Frage: Warum ist Akif Pirinçci nicht bei seinem politischen Stammverlag „Manuscriptum“ geblieben?
Antwort: Es war vor zwei Jahren eine glückliche Entscheidung, daß Pirinçci zu „Manuscriptum“ ging, obwohl er Deutschland von Sinnen zunächst bei Antaios zur Prüfung vorgelegt hatte. Unser Verlag war aber damals 1. nicht in der Lage, das finanzielle Risiko zu tragen, 2. mit Pirinçcis Sprache nicht einverstanden und 3. kurz davor, amazon.de als entscheidende Vertriebsplattform einzubüßen.
Im Nachgang zeigte sich, daß die Entscheidung für „Manuscriptum“ auch politisch klug war: Antaios ist ein dezidiert rechtsintellektueller Verlag, die Markierung des Autors wäre eindeutig gewesen. Bei „Manuscriptum“ hielt der irritierende Faktor die öffentliche Reaktion in einer dem Buch und dem Verkauf zuträglichen Spannung. Der Verlag brachte zwei weitere Titel von und mit Pirinçci, zuletzt Die große Verschwulung.
Die medialen Hinrichtung Pirinçcis nach seinem Pegida-Auftritt und die Streichung dieses Autors aus der etablierten Verlagswelt und allen relevanten Vertriebsstrukturen, bestärkte “Manuscriptum“ in der bereits getroffenen Entscheidung, nicht ausschließlich als „Pirinçci-Verlag“ in die Geschichte eingehen zu wollen. Man kann nun zeigen, daß man einen breitangelegten Verlag betreibt, der mit Klonovsky, Fasbender, Lassahn und Böckelmann exquisite Autoren aufbieten kann.
Frage: Warum ist Pirinçci zu Antaios gewechselt? Was ist nun anders als vor zwei Jahren?
Antwort: Um die drei Punkte aufzugreifen, die vor zwei Jahren einem Vertragsabschluß entgegenstanden – 1. Antaios ist mittlerweile in der Lage, einen Autor wie Pirinçci zu stemmen; 2. Pirinçci hat das typische Antaios-Lektorat akzeptiert und sich sprachlich gewandelt, ohne seine inhaltliche Schärfe einzubüßen; 3. amazon.de ist futsch, aber es ist in den vergangenen zwei Jahren ein Verlags-, Vertriebs- und Publikationsnetzwerk entstanden, das völlig unabhängig vom Mainstream und sogar gegen ihn Autoren und Themen in die Breite tragen kann.
Und zuletzt: Bei Antaios ist Pirinçci ein Autor unter anderen sehr erfolgreichen Autoren. Antaios wird durch ihn nicht als etwas markiert, das der Verlag nicht sowieso ist: eines der Sturmgeschütze der Meinungsfreiheit, um mal ein Spiegel-Motto zu kolportieren.
Frage: Nach der berühmt-berüchtigten Pegida-Rede von Pirinçci las man in diesem Netz-Tagebuch Kritik an ihm. Und nun doch Zusammenarbeit?
Antwort: Wer im Oktober zum 1. Geburtstag von Pegida mit hinter der Bühne war und Pirinçci nicht davon abhalten konnte, ins offene Messer zu laufen und so die Berichterstattung über den Jahrestag des wichtigsten Demonstrationsbündnisses Deutschlands auf dumme Weise zu prägen, darf sich danach durchaus einmal öffentlich auskotzen.
Als dann aber zwei Tage später klar war, daß die „Zivilgesellschaft“ an Pirinçci ein Exempel statuieren, ihn verleumden und beruflich vernichten würde, um damit Pegida zu treffen, war unsere differenzierte Kritik obsolet. Wir löschten sie und warfen unser Räderwerk innerhalb des immer stabiler werdenden Widerstandsmilieus an – und können sagen, daß wir einen nicht geringen Anteil daran haben, daß es diesen rotzfrechen Autor noch gibt. Daß dies letztlich in eine Zusammenarbeit zwischen Autor und Verlag münden würde, war vor sechs Monaten noch nicht absehbar.
Frage: Aber paßt Pirinçci überhaupt in den Verlag Antaios? Er ist nicht rechtsintellektuell, sondern ein Experte für Fäkalsprache …
Antwort: Der Soziologe Armin Nassehi hat heute früh in der Lesart von Deutschlandradio Kultur im Prinzip genau diese Frage beantwortet, dem ist tatsächlich nicht viel hinzuzufügen. Zitat aus dem Radiogespräch, das man hier nachhören kann:
Pirinçci ist natürlich zu einem Art „Opferhelden“ geworden, weil er aus seinen sonstigen publizistischen Geschichten rausgefallen ist … denn wenn einer so den Komment verläßt, wie eine intellektuelle Auseinandersetzung stattfindet, dann kann man daran dann schon so eine entsprechende Person vorführen. Und jetzt führt der Antaios-Verlag vor, daß man sich von der Lügenpresse oder den Lügenverlagen – ich weiß nicht, ob es diesen Begriff gibt – jetzt nicht vorführen läßt. Ich würde das eher als ein politisches Statement ansehen als eine Idee ernsthafter Auseinandersetzung.Frage: Kurzum – Pirinçci ist nun bei Antaios, weil damit eine politische Botschaft verknüpft ist?
Antwort: Ja, das spielt eine ganz große Rolle. Die Botschaft lautet: Es ist in Deutschland nicht mehr möglich, einen Autor, der politisch und medial für seine Widerstandspositionen geschlachtet werden soll, tatsächlich auch zu schlachten. Es gibt für solche Autoren gottlob einen Bewegungsspielraum, der Tag für Tag größer wird, und Antaios ist ein Teil dieses selbstbewußten medialen, vorpolitischen und politischen Raumes. Wenn Antaios verlegt, PI berichtet, die Junge Freiheit interviewt, Compact Lesungen veranstaltet und die vielen kleinen und größeren Buchversande und Internetseiten das, was unterdrückt werden soll, in die Netzwerke schießen, dann wächst das Bäumchen auch ohne die staatlich finanzierten Bewässerungssysteme.
Frage: Zeichnet sich bereits ab, daß mit Pirinçci alles anders ist?
Antwort: Ja. Ein Beispiel ist der Boykott des Titels durch die Barsortimente, jenen Zwischenhändlern also, die den kompletten Buchhandel beliefern. Nach dem entscheidend wichtigen libri hat nun auch Umbreit die Aufnahme des Titels abgelehnt, KNV wird ebenfalls nicht mitziehen. Damit ist das Buch für den Buchhandel praktisch nicht existent, und nicht nur Umvolkung: Der ganze Pirinçci ist ja gelöscht im Zwischenhandel. Antaios weiß um das Risiko, sich wieder einmal zu exponieren, und es wird nun ein fleißiges twittern von Seiten der zivilcouragierten Verlag-Stalker mit sekundärem Intellekt anheben, daß man doch eigentlich das Gesamtprogramm von Antaios aus den Barsortimenten streichen könnte, sollte, müßte.
In aller Deutlichkeit: Pirinçci jetzt zu verlegen, ist ein Widerstandsakt; ihn jetzt zu kaufen, zu lesen und zu verschenken übrigens auch! Das ist für jeden unkompliziert und wirkungsvoll direkt beim Verlag Antaios möglich, und zwar hier.
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