Stationen

Donnerstag, 12. Mai 2016

Eine Frage der Ehre

Reinhard Mey hat vor Jahren einen geradezu visionären Text zum Lied "Das Narrenschiff" geschrieben:
...Der Steuermann lügt, der Kapitän ist betrunken
Und der Maschinist in dumpfe Lethargie versunken
Die Mannschaft, lauter meineidige Halunken
Der Funker zu feig um SOS zu funken
Klabautermann führt das Narrenschiff
Volle Fahrt voraus und Kurs aufs Riff!

Ich weiß nicht, ob sich Reinhard Mey von mir so ungefragt vereinnahmen lassen will. Aber ich verstehe ihn eben so: Ja, „auf der Brücke der Deutschland tummeln sich Tölpel und Einfaltspinsel“.
Doch nun grollt dumpfe Rebellion aus dem Maschinenraum. 17 Meuterer von der CDU/CSU machen ihrem Groll in einem Manifest an Angela Merkel Luft. Verfassungsklage hin, Brandbrief her, bisher hat Kapitän Merkel den Kurs nicht geändert. Die Namen des Häufleins der Aufrechten sind für mich eine Ehrenliste. Ein paar Mutige aus der über dreihundert Abgeordneten starken CDU/CSU Fraktion, die nicht verschwiegen werden soll, Namen, die wir uns vielleicht sogar merken müssen:
  • Veronika Bellmann, MdB
  • Wolfgang Bosbach, MdB
  • Klaus Brähmig, MdB
  • Thomas Dörflinger, MdB
  • Mark Hauptmann, MdB
  • Stefan Heck, MdB          
  • Silke Launert, MdB
  • Philipp Lengsfeld, MdB
  • Tim Ostermann, MdB
  • Sylvia Pantel, MdB
  • Johannes Selle, MdB
  • Patrick Sensburg, MdB
  • Christian von Stetten, MdB
  • Erika Steinbach, MdB
  • Barbara Woltmann, MdB
  • Hans-Peter Uhl, MdB
  • Christean Wagner, Staatsminister a.D.
Die Meuterer auf der „Deutschland“ wollen nicht mehr und nicht weniger, dass die Kapitänin ihren Links-Kurs geändert. Ihre Forderungen lauten:
  • Analyse der Ursachen für den Wählerverlust der CDU/CSU
  • Rückkehr zur christlichen Mitte, weg vom Linkskurs der CDU
  • Schutz Deutschlands vor den Djihadisten
  • Rückkehr zur Familienpolitik und weg von der Gender Ideologie
  • Stopp der Über-Regulierung des Arbeitsmarktes, weg von weiteren Steuererhöhungen und Umverteilung
  • In der Flüchtlingspolitik darf die Verantwortung für das Gemeinwohl in unserem Staat nicht auf der Strecke bleiben, Begrenzung der Aufnahme.
Populär ist anders. Schon höre ich die Medien hecheln: Populistisch! Die Welt beschreibt den Vorgang um das Manifest der 17 auf eine Weise, der ein Schlaglicht darauf wirft, wie weit der Merkellismus die Demokratie in Deutschland schon ausgehöhlt hat: "Dass Abgeordnete politische Positionspapiere verfassen, ist eigentlich Alltag im Regierungsviertel. Doch das sechsseitige Manifest, das 15 Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU an diesem Morgen vorstellen, hat Mut erfordert. ... „Jeder, der hier sitzt, weiß, dass bei ihm Karriere-Ende ist, …", sagt Silke Launert, Richterin, Mitglied im Parteivorstand der bayerischen Unionsschwester. ... In der CDU scheint Merkelkritik riskant: „Du hast aber Mut“, höre sie regelmäßig bewundernd nach Fraktionssitzungen, bei denen sie „abweichend von der offiziellen Meinung“ gesprochen habe, von Kollegen, die dort nicht den Mund aufgemacht hätten, erzählt Veronika Bellmann, CDU-Abgeordnete aus Sachsen".
„Karriereende“ von Bundestagsabgeordneten wegen abweichender Meinung von der Ansicht der großen Vorsitzenden und ihrer Ober-Vasallen? Wie wäre es denn mit Verbannung nach Meckpomm? Oder mit Arbeit als Fabrikheizer? Nach dem Grundgesetz sind die Abgeordneten ausschließlich ihrem Gewissen verpflichtet. Aber das Gewissen kann die begehrten Posten und die Politikerexistenz nicht sichern. Abgeordnete können sich nämlich nicht von ihrem Gewissen zur Wiederwahl aufstellen lassen, dazu brauchen sie ihre Fraktion. Und die nutzt ihre Machtposition erfahrungsgemäß weidlich aus. DDR 2.0 und unser neuer Freund Erdogan lassen grüßen.
Umso ehrenwerter ist der Mut des Häufleins aufrechter CDU/CSU Abgeordneter zu bewerten – ich schlage sie für den Stauffenberg-Orden vor. Und umso besorgniserregender ist die geringe Zahl der Meuterer auf der „Deutschland“ für die in hunderten Jahren mühsam errungene deutsche Demokratie zu verstehen.
Meuterei im Maschinenraum der „Deutschland“. Endlich, möchte man rufen. Ja, sie kommen spät. Die Tatsachen sind längst geschaffen. Und ja, es sind nur ein paar. Sie können nicht obsiegen. Ihretwegen wird die „Deutschland“ nicht ihren Kurs ändern und weiterhin mit voller Fahrt aufs Riff zusteuern. Schon sehe ich die gigantischen Brocken dicht unter der Wasser-Oberfläche lauern: Energiewende, Griechenrettung, Flüchtlingspolitik. Und der größte Brocken, an dem sich unter der Oberfläche die Brandung bildet, heißt „Demokratieverlust“.   Manfred Haferburg am 12. 5. 2016

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