Am 18. März erschien auf Welt Online ein Interview mit der neuen
Generalsekretärin der SPD, Katarina Barley, „Frau Merkel ist im Team
SPD“, in dem sie u.a. sagte, die AfD habe es geschafft, „einen
Personenkreis anzusprechen, der fremdenfeindlich, homophob und
antisemitisch denkt“.
Daraufhin schrieb ich Frau Barley eine Mail, in der ich sie um eine Präzisierung ihrer Aussage bat.
logischerweise kann das der AfD nur mit fremdenfeindlichen,
homophoben und antisemitischen losungen gelungen sein. mag sein, dass
mir etwas entgangen ist, ich wüsste gerne, wann und wo sich ein
vertreter der AfD antisemitisch geäußert hat, indem er z.b. den
holocaust geleugnet, das existenzrecht israels bestritten oder auf die
jüdischen wurzeln der SPD (lassalle) hingewiesen hat. wären sie so nett,
mir mitzuteilen, worauf ihre feststellung basiert?
Katarina Barley war dermaßen damit beschäftigt, die überwältigenden
Wahlerfolge der SPD in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz zu feiern, dass sie keine Zeit hatte, auf meine Bitte zu
reagieren.
Zehn Tage später, am 28.3., wurde ich wieder vorstellig.
ich möchte nicht unhöflich sein und sie nur bitten, meine anfrage
vom 18.3. zu beantworten. sie haben doch sicher mitarbeiterInnen, die
ihnen bei der suche nach den von mir erbetenen belegen helfen könnten.
Katarina Barley nahm meine Anregung auf und delegierte die Aufgabe an
den stellvertretenden Sprecher des SPD-Parteivorstandes, Benjamin
Seifert.
Der schrieb mir am 31.3. diese Mail:
Sehr geehrter Herr Broder,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Mail. Bitte entschuldigen Sie
die späte Antwort - grundsätzlich ist es besser, wenn Sie sich bei
Presseanfragen direkt an die Pressestelle des SPD-Parteivorstandes
wenden. Durch die Vielzahl von Anfragen, die Frau Barley erhält, kann es
zu Verzögerungen bei der Bearbeitung - gerade in der Urlaubszeit -
kommen.
Zu Ihrem Anliegen: Wähler der AfD weisen eine
überdurchschnittlichere Nähe zu antisemitischen Einstellungen auf, als
Wähler anderer Parteien. Das wurde bspw. in mehreren Studien
nachgewiesen, so etwa in der bereits 2014 erschienene Studie „Die
stabilisierte Mitte – Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2014“
(abrufbar unter: http://www.fnp.de/storage/med/onlineredaktion/98985_Mitte_Leipzig_Internet.pdf).
Aktuell lassen sich entsprechende Befunde bspw. auch in einer Studie
des Göttinger Instituts für Demokratieforschung in Zusammenarbeit mit
der Otto-Brenner-Stiftung finden. Abrufbar unter https://www.otto-brenner-shop.de/uploads/tx_mplightshop/AP20_AFD.pdf - hier v.a. interessant S. 34ff.
Grundsätzlich spielen Personen wie der thüringische
Landesvorsitzende Björn Höcke bewusst mit Sprachbildern, die sich auf
die nationalsozialistische Ideologie beziehen. Sei es, dass er von einem
vermeintlichen tausendjährigem Deutschland spricht oder eben auch einen
christlich-jüdischen Antagonismus betont. Ähnliches lässt sich auch bei
seinem sachsen-anhaltinischen Kollegen Andre Poggenburg beobachten.
Daneben häufen sich in der AfD Vorfälle, die auf eine
antisemitische Einstellung zahlreicher Mitglieder hinweisen. Dies wird
teilweise von der Parteiführung bewusst toleriert, wie etwa im Fall von
Jan-Ulrich Weiß, Kreischef der AfD in der Uckermark. Als weiteres
Beispiel lassen sich die Äußerungen von Gunnar Baumgart, ein ehemaliges
Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Weserbergland anführen, der den
Holocaust in einem Facebook-Beitrag offen geleugnet hat. Zwar hat
Baumgart die Partei inzwischen verlassen, dennoch sind solche Vorfälle,
ähnlich wie bei Weiß und anderen, doch deutliche Anzeichen, welchen
Geistes Kind viele Funktionäre dieser - vergleichsweise
mitgliederschwachen - Partei sind. Weitere Beispiele finden sich in der
oben angeführten Studie des Göttinger Instituts. Darüber hinaus sind
auch vielfältige Verbindungen von AfD-Anhängern mit rechten
Organisationen, Burschenschaften und Parteien wie der NPD bekannt.
Ich nahm die Anregung auf und schaute mir die beiden Studien an.
Immerhin hatte ich mal Soziologie und Methoden der empirischen
Sozialforschung studiert. Dann setzte ich mich hin und schrieb eine Mail
an den stellvertretenden Sprecher des SPD-Parteivorstandes, Benjamin
Seifert.
sehr geehrter herr seifert,
haben sie herzlichen dank für ihre mail. grundsätzlich erwarte
ich, dass eine anfrage von der person beantwortet wird, an die ich sie
gerichtet habe. wenn frau barley eine einladung zum einem interview in
der welt oder dem heute-journal bekommt, schickt sie auch nicht den
pressesprecher der SPD oder ihren physiotheraupeuten vor.
was die beiden untersuchungen angeht, die sie mir genannt haben,
um die aussagen von frau barley nachträglich zu untermauern – sie sind
ebenso viel- oder nichtssagend und ebenso auslegungsfähig wie das
parteiprogramm der SPD. Man kann da reinlesen, was man rauslesen möchte,
vor allem wenn man mit einem erkenntnisleitenden interesse an die
arbeit gegangen ist. ich brauche keine aufwendigen studien, um zu
beweisen, dass es in der AfD antisemiten gibt. die gibt es in jeder
organisation, die sich aus mitgliedern einer gesellschaft zusammensetzt,
in der es antisemitismus gibt. der antisemitismus gehört zu
deutschland, und das nicht erst seit 33. das ist nicht weiter schlimm,
wenn man vor dieser tatsache die augen nicht verschliesst oder sie
auslagert.
und genau das tun sie, wenn sie z.b. schreiben, „daneben häufen
sich in der AfD Vorfälle, die auf eine antisemitische Einstellung
zahlreicher Mitglieder hinweisen“.
für mein empfinden häufen sich derzeit vorfälle, die auf eine
zunehmende bedeutungslosigkeit der SPD hinweisen. was die SPD an der AfD
stört, ist nicht die möglicherweise antisemitische einstellung
„zahlreicher“ mitglieder der AfD, sondern dass der AfD auch wähler
zulaufen, die früher die SPD gewählt haben. ihrer logik folgend, könnte
man daraus schließen, dass auch die SPD antisemitisch kontaminiert ist,
die AfD aber diese „einstellung“ besser zu kommunizieren versteht.
was ich darüber hinaus seltsam finde, ist dies: sprecher und
führende funktionäre der SPD, die nach jedem anschlag islamischer
terroristen unermüdlich betonen, man dürfe weder eine religion noch
deren angehörige unter einen „generalverdacht“ stellen, haben nicht die
geringste hemmung, eine ganze gruppe von menschen, die eine bestimmte
partei gewählt haben, unter einen sehr expliziten generalverdacht zu
stellen, vorneweg justizminister heiko maas, der nach den anschlägen
gegen charlie hebdo und einen jüdischen supermarkt in paris nicht etwa
eine zeitungsredaktion oder eine synagoge, sondern eine moschee besucht
hat, wo er sich versichern ließ, der islam wäre eine religion des
friedens, und anschläge wie die von paris hätten mit dem islam nichts zu
tun.
tatsächlich fände ich es nicht schlecht, wenn die SPD einmal vor
der eigenen tür aufräumen würde. wie wäre es zum beispiel mit einer
kommission, die sich mit der frage beschäftigen könnte, was willy brandt
im jahre 1973 während des jom-kippur-krieges dazu bewogen hat,
amerikanischen nachschub für israel über deutsche häfen zu untersagen.
allerdings hat WB auch gesagt, es könnte „keine neutralität der herzen“
geben. ich bin sicher, er hätte sich, wären die arabischen armeen
erfolgreich gewesen, der überlebenden der zweiten endlösung angenommen
und sie zu einem ferienauenthalt nach lübeck eingeladen.
und wissen sie zufällig, welche deutsche partei einen
„strategischen dialog“ mit der FATAH vereinbart hat, die einerseits zur
„gemäßigten“ PLO gehört, andererseits den bewaffneten kampf gegen israel
praktiziert und mörder als helden feiert? nein, es war nicht die AfD,
nicht einmal die NPD, sondern die SPD, die ihre „partnerschaft“ mit der
FATAH vertiefen und „gemeinsame werte“ bekräftigen wollte. witzig, nicht
wahr? fragen sie doch mal bei frau nahles nach, was die grundlage
dieser „gemeinsamen werte“ sein könnte, sie hat die gespräche geführt.
und wissen sie, welcher deutsche politiker israel für die flüchtligskrise verantwortlich gemacht und gesagt hat:
„Deutschland muss seine Rolle im Nahost-Konflikt
ändern. Es muss aus seiner vornehmen Zurückhaltung gegenüber Israel als
Besatzerstaat heraustreten. (...) Wir müssen helfen, dass die Menschen
wieder Anreize haben, in ihren Ländern zu bleiben. Sonst werden wir dem Flüchtlingsstrom nicht Herr.“ es war der OB von jena, albrecht schröter, ein SPD-mann. Überraschung!
und ich will nur der vollständigkeit halber erwähnen, dass ihre
SPD ohne jede hemmung auf gemeinde- und länderebene mit der Linkspartei
zusammenarbeitet, die so gründlich antisemitisch-antizionistisch
versifft ist, dass sogar dietmar bartsch mir gegenüber erklärt hat, wenn
er die antisemiten rausschmeißen würde, wäre die halbe partei draußen.
die aktivitäten und stellungnahmen von herrn paech, frau groth und frau
höger können ihnen doch nicht entgangen sein. ich sage nur: mavi
marmara. und sagt ihnen der name hermann dierkes etwas? hat die SPD
jemals „Vorfälle, die auf eine antisemitische Einstellung zahlreicher
Mitglieder (der Linkspartei) hinweisen“, thematisiert und vor einer wahl
der Linkspartei gewarnt? nein, hat sie nicht, sie wollen sich ihren
potentiellen koalitionspartner nicht vergraulen.
der plötzlich aufscheinende anti-antisemitismus der SPD ist rein
taktischer natur. es wird ihnen nichts nutzen. in sachsen-anhalt darben
sie schon bei 10,6 prozent, in baden-württemberg bei 12,7 prozent.
das ist bitter. aber noch nicht das ende der fahnenstange.
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