Die Politik in Deutschland lasse christliche Flüchtlinge und Angehörige
anderer Minderheiten wie Jesiden gegenüber Bedrohungen durch Muslime
weitgehend schutzlos. Diesen Vorwurf erhoben fünf
Menschenrechtsorganisationen bei einem gemeinsamen Auftritt im Haus der
Bundespressekonferenz. Es verfestige sich der Eindruck, dass die
„dramatische Entwicklung verdrängt, verharmlost oder nicht beachtet“
werde, hieß es in einer Presseerklärung. Häufig werde fälschlicherweise
nur von „Einzelfällen“ gesprochen. Die Organisationen forderten die
Politik und Behörden auf, endlich für wirksamen Schutz zu sorgen.
Die
Pressekonferenz wurde vom christlichen Hilfswerk „Open Doors“, dem
Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland (ZOCD), dem
katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“, der „Aktion für verfolgte
Christen und Notleidende“ (AVC) und der Internationalen Gesellschaft für
Menschenrechte (IGFM) veranstaltet.
Als Zeugen waren die christlichen
Flüchtlinge Fadi S. aus Syrien und Ramin F. aus dem Iran anwesend. Auf
dem Podium saß auch Pfarrer Gottfried Martens von der Selbständigen
Evangelisch-Lutherischen Kirche (Selk) in Berlin-Brandenburg, der schon
seit Langem auf die unhaltbare Lage vieler Christen, aber auch zum
Beispiel von Jesiden in Flüchtlingsheimen angesichts der Bedrohungen
durch Muslime hinweist.
Die Organisationen appellierten an
Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich dieser „unerträglichen Situation von
schweren Menschenrechtsverletzungen in Deutschland endlich zu widmen“
und dies zur Chefsache zu machen.
Es genüge nicht, wenn Merkel die
Religionsfreiheit nur im Ausland anspreche. Der Vorsitzende von „Open
Doors“, Max Rode, sagte, unter christlichen Flüchtlingen in den
Unterkünften herrsche häufig ein „Klima von Angst und Panik“. Rode
stellte die Ergebnisse einer Befragung von Christen mittels Fragebögen
vor. Darin sind allein aus zwei Monaten 231 Vorfälle aus ganz
Deutschland dokumentiert. Bei ihnen geht es um Diskriminierung,
Körperverletzungen, sexuelle Übergriffe und sogar Todesdrohungen durch
Muslime. Die Christen gaben an, sowohl durch Mitflüchtlinge als auch
vonseiten des Wachpersonals Verfolgung erlebt zu haben. Drei Viertel der
Befragten wurden wiederholt angegriffen. 80 Prozent der Befragten
wünschen sich eine getrennte Unterbringung von Christen und Muslimen.
Wie
die IGFM erklärte, haben sich jesidische Frauen und Mädchen an sie
gewandt, weil muslimische Dolmetscher sie bedroht oder ihre Aussagen in
Anhörungsverfahren falsch übersetzt hatten. Über bewusst falsche
Übersetzungen durch muslimische Dolmetscher hat auch schon „Report
München“ vom Bayerischen Rundfunk berichtet. Wie der ZOCD mitteilte,
unterhält er eine Notfall-Hotline, bei der an Spitzentagen bis zu 100
Anrufe betroffener Christen eingehen, häufig mit Meldungen über
gewaltsame Übergriffe.
Die gemeldeten Vorfälle stellten nur die
Spitze des Eisbergs dar, wurde betont. Vieles werde aus Angst vor
Todesdrohungen – auch gegenüber den in Heimatländern verbliebenen
Angehörigen – nicht gemeldet. Die Organisationen fordern die Erfassung
der Religionszugehörigkeit bei der Erstaufnahme und Weitergabe der Daten
bei Verlegung in andere Unterkünfte. Außerdem müsse der
„nicht-muslimische Anteil“ beim Wachpersonal erhöht werden. Muslimischer
Wachschutz sei „mehrmals selbst zum Täter“ geworden. Strafanzeigen
würden praktisch nichts bewirken oder zu vermehrten Bedrohungen führen,
hieß es.
Pfarrer Martens hatte bereits im April auf einer Veranstaltung
der CDU/
CSU-Fraktion zur Lage in den Flüchtlingsheimen erklärt, er
rate Christen inzwischen von Strafanzeigen ab, außer in „extremen
Fällen“. Denn nach seiner Erfahrung gebe es dann immer „massenhaft
Gegenanzeigen“, es stünde Aussage gegen Aussage, und am Ende gingen die
Christen als Verlierer hervor.
Auf der CDU/CSU-Veranstaltung hatten
der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder und der katholische Bischof von
Berlin, Heiner Koch, eine von vornherein getrennte Unterbringung von
Christen und Muslimen als angeblich nicht nötig abgelehnt.
Martens hatte
damals für wenigstens Schutzräume plädiert, wenn akute Notlagen
entstanden sind. Jetzt erklärte er auf Nachfrage der PAZ, er halte es
nach wie vor für sinnvoll, nicht-muslimische Minderheiten von vornherein
getrennt unterzubringen. Alle anderen derzeit dis-kutierten Lösungen
seien schlechter. Das Bereitstellen von Schutzräumen sei nur ein
Provisorium: „Jetzt müssen wir an Stelle des Staates die Menschen aus
den Heimen herausholen. Das kann doch keine Dauerlösung sein.“
Die
gemeinsame Unterbringung von Muslimen und Christen erfolge „ja immer
unter dem Vorzeichen, es müsse doch möglich sein, dass Integration
gelingt“. Aber die gelinge eben nicht, wenn die nicht-muslimischen
Minderheiten weniger als fünf Prozent ausmachten. Hinzu komme die
„fatale Entscheidung“, dass Asylbewerber sechs Monate in den
Erstaufnahme-Einrichtungen verbringen müssen. „In der Zeit werden die
Minderheiten bis zum Geht-nicht-mehr schikaniert“, erklärte Martens.
Paulus Kurt vom ZOCD hatte auf die Frage der PAZ erklärt, auch seine
Organisation habe immer eine getrennte Unterbringung gefordert. „Aber
nachdem wir gemerkt haben“, sagte Kurt, „dass die Politik und auch die
Kirchen da nicht mitmachen, wollen wir wenigstens eine höhere
Prozentzahl von Christen in einer Unterkunft.“ Martens bezweifelte
hingegen, dass solche ausgewogeneren Verhältnisse in Zukunft hergestellt
werden. Der syrische Christ Fadi S. erklärte: „Ich bin vor den
Islamisten geflohen und begegne ihnen wieder hier im Flüchtlingsheim.“
Einige würden offen erklären, den Islamischen Staat (IS) zu
unterstützen. Michael Leh
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