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Montag, 11. April 2016

Integration

In diesen Tagen ist viel von Integration die Rede, wobei die meisten wohl davon ausgehen: Wenn beide Seiten sich Mühe gehen, dann klappt das schon. Schließlich hat die Kanzlerin gesagt „Wir schaffen das!" Und: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Aber ist dieser Wille wirklich da? Kann er überhaupt da sein? Nun, bei Muslimen ist es nicht anders als bei Christen und Juden: Es gibt solche und solche. Schaut man näher hin, entdeckt man allerdings durchaus Unterschiede.

Der in Wien als Erich Kandel geborene jüdische Hirnforscher Eric Kandel, der im Jahr 2000 mit dem Nobelpreis geehrt wurde, schreibt über seine Ankunft als neunjähriger Immigrant in den USA: „Ich sprach kein Englisch und hatte das Gefühl, mich anpassen zu müssen. Also strich ich den letzten Buchstaben meines Vornamens Erich. [Sein Bruder] Ludwig unterzog seinen Namen einer noch stärkeren Metamorphose und machte Lewis daraus.“ Wenige Monate später las Eric eines seiner Lieblingsbücher, Kästners Emil und die Detektive, auf Englisch, „eine Leistung, die mich mit Stolz erfüllte.“

Sicher kennt jeder ein muslimisches Kind, das von sich Ähnliches berichten kann. Aber wie sieht es mit der Mehrheit der „Gläubigen“ aus? Mit der Einteilung der Menschheit in „Gläubige“ und „Ungläubige“ fängt es schon an. Der Koran sagt: „Die Gläubigen sind nur diejenigen, die an Allah und seinen Gesandten glauben“ (Sure 24, 62). Alle anderen sind „Ungläubige“, mögen auch Christen und Juden als „Schriftbesitzer“ oder „Leute des Buches“ (ahl al-kitab) einen Sonderstatus als „Schutzbefohlene“ (Dhimmi) „genießen“.

Über die Ungläubigen sagt das Heilige Buch des Islam, sie seien „die schlimmsten der Geschöpfe vor Allah, die auf der Erde laufen“ (Sure 8, 55). Nach anderer Übersetzung: „Siehe, schlimmer als das Vieh sind bei Allah die Ungläubigen.“

Und mit solchen Leute soll sich der gläubige Muslim zu einer Gemeinschaft verbinden? Niemals! Für ihn zählt nur die „Umma“, die weltweite Gemeinschaft der „Gläubigen“. Sittsam verhüllte muslimische Frauen blicken voller Verachtung auf ihre deutschen Geschlechtsgenossinnen, die halbnackt herumlaufen und in ihren Augen nichts anderes als Huren sind. Das war schon zu Zeiten des Islam-Gründers Mohammed so, wie die niederländische Muslimin ägyptischer Herkunft Nahed Selim in ihrem Buch „Nehmt den Männern den Koran!" schreibt. Und ein türkischer Leser der „Welt“ setzt in einem Leserbrief noch eins drauf: „Westliche Frauen sind schamlos und ihre Männer triebhaft.“

„Wir können doch auch hier leben, ohne mit den anderen etwas zu tun zu haben. Wir haben unsere eigenen Vorstellungen. Wir haben hier doch alles, wir brauchen die Deutschen nicht“, äußern sich türkische Frauen gegenüber ihrer deutsch-türkischen Gesprächspartnerin Necla Kelek („Die fremde Braut“). Und, so der Schluss der Autorin vor zehn Jahren: „Wer die Augen öffnet und genau hinsieht, wird erkennen: Die Integration der Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken ist gescheitert.“

Was verleitet dennoch zu der Annahme, dass die Integration bei den jetzt angekommenen und noch folgenden Flüchtlingen gelingen wird? Ich finde keine andere Erklärung als die Palmströmsche Logik Christian Morgensterns: „Weil“, so schließt er messerscharf, „nicht sein kann, was nicht sein darf!" Wir wollen keine Parallelgesellschaften, sagt die Kanzlerin. Aber wir haben sie. Entweder sie weiß es nicht oder will es nicht wahrhaben. Die Welt als Wille und Vorstellung sozusagen. Oder frei nach Pippi Langstrumpf, schafft sie sich die Welt, so wie sie ihr gefällt.

Der Koran warnt die „Gläubigen“ geradezu vor Integration: „O die ihr glaubt! Nehmt euch keine Ungläubigen zu Freunden vor den Gläubigen!" (Sure 4, 144). Oder: „O die ihr glaubt! Nehmt nicht die Juden und die Nazarener zu Freunden. Sie sind einander Freunde. Wer von euch sie zu Freunden nimmt, der ist fürwahr einer von ihnen“ (Sure 5, 51).

Diejenigen unter den Muslimen, die sich lieber auf das gesprochene Wort verlassen, weil sie das geschriebene ohnehin nicht lesen können, hören die gleiche Botschaft bei Yusuf al-Qaradawi, den selbst ein Billy Graham in seinen besten Zeiten um seine Einschaltquoten bei Al-Jazira beneidet hätte. Qaradawi empfiehlt den muslimischen Immigranten, sich nach dem Vorbild der Juden (ausgerechnet!) in Ghettos zusammenzufinden: „Versucht inmitten der umfassenden Gesellschaft Eure eigene kleine Gesellschaft zu bilden, andernfalls löst ihr euch auf wie Salz im Wasser“. 
Ein unmissverständlicher Aufruf zur Verweigerung von Integration und Bildung von Parallelgesellschaften.

Wie kommt es nun, dass gleichwohl nicht wenige Muslime beiderlei Geschlechts unter uns leben, an deren gelungener Integration nicht der geringste Zweifel besteht? Es ist, wie schon angedeutet, wie bei Christen und Juden: Sie folgen nicht der offizielle Glaubenslehre, sondern haben sich „ihren“ Islam nach eigenen Vorstellungen geformt. Dazu gehören Trennung von Religion und Staat, Verständnis des Koran als Buch, das zwar Gottes Wort enthält, aber von Menschen geschrieben wurde und deshalb auch historisch ausgelegt werden muss sowie schließlich Verständnis von Mohammed als Mensch mit allen menschlichen Fehlern und Schwächen, also mitnichten „ein schönes Vorbild“ für alle Muslime (Sure 33, 21).

Die bereits erwähnte Nahed Selim hat das treffend so ausgedrückt: „Gläubige Menschen sind grundsätzlich nicht kritisch. Tiefgläubige Menschen akzeptieren ohne weiteres alles, was in einem Text steht. Sie analysieren nicht. Sie sind eher bereit, dem Text zu glauben, als ihrer eigenen Kritikfähigkeit zu vertrauen. Ich bin auch gläubig, bemühe mich aber um einen kritischen Glauben. Einen Glauben, der auch einer kritischen Analyse standhält.“ Und: „Gott vergib mir, dass ich Deine Verse kritisiere, und ich vergebe Dir diese beleidigenden und frauenfeindlichen Texte.“
Wenn alle oder wenigstens die meisten Muslime so dächten, wäre das Problem der Integration gelöst.  Rainer Grell am 11. 4. 2016

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