Was
ist Pressefreiheit? Der Journalist Paul Sethe äußerte hierzu 1965:
„Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre
Meinung zu verbreiten.“ Das grundgesetzlich garantierte Recht wird also
von einer kleinen Schicht aus Verlegern und Chefredakteuren inhaltlich
bestimmt. Neben dem Druck von oben bestehen für Journalisten interne
Zwänge in einem Berufsmilieu, das mehrheitlich deutlich von rot-grünen
Präferenzen beherrscht wird.
Man könnte also die Problematik der Pressefreiheit auch mit einer
Frage an das bekannte „Radio Eriwan“ umschreiben: „Kann jeder
Sowjetbürger ein Radioprogramm moderieren?“ Antwort: „Im Prinzip ja.
Aber es bedarf der Genehmigung zum Betrieb eines Sendemastes.“
Für den Normalbürger, also die zu 99,9 Prozent nicht im Journalismus
tätigen Menschen, bedeutete das bislang, daß sie einfach Vertrauen in
die ihnen via Pressefreiheit vorgesetzten Informationen und
Meinungskommentare haben mußten. Unmut konnten sie allenfalls in Form
von Leserbriefen äußern, die zu drucken in der Entscheidung einer
Redaktion stand.
Dieses vormundschaftliche Informationsprinzip verliert im Zuge der
Ausweitung des Internets an Macht. Die Politik wird noch, via Schutz vor
„Haßkommentaren“, versuchen, die Tür wieder zuzusperren. Aber ganz wird
das nicht mehr gelingen. Zudem sind viele Bürger zunehmend mißtrauisch
gegenüber den Leitmedien, deren Schlagseite sie viele Jahre miterleben
durften.
Medienvertreter bemühen sich zwar krampfhaft, den Vorwurf der
„Lügenpresse“ abzuwehren und das eigene Schaffen als seriös
darzustellen. Doch dazu ist es wohl längst zu spät. Dem Ehemann, der
über die Jahre zu häufig fremd gegangen ist, traut man nicht mehr, wenn
er nun die Treue beteuert.
Hier eine „fremdenfeindliche“ Tat, die mit Sonderseiten und
Kommentaren hochgeschrieben wurde, dort eine Tat von Fremden, die nur
den Weg in die Randspalten der Lokalpresse gefunden hat. Hier ein nicht
genannter und angeblich „irrelevanter“ ethnischer Hintergrund, wenn es
um Straftaten geht, dort ein hervorgehobener und plötzlich relevanter
ethnischer Hintergrund, wenn wirtschaftliche Erfolgsgeschichten von
Einwanderern positiv vorgestellt werden sollen.
Hier die Sondersendungen über die „Gefahr von rechts“, dort das
desinteressierte Achselzucken, wenn mal wieder das Hamburger Schanzenviertel verwüstet wurde. Hier ein Jammern, wenn sich
Journalisten oder Politiker der Regierungsparteien angegriffen fühlen,
dort ein bewußtes Bloßstellen von Andersdenkenden oder die
Verharmlosung, wenn konservative Oppositionelle von linken
„Gegendemonstranten“ beleidigt, bedroht, geschlagen werden.
Viele Bürger haben ihre so gemachten Erfahrungen und ihre Wut zu dem
Schlagwort „Lügenpresse“ verdichtet. Den Kern trifft der Begriff
allerdings nicht. Richtige Lügen werden meist nicht in den Medien
transportiert, sondern Tendenz wird journalistisch subtiler vermittelt:
Durch verschweigen, weglassen, betonen oder den Gebrauch bestimmter
Worte.
[Lichterkette für Helldeutschland, Fackelzug für Dunkeldeutschland]
Beim Fernsehen kommt der Einsatz von Hintergrundmusik, Schnitt, Licht
und Kameraeinstellung hinzu. Heimlich gefilmte oder offen interviewte
Konservative können hiervon ein Liedchen singen. Dieser
Tendenzjournalismus zeigt sich ebenso im wahlweise betroffenen, empörten
oder strengen, lehrerhaften Sprachduktus von Nachrichtenmoderatoren a
la Claus Kleber.
Die Lage dürfte sich im Zuge zunehmender sozialer Spannungen
verschärfen. Halten viele Medien ihre eigenen Leser und Zuschauer
bislang für zu unmündig, um ihnen bestimmte Informationen ungefiltert
zukommen zu lassen, so werden die „Unmündigen“ zunehmend zum Feindbild.
Je mehr die herbeigeschriebene „multikulturelle“ Gesellschaft mit
negativen Realitäten konfrontiert wird, um so mehr wird man Sündenböcke
im Lager der Einwanderungskritiker beziehungsweise der „Rechten“ suchen.
Schon die Sowjetunion kannte den Begriff des „Saboteurs“, der die
Verwirklichung des Kommunismus behindere. Und so könnte scheinbar auch
heute alles so friedlich und bunt sein, wenn nicht ständig
„Brandstifter“ zündeln und „Haß schüren“ würden, wie der Sozialdemokrat
Ole von Beust dieser Tage Thilo Sarrazin vorwarf. „Pegida“-Demonstranten wurde schon vorgeworfen, Schuld an finanziellen Einbußen der betreffenden Kommunen zu sein.
Nun kam ein weiterer Vorwurf hinzu. Zum „Internationalen Tag der
Pressefreiheit“ wurde in den Medien die Gefährdung des Grundrechts durch
eine „Front der Wütenden“ beklagt. „Lügenpresse“-Anfeindungen gegen
Journalisten nähmen zu.
Christian Mihr,
Geschäftsführer von „Reporter ohne Grenzen“, einer von Unternehmen und
Steuergeldern mitfinanzierten „Nichtregierungsorganisation“, beklagte
gar Gewalttaten gegen Journalisten im Umfeld von
„Pegida“-Demonstrationen.
Auch Helmut Heinen, Herausgeber der „Kölnischen Rundschau“,
kritisierte Angriffe gegen Journalisten im Umfeld von
rechtspopulistischen Kundgebungen: „Was sagt das über unser Land und
seine Debattenkultur?“ Nichts gutes, könnte man ihm antworten, doch
welche „Debatte“ wollen politisch eindeutig positionierte TV-Sendungen
wie die „Tagesthemen“ oder „Heute Show“ denn wirklich führen?
Nun ist es völlig richtig, sich gegen Gewalt zu positionieren.
Abgesehen davon aber, sind der Mangel an journalistischer Selbstkritik
und die Richtung des Vorwurfs bemerkenswert. Normalerweise wird davon
ausgegangen, daß die Medien dem Informationswunsch der Bürger
entsprechen, während es Versuche der Mächtigen gibt, sie zu zensieren.
Jetzt aber wird dem regierungskritischen Volk vorgeworfen, nicht mehr
mit den gelieferten Informationen einverstanden zu sein.
Die Gefährdung der Pressefreiheit geht also nach dieser Lesart nicht
mehr so sehr von oben, als vielmehr von unten aus. Also von den eigenen
Abonnenten, Lesern und Zuschauern. Wenn sich diese Frontstellung
verfestigen sollte, dürfte Claus Kleber selbst dann keine Chance mehr
haben, wenn er in Zukunft einmal „ich liebe doch alle – alle Menschen“
in die Kamera hauchen sollte. Die Pressefreiheit werden dann womöglich
ganz andere schützen.
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