In diesen Tagen ist viel von Integration die Rede, wobei die
meisten wohl davon ausgehen: Wenn beide Seiten sich Mühe gehen, dann
klappt das schon. Schließlich hat die Kanzlerin gesagt „Wir schaffen
das!" Und: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Aber ist dieser Wille
wirklich da? Kann er überhaupt da sein? Nun, bei Muslimen ist es nicht
anders als bei Christen und Juden: Es gibt solche und solche. Schaut man
näher hin, entdeckt man allerdings durchaus Unterschiede.
Der in Wien als Erich Kandel geborene jüdische Hirnforscher Eric
Kandel, der im Jahr 2000 mit dem Nobelpreis geehrt wurde, schreibt über
seine Ankunft als neunjähriger Immigrant in den USA: „Ich sprach kein
Englisch und hatte das Gefühl, mich anpassen zu müssen. Also strich ich
den letzten Buchstaben meines Vornamens Erich. [Sein Bruder] Ludwig
unterzog seinen Namen einer noch stärkeren Metamorphose und machte Lewis
daraus.“ Wenige Monate später las Eric eines seiner Lieblingsbücher,
Kästners Emil und die Detektive, auf Englisch, „eine Leistung, die mich
mit Stolz erfüllte.“
Sicher kennt jeder ein muslimisches Kind, das von sich Ähnliches
berichten kann. Aber wie sieht es mit der Mehrheit der „Gläubigen“ aus?
Mit der Einteilung der Menschheit in „Gläubige“ und „Ungläubige“ fängt
es schon an. Der Koran sagt: „Die Gläubigen sind nur diejenigen, die an
Allah und seinen Gesandten glauben“ (Sure 24, 62). Alle anderen sind
„Ungläubige“, mögen auch Christen und Juden als „Schriftbesitzer“ oder
„Leute des Buches“ (ahl al-kitab) einen Sonderstatus als
„Schutzbefohlene“ (Dhimmi) „genießen“.
Über die Ungläubigen sagt das
Heilige Buch des Islam, sie seien „die schlimmsten der Geschöpfe vor
Allah, die auf der Erde laufen“ (Sure 8, 55). Nach anderer Übersetzung:
„Siehe, schlimmer als das Vieh sind bei Allah die Ungläubigen.“
Und mit solchen Leute soll sich der gläubige Muslim zu einer
Gemeinschaft verbinden? Niemals! Für ihn zählt nur die „Umma“, die
weltweite Gemeinschaft der „Gläubigen“. Sittsam verhüllte muslimische
Frauen blicken voller Verachtung auf ihre deutschen
Geschlechtsgenossinnen, die halbnackt herumlaufen und in ihren Augen
nichts anderes als Huren sind. Das war schon zu Zeiten des
Islam-Gründers Mohammed so, wie die niederländische Muslimin ägyptischer
Herkunft Nahed Selim in ihrem Buch „Nehmt den Männern den Koran!"
schreibt. Und ein türkischer Leser der „Welt“ setzt in einem Leserbrief
noch eins drauf: „Westliche Frauen sind schamlos und ihre Männer
triebhaft.“
„Wir können doch auch hier leben, ohne mit den anderen etwas zu tun
zu haben. Wir haben unsere eigenen Vorstellungen. Wir haben hier doch
alles, wir brauchen die Deutschen nicht“, äußern sich türkische Frauen
gegenüber ihrer deutsch-türkischen Gesprächspartnerin Necla Kelek („Die
fremde Braut“). Und, so der Schluss der Autorin vor zehn Jahren: „Wer
die Augen öffnet und genau hinsieht, wird erkennen: Die Integration der
Mehrheit der in Deutschland lebenden Türken ist gescheitert.“
Was verleitet dennoch zu der Annahme, dass die Integration bei den
jetzt angekommenen und noch folgenden Flüchtlingen gelingen wird? Ich
finde keine andere Erklärung als die Palmströmsche Logik Christian
Morgensterns: „Weil“, so schließt er messerscharf, „nicht sein kann, was
nicht sein darf!" Wir wollen keine Parallelgesellschaften, sagt die
Kanzlerin. Aber wir haben sie. Entweder sie weiß es nicht oder will es
nicht wahrhaben. Die Welt als Wille und Vorstellung sozusagen. Oder frei
nach Pippi Langstrumpf, schafft sie sich die Welt, so wie sie ihr
gefällt.
Der Koran warnt die „Gläubigen“ geradezu vor Integration: „O die ihr
glaubt! Nehmt euch keine Ungläubigen zu Freunden vor den Gläubigen!"
(Sure 4, 144). Oder: „O die ihr glaubt! Nehmt nicht die Juden und die
Nazarener zu Freunden. Sie sind einander Freunde. Wer von euch sie zu
Freunden nimmt, der ist fürwahr einer von ihnen“ (Sure 5, 51).
Diejenigen unter den Muslimen, die sich lieber auf das gesprochene
Wort verlassen, weil sie das geschriebene ohnehin nicht lesen können,
hören die gleiche Botschaft bei Yusuf al-Qaradawi, den selbst ein Billy
Graham in seinen besten Zeiten um seine Einschaltquoten bei Al-Jazira
beneidet hätte. Qaradawi empfiehlt den muslimischen Immigranten, sich
nach dem Vorbild der Juden (ausgerechnet!) in Ghettos zusammenzufinden:
„Versucht inmitten der umfassenden Gesellschaft Eure eigene kleine
Gesellschaft zu bilden, andernfalls löst ihr euch auf wie Salz im
Wasser“.
Ein unmissverständlicher Aufruf zur Verweigerung von
Integration und Bildung von Parallelgesellschaften.
Wie kommt es nun, dass gleichwohl nicht wenige Muslime beiderlei
Geschlechts unter uns leben, an deren gelungener Integration nicht der
geringste Zweifel besteht? Es ist, wie schon angedeutet, wie bei
Christen und Juden: Sie folgen nicht der offizielle Glaubenslehre,
sondern haben sich „ihren“ Islam nach eigenen Vorstellungen geformt.
Dazu gehören Trennung von Religion und Staat, Verständnis des Koran als
Buch, das zwar Gottes Wort enthält, aber von Menschen geschrieben wurde
und deshalb auch historisch ausgelegt werden muss sowie schließlich
Verständnis von Mohammed als Mensch mit allen menschlichen Fehlern und
Schwächen, also mitnichten „ein schönes Vorbild“ für alle Muslime (Sure
33, 21).
Die bereits erwähnte Nahed Selim hat das treffend so ausgedrückt:
„Gläubige Menschen sind grundsätzlich nicht kritisch. Tiefgläubige
Menschen akzeptieren ohne weiteres alles, was in einem Text steht. Sie
analysieren nicht. Sie sind eher bereit, dem Text zu glauben, als ihrer
eigenen Kritikfähigkeit zu vertrauen. Ich bin auch gläubig, bemühe mich
aber um einen kritischen Glauben. Einen Glauben, der auch einer
kritischen Analyse standhält.“ Und: „Gott vergib mir, dass ich Deine
Verse kritisiere, und ich vergebe Dir diese beleidigenden und
frauenfeindlichen Texte.“
Wenn alle oder wenigstens die meisten Muslime so dächten, wäre das Problem der Integration gelöst. Rainer Grell am 11. 4. 2016
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