Freitag, 27. Mai 2016
Bald ist ganz Deutschland reif für die Klapsmühle
Öko-Ideologen prangern den neuen Sündenbock mit dem gefährlich klingenden Namen an als sei der leibhaftige Teufel ausgebrochen: Glyphosat ist das neue Chlorhühnchen. Dass Dutzende von wissenschaftlichen Untersuchungen das Pflanzenschutzmittel als unbedenklich einstufen – es schert die Öko-Fundis nicht. Dass Glyphosat der weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichter und im Kampf gegen den Hunger ein Haupthelfer ist – es lässt die Alarmismus-Industrie kalt. Dass ein Ende des Glyphosat-Einsatzes – in Deutschland kommt es auf etwa 40 Prozent der Felder zum Einsatz – tausende von Bauern in Not brächte, es ist ihnen in ihrem Öko-Fanatismus gleich.
Wer sich unter Glyphosat-Aktivisten umhört, der könnte meinen, es sei so etwas wie die ultimative Krebs-Epidemie im Anmarsch. Was den Klimaschützern der Symbol-Eisbär war, den TTIP-Feinden das Chlorhühnchen, das wird nun den Agrar-Hassern das Glyphosat – ein negativer Fetisch.
Nun kennt man diese Fetische aus der grünen Radikal-Szene schon seit Jahren. Nur diesmal steckt die Sündenbockjagd sogar die Bundesregierung auf peinliche Weise an. Die SPD hat derart große Angst davor, von den Grünen auch bei den kommenden Wahlen als linke Führungsmacht abgelöst zu werden, dass sie die Glyphosat-Apokalypse bereits am eigenen Parteienleib fühlt – als ginge es um einen politischen Krebs.
Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hält den Unkrautvernichter für unbedenklich, alle Prüfungen unabhängiger Institute sind abgeschlossen und die Bundesregierung hatte sich logischerweise entschieden, die Zulassung zu verlängern. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt erklärte offiziell für Union und SPD: „Die Wissenschaft kommt zu dem Ergebnis, dass bei sachgemäßer Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bestehen.“ Alles schien unter den Ministerien und zwischen Union wie SPD geklärt.
Doch dann keimte in der SPD-Fraktion die Angst, man könne damit den Grünen ein neues Wahlkampfthema verschaffen. SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht meldete Aufruhr. Umweltministerin Barbara Hendricks und Vizekanzler Sigmar Gabriel knickten schließlich ein – und mutieren nun plötzlich zu Glyphosat-Kritikern.
Eine sozialdemokratische „Rolle rückwärts“, beklagte Agrarminister Schmidt (CSU), der Bundeskanzlerin Angela Merkel und die gesamte deutsche Landwirtschaft hinter sich weiß. Damit ist der Koalitionskrach da: Die Union ist für die weitere Zulassung von Glyphosat, die SPD ist dagegen.
Bei den EU-Verhandlungen geht Deutschland, an dessen Position sich Europas Glyphosat-Politik entscheidet, nun also auf einen peinlichen Enthaltungskurs – was viele EU-Partnerländer irritiert. „Berlin kann man offenbar in keiner Frage mehr trauen. Der einstige Stabilisator Europas ist sein Unsicherheitsfaktor geworden“, kritisieren EU-Diplomaten in Brüssel. Die EU-Partner sorgen sich, weil ohne Glyphosat-Einsatz schlagartig mehr Getreideeinfuhren für Nahrungs- und Futtermittel nötig würden, der Wohlfahrtsverlust ginge in die Milliarden Euro.
Unterdessen melden sich immer mehr Wissenschaftler, die die Unbedenklichkeit von Glyphosat in ihren Studien nachgewiesen haben. Professorin Heidi Foth, Direktorin des Instituts für Umwelttoxikologie der Universität Halle-Wittenberg, erklärt für ihre Zunft: „Es ist eindeutig nicht krebserregend nach all diesen Fakten und Sachlagen, die wir haben.“ Die Studien dazu seien belastbar. „Wir dürfen diesem Votum vertrauen.“
Im Landwirtschaftsministerium heißt es nun zähneknirrschend-diplomatisch, man versuche weiter, eine gemeinsame Position innerhalb der Bundesregierung zu finden. Dies sei „angesichts der Rahmenbedingungen“ allerdings sehr schwierig. Die Wankelmütigkeit, ohnedies ein Markenzeichen Sigmar Gabriels, dürfte den Sozialdemokraten nun deutlich mehr schaden als eine Glyphosat-Debatte unter Öko-Nerds. Die SPD begeht politischen Selbstmord aus Angst vor dem Tod.
Dieser Text erschien zuerst in The European hier
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