, b) sachsen-anhaltisches, c)
politisches Phänomen.
Was? Daß über einen geredet wird, aber nicht mit einem. Die Kinder
sagen manchmal, daß jeder, wirklich jeder ihrer Klassenkameraden
beispielsweise die 3sat-Filme über uns kenne. Es gibt regelmäßig
zugerufene Bemerkungen auf dem Pausenhof und im Schulbus, die die Kinder
ziemlich souverän kontern.
Vor gut einer Woche brachte die Lokalzeitung („Mitteldeutsche“) eine
ganze Seite über „uns“. Man spürt die Blicke, hat auch hier & dort
Leute, die einem Klatsch zutragen, man wartet auf Fragen – die aber nie
kommen. Wenn ich es richtig zusammenkriege, sind wir in den 13 Jahren
unseres Hierseins neunmal angesprochen worden auf unser
(meta)politisches Tun: drei mal distanzierend, sechsmal ermunternd.
In der Schule gab es dreimal Anmerkungen: einmal, daß die Tochter das
T-Shirt mit Rudolf Heß-Portrait besser nicht mehr im Sportunterricht
tragen solle. Stellte sich dann aber als Stauffenberg heraus und wurde
genehmigt. Dann, als eine andere Tochter ein ausgeschnittenes
Compact-Cover („Merkel verhaften!“) auf ihrem Ordner kleben hatte. Hat
sie artig entfernt. Zuletzt wurde der Sohn einbestellt, weil er seinen
identitären Islamists-not welcome-Hoodie nicht mehr tragen sollte. Was natürlich Fragen aufwirft. Darf man nicht mal mehr offene Türen einrennen?
– – – – –
4. April – Noch mal Schule: Tochter erzählt, daß Anti-AfD-Propaganda
gerade ganz groß im Schwange sei. Hit in Sozialkunde: „Meine Eltern
haben gesagt, daß der Hitler ganz genauso an die Macht gekommen sei.
Ohne Parteiprogramm hat der die Wähler getäuscht. Wenn die Leute wüßten,
was die AfD wirklich plant, würden die sich schön umgucken.“ (Unklar
dabei, ob die Schülerin die Eltern für Zeitgenossen Hitlers hielt.)
Das mal so als Raunen in die Klassenrunde gegeben und gleich vom halbmündigen Podium heftig abgenickt!
Besagte Schülerin hat bei der Juniorwahl übrigens Grün gewählt. Eine
Partei also, die ihre Wähler ganz ernsthaft (Kindersex,
Frühsexualisierung per Schulunterricht) und im übrigen ähnlich wie
Hitler wirklich nicht im Unklaren gelassen hat darüber, was sie wirklich
wollen. (Schülerin: tierlieb.)
– – – – –
5. April 2016 – Mit Spott nach unten halte ich mich zurück. Muß aber
auch mal sein! Seit mir einer, der es wissen muß, gesagt hat, es sei
ganz schwer, bei Leserbriefen Frauen zu repräsentieren (weil die sich
einfach kaum zu Wort melden), und daß deshalb gelegentlich auch
Frauenleserbriefe von seltsamer Qualität & Relevanz abgedruckt
werden (um wenigstens auf 20% zu kommen), lese ich die Briefe meiner
Mitlesenden mit besonderem Augenmerk. Heute wieder auf zwei Schmankerl
gestoßen.
Erstens, Frau B……..-G……… äußerst sich im Programmheft des
Deutschlandradios: „Sie haben gerade ein Interview mit dem Bürgermeister
eines Ortes im Saarland geführt, der 100 Flüchtlinge über dem
Pflichtkontingent aufnehmen will. (…) Ich muss sagen, mir kamen die
Tränen vor Freude, dass es solche Menschen auch noch gibt. Ich dachte,
mein Mann und ich sind die Einzigen, die Frau Merkel unterstützen, ihren
Kurs menschlich, demokratisch und richtig finden, weil man nur noch von
Hass, Missgunst und unglaublichen Sauereien hört.“
Zweitens, Frau K……….-K……… gestern in der Süddeutschen Zeitung enorm
langatmig über ein wünschenswertes „Praktikum der Nächstenliebe“ und
darüber wie sie selbst es handhabt: Sie arbeitet in einem Hospiz, in dem
auch Obdachlose mit Migrationshintergrund aufgenommen werden. „Mehr ist
physisch leider nicht drin, obwohl der Impuls, alles stehen und liegen
zu lassen, um nach Idomeni zufahren, da ist.“ Auch die Enkel dürfen mit
ins Hospiz, außerdem versucht Frau K.-K. den Enkeln „Empathie
vorzuleben“, indem sie „ihnen das Bild des kleinen Flüchtlingsjungen
Aylan, tot am Strand,“ zeige und „ihnen anhand einer kindgerechten
Landkarte von Europa“ erklärt, woher die Flüchtlinge kommen und warum
sie zu uns wollen und warum man etwas ‚abgeben‘ kann von dem, was man
hat.“
Frage mich, ob „Enkel“ hier bloß generisches Maskulinum ist? Dann
hätt’s ein Geschmäckle, oder? In der wissenschaftlichen
Geschlechterforschung heißt es oft, die allgemeine Spannweite (in punkto
Intelligenz, Ausdruckspotenz, Schaffenskraft) sei bei Männern weit
größer als bei Frauen, die in der Summe nicht so viele „Ausschläge“ nach
oben und unten produzierten. In den Leserbriefen (der Mainstreammedien)
scheint es mir genau umgekehrt zu sein. Hier stammen die klügsten und
dümmsten normalerweise aus weiblicher Feder. EK am 7.4. 2016
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